Das Bundeskabinett hat heute eine Regelung für eine Lobby-Fußspur für Gesetze beschlossen. Demnach sollen die Bundesministerien ab Juni 2024 zu jedem Gesetzentwurf darstellen, inwieweit Interessenvertreter:innen wesentlich zum Inhalt des Gesetzentwurfs beigetragen haben.
Die Ampelkoalition setzt damit endlich das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um, mit dem das Lobbyregister sinnvoll ergänzt werden soll. Die neue Transparenzvorschrift bleibt aber in wesentlichen Punkten hinter unseren Erwartungen zurück. Sie lässt den Ministerien viel Spielraum, in welchem Umfang sie künftig Lobbyeinflüsse tatsächlich offenlegen. Damit wird es stark vom politischen Willen abhängen, wie transparent die Gesetzgebung letztlich wird. Mehr konkrete Vorgaben wären besser gewesen, auch um den Erfüllungsaufwand für die zuständigen Ministerialbeamten zu erleichtern.
Ein Beschluss, der Fragen aufwirft
In der vergangenen Wahlperiode hatten Union und SPD bereits über eine Regelung zu einem exekutiven Fußabdruck auf gesetzlicher Grundlage verhandelt. Das Bundesjustizministerium hatte einen durchaus überzeugenden Entwurf erarbeitet. Dieser scheiterte aber letztlich am Widerstand der Union. Die nun von der Ampel beschlossene Regelung sieht keine gesetzliche Grundlage vor, sondern lediglich eine Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien und bleibt auch inhaltlich deutlich hinter dem Entwurf aus der letzten Wahlperiode zurück. So enthält er etwa keine Verpflichtung Gesprächstermine umfassend offenzulegen.
Statt ausgiebig Informationen über schriftliche Eingaben und Gesprächstermine zu einem Gesetz zu dokumentieren und zu veröffentlichen, beschränkt sich die Bundesregierung darauf, nur dann Angaben zu Lobbyeinflüssen zu machen, wenn sie sich tatsächlich auf den Rechtsakt ausgewirkt haben, also gewissermaßen „erfolgreich“ waren.
So ergibt sich aber kein Gesamtbild der Beteiligung und des Einflusses Dritter auf ein Gesetz. Für den Bundestag und die Öffentlichkeit ist es durchaus relevant zu wissen, welche Argumente nicht berücksichtigt wurden und wie ausgewogen Interessengruppen beteiligt waren. Die Bundesregierung sollte ihre Regelung daher zumindest um eine Pflicht zur Veröffentlichung von Lobbyterminen auf Leitungsebene ergänzen, so wie es die EU-Kommission seit Jahren vormacht.
Regierung will Lobbytermine nicht veröffentlichen
Der große Interpretationsspielraum macht die Anwendung der neuen Regeln in den Ministerien nicht unbedingt leichter. Die Beamt:innen müssen permanent abwägen, inwieweit Interessenvertretung sich wesentlich in einem Gesetzentwurf niedergeschlagen hat oder ob dadurch der Inhalt in zentralen Fragen geändert wurde.
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Aus unserer Sicht wäre es konsequenter und für die Ministerien letztlich leichter zu handhaben, Angaben zu allen Lobbyterminen und schriftlichen Eingaben zu machen. Die Beantwortung der Frage, was wesentlich ist oder welche Fragen zentral sind, könnten sie dann dem Bundestag und der Öffentlichkeit überlassen. Auf der anderen Seite bietet der Spielraum auch Chancen: Zumindest prinzipiell lässt die neue Regel zu, dass die Ministerien den Interesseneinfluss tatsächlich umfassend darstellen. Welcher Einflusskanal, eine Stellungnahme, ein persönliches Gespräch oder auch ein Telefonat dabei relevant war, ist unerheblich, solange davon ein wesentlicher Einfluss auf das Gesetz ausging. Wir werden jedenfalls ab Juni 2024 sehr genau hinschauen, welche Ministerien einen hohen Transparenzstandard umsetzen und wer die großen Spielräume der Regelung in gegenteiliger Richtung ausnutzt.
Der vollständige Beschluss zur Änderung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien ist hier zu finden.
Ausführlichere Informationen zur Fußspur, den vielen anderen Neuerungen im Bereich Lobbyregulierung und was noch zu tun ist, finden sie in unserem Lobbyreport, der am 14.03.2024 erscheint.