Handelspolitik

TTIP-Lobby-Award: Solche Frechheit verdient einen Preis!

Während das CETA-Abkommen mit Kanada kurz vor der Unterzeichnung steht, wird TTIP diskret weiter verhandelt. Einseitiger Konzerneinfluss prägt nach wie vor die Verhandlungen. Wir haben die 6 dreistesten TTIP-Lobbyisten für unseren Negativpreis nominiert, um das zu skandalisieren.
von 15. September 2016

Während das CETA-Abkommen mit Kanada kurz vor der Unterzeichnung steht, wird TTIP diskret weiter verhandelt. Einseitiger Konzerneinfluss prägt nach wie vor die Verhandlungen. Wir haben die 6 dreistesten TTIP-Lobbyisten für unseren Negativpreis nominiert, um das zu skandalisieren.

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Ein europäischer Preis für den Ausverkauf der Demokratie

Zusammen mit unseren europäischen Partnern von Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe und WeMove.EU haben wir sechs Fälle von besonders dreister Lobbyarbeit bei den EU-Institutionen aufgedeckt und nominiert. Es zeigt sich: Nicht nur der Schutz von Umwelt, Verbraucher/-innen und Gesundheit stehen auf dem Spiel, sondern auch die Demokratie.

Hand in Hand mit den Konzernlobbyisten

Die Fälle machen deutlich: Die EU-Kommission, vor allem die federführende Generaldirektion Handel, legt offenbar bereitwillig demokratische Entscheidungskompetenz in die Hände von Lobbyisten. Bei den TTIP-Verhandlungen geht es nicht mehr allein um die Übermacht von Unternehmenslobbyisten, sondern um einen besorgniserregenden Grad enger Zusammenarbeit und geheime Absprachen zwischen EU-Kommission und Konzernen. Das geht so weit, dass die von uns ausgewerteten EU-Verhandlungspositionen teilweise genau mit den Vorschlägen der Lobbyverbände übereinstimmten. Hier nun einige Nominierte in Kurzform:

ACEA: Die Automobil-Lobby reißt das Steuer rum

Gerade vor dem Hintergrund des VW-Skandals ist es erstaunlich, welchen tiefgreifenden Einfluss die Automobilhersteller auf die Agenda der TTIP-Verhandlungen haben. Nicht nur die Fahrzeugtestverfahren wurden zur Diskussion gestellt. Der Lobbyverband der europäischen Automobilindustrie ACEA verfolgte vor allem das Ziel, die Fahrzeugsicherheitsstandards für Autos herunterzusetzen, um Kosten zu sparen. Der Verband pochte aus diesem Grund auf die „gegenseitige Anerkennung“ der Standards auf beiden Seiten des Atlantiks. Denn Amerikanische Bestimmungen zur Fahrzeugsicherheit sind – wie auch eine Studie bewies – oft lascher als in der EU. Was am Ende auf dem Spiel steht, ist nicht etwa die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Automobilhersteller, sondern das Leben der Fahrzeuginsassen.

Giftige Zusammenarbeit: EU-Kommission und die Pestizid-Lobby

Die European Crop Protection Association (ECPA) und CropLife America (CLA), die Unternehmen wie Monsanto, BASF und DuPont vertreten, üben deutlichen Einfluss auf die TTIP-Verhandlungen aus. Beide setzen sich dafür ein, Vorschriften für Pestizide in der EU auf das US-Niveau zu senken. Als die EU-Kommission härtere Vorschriften für gefährliche Umwelthormone (endokrine Disruptoren ED) diskutierte, drohten die Verbände mit dem Scheitern der TTIP-Verhandlungen. Das führte zu einem vorauseilenden Gehorsam der Eu-Kommission: Von härteren Richtlinien wurde abgesehen. Endokrine Disruptoren gelten als besonders gefährlich, da sie durch ihre Wirkungsweise das Hormonsystem verändern und dadurch bei Menschen die Fortpflanzung gefährden, Krebserkrankungen befördern und bei Tieren ganze Populationen bedrohen können.

Die ECPA arbeitet bei den TTIP-Verhandlungen darauf hin, das europäische Vorsorgeprinzip durch einen „wissenschaftlichen und risikobasierten“ Ansatz zu ersetzen. Demnach müssten mögliche Belastungen und Schäden, die Produkte auslösen könnten, zweifelsfrei wissenschaftlich nachgewiesen werden, um eine Regulierung durch politische Organe zu rechtfertigen. Bedenken vorab – die dem europäischen Vorsorgeprinzip zufolge eine große Bedeutung haben – würden nicht mehr ausreichen.

TTIP – Opium für’s Volk?

Wir sind angewiesen auf die Verfügbarkeit von Medikamenten. Der europäische Pharmaindustrieverband (EFPIA) und sein US-amerikanisches Pendant (PhRMA), in Vertretung von Unternehmen wie Pfizer, Novartis und Merck, wissen das. Sie versuchen diese Abhängigkeit bei den TTIP-Verhandlungen auszuspielen.

So streben sie eine Stärkung des Einflusses von Unternehmen auf die Gesundheitspolitik an. Sie machen darüber hinaus Lobbyarbeit für die Verteuerung von lebenswichtigen Medikamenten und die Einschränkung des Zugangs zu Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln. Auch wenn die EU-Kommission der Pharma-Lobby ihr Ohr schenkt, hat sie sich bislang nicht dem Druck gebeugt – nicht zuletzt aufgrund der öffentlichen Kritik an den Forderungen der Pharmalobby.

Weitere Nominierungen

Weitere Nominierte sind: Der Verband der europäischen Chemieindustrie CEFIC, der größte europäische Arbeitgeberverband BusinessEurope und die US-Handelskammer sowie der Europäische Dienstleistungsverband European Services Forum (ESF). In den kommenden Wochen werden wir alle Fälle auch in unserem lobbykritischen Online-Lexikon Lobbypedia vorstellen. Mehr Informationen zu den Fällen sind natürlich auch auf unserer Aktionsseite:

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Mit einer Stimme für den dreistesten Fall geheimer Absprachen zwischen EU-Kommission und Konzernen setzen Sie ein Zeichen gegen die Aushöhlung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit durch aggressive Lobbyarbeit. Helfen Sie uns, die Aufmerksamkeit auf die fragwürdige Nähe zwischen Kommission und Konzernlobbyisten und die fehlende Transparenz bei TTIP zu lenken.

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