Konzernmacht

Forderungspapier: Wie wir Interessenkonflikte bei der EU-Wettbewerbsbehörde verhindern

In einem Forderungspapier zeigen wir auf, wie man gegen die ausgeprägten Interessenkonflikte bei der EU-Wettbewerbsbehörde vorgehen kann.

von 21. Juni 2024

Zuletzt war die EU-Wettbewerbsbehörde immer wieder in der Kritik wegen zu großer Nähe zu den Konzernen, deren Marktmacht sie eigentlich kontrollieren soll. Eine besonders problematische Rolle spielen dabei völlig unbekannte Brüsseler Beratungsfirmen, wie RBB Economics, Charles River Associates oder CompassLexecon, die Konzerne gegenüber der Wettbewerbsbehörde bei Zusammenschlüssen von Unternehmen vertreten. Wie man gegen die problematische Rolle der Beratungsfirmen und die Interessenkonflikte vorgehen kann, zeigen wir in unserem Forderungspapier.

Alfred Gonzalez - CC-BY 2.0
Die Drehtür bei der EU-Wettbewerbsbehörde in Brüssel ist weit offen.
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Die Drehtür bei der EU-Wettbewerbsbehörde in Brüssel ist weit offen.

Massive Interessenkonflikte bei Wettbewerbsbehörde

In mehreren umfangreichen Recherchen zu Interessenkonflikten und Seitenwechseln haben wir offengelegt, dass

  • zahlreiche problematische Seitenwechsel von der EU-Wettbewerbsbehörde in die oben genannten Beratungsfirmen stattfinden und umgekehrt Angestellte aus den Beratungsfirmen in die Wettbebewerbsbehörde wechseln. Das Ganze gleicht einem Personalkarussel, das insgesamt zu viel Nähe schafft zwischen Kontrollbehörde und den Unternehmen, deren Marktmacht kontrolliert werden soll. Es scheint geradezu ein Karrierepfad zu sein, zunächst in der EU-Wettbewerbsbehörde zu arbeiten und im Anschluss in einen lukrativen Beratungsjob zu wechseln.
  • die Nähe der Beratungsfirmen und der Wettbewerbsbehörde dazu führte, dass fragwürdige Aufträge an die Firmen vergeben wurden, die eindeutig zu Interessenkonflikten führten. Die Beratungsfirma RBB Economics sollte interne Verfahren der Wettbewerbsbehörde zu Unternehmenszusammenschlüssen evaluieren, obwohl sie gleichzeitig Unternehmen bei Fusionen gegenüber der Behörde vertritt. Den Auftrag nahm Wettbewerbskommissarin Vestager infolge unserer öffentlichen Kritik zurück.
  • die Beratungsfirmen intransparent arbeiten und sich nicht im EU-Transparenzregister eintragen
  • die Beratungsfirmen zweifelhafte Lobbystrategien bei Unternehmenszusammenschlüssen nutzen. Dazu gehört insbesondere das Zuspammen der Wettbewerbsbehörde mit Studien. Die Wettbewerbsbehörde muss eingereichte Studien von Unternehmen berücksichtigen. Ein wissenschaftlicher Artikel, der von einem Mitglied im Team des Chefökonomen in der Wettbewerbsbehörde mitverfasst wurde, bezeichnet diese neue Lobbystrategie als „spamming the regulator“: Die Behörde werde mit Studien überflutet.
  • die Beratungsfirmen CompassLexecon und Charles River Associates die Flüge von Beamten der EU-Wettbewerbsbehörde zu ihren Konferenzen finanziert haben. Nicht nur autoritäre Staaten wie Katar, auch internationale Beratungsfirmen oder Lobbyorganisationen haben demnach Flüge und Hotel-Übernachtungen für Beamte der EU-Kommission bezahlt. Das verstößt gegen das Regelwerk der EU.

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Forderungspapier zur Beendung der Interessenkonflikte

Jetzt haben wir ein Forderungspapier (non-paper) veröffentlicht, in dem wir konkrete Maßnahmen vorschlagen, die ein Ende der Interessenkonflikte bei der EU-Wettbewerbsbehörde zur Folge haben. Dieses Forderungspapier tragen wir derzeit in die Politik in Brüssel und Berlin, um den Druck auf die Wettbewerbsbehörde zu erhöhen, damit sie mehr Abstand zu den Unternehmen hält, die sie eigentlich kontrollieren soll.

Das Papier enthält drei Kernforderungsbereiche:

  • konkrete Maßnahmen gegen Interessenkonflikte und Seitenwechsel durch Stärkung der Aufsicht darüber.
  • mehr Transparenzanforderungen an Beratungsfirmen, die Konzerne gegenüber der Wettbewerbsbehörde vertreten (diese sind bislang nicht im EU-Transparenzregister).
  • Stärkung der Stimme Zivilgesellschaft in der EU-Wettbewerbspolitik, u.a. durch die Schaffung von zivilgesellschaftlichen Beratergremien.

Das gesamte Papier mit mehr Details gibt es hier. Wir bleiben dran bei dem Thema.

Hinweise gerne an uns. Sie können uns auch anonym kontaktieren.

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