Wir hatten aufgedeckt, wie RWE Schülerinnen und Schüler für seine Geschäftsinteressen instrumentalisiert. Mit Schulkooperationen, fragwürdigem Unterrichtsmaterial und Schulsponsoring versucht der Energiekonzern, den Schülern Braunkohle als vorteilhaft für die Gesellschaft dazustellen und seinen Ruf zu verbessern. Die Schülerinnen und Schüler, die im Zentrum dieser Aktivitäten stehen, sind für RWE jedoch nur Mittel zum Zweck. Das eigentliche Ziel ist die Politik, denn diese lässt sich einfacher für Konzern-Belange einspannen, wenn das Unternehmen auf Zustimmung in der Bevölkerung und ein positives Image verweist.
Gespannt waren wir auf die Reaktion des zuständigen Schulministeriums. Wie bewertet die verantwortliche Ministerin Sylvia Löhrmann die Schulaktivitäten von RWE? Bislang gibt es drei Reaktionen, die teilweise sehr unterschiedlich ausfallen. Wir haben sie hier zusammengefasst.
Reaktion gegenüber Journalisten: „Unbestreitbar bedenklich“
Ein Artikel in der Tageszeitung „Die Welt“ macht den Eindruck, das Schulministerium sehe die Schulaktivitäten von RWE kritisch. Dort heißt es zum Thema Schulkooperationen: „Diese Kooperationen sind unterschiedlichster Art. Manche wirken kaum bestreitbar nützlich, andere ebenso unbestreitbar bedenklich. Wobei der RWE-Fall von Kontrollorganisationen und Ministerium zur letzteren Kategorie gezählt wird.“
Bericht für den Schulausschuss: Begrüßenswert, aber „unwirksam“
In einem Bericht für den Schulausschuss wird diese vermeintliche Kritik sehr viel vorsichtiger formuliert. Die Piratenfraktion im Landtag NRW hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Im Ministeriumsberichtheißt es, die Kooperationsvereinbarungen hätten „ihren eindeutigen Schwerpunkt in der Berufsorientierung und Berufsvorbereitung“ und würde als solche vom Ministerium „begrüßt“. Die „in der Vereinbarung getätigten Aussagen zur Werbung“ seien jedoch unwirksam. Wobei jedoch völlig offen bleibt, um welche Aussagen es sich dabei handeln soll.
Abschließend teilt das Ministerium mit, es habe die zuständige Bezirksregierung gebeten, „die Schulen darauf hinzuweisen, die Kooperationsvereinbarungen zu überprüfen“ und „den geltenden rechtlichen Regelungen anzupassen“. Die konkrete Prüfung und entsprechende Konsequenzen überlässt das Ministerium also der Bezirksregierung bzw. sogar den Schulen selber.
Antwort an LobbyControl: Es gibt gar kein Problem
Völlig unklar wird die Haltung des Schulministeriums durch einen Brief an LobbyControl. Wir hatten das Ministerium über unsere Kritik an den Schulaktivitäten von RWE informiert, bevor wir diese veröffentlichten. Gleichzeitig hatten wir um einen Gesprächstermin gebeten.
Zu den Kooperationsvereinbarungen findet sich in dem dreiseitigen Schreiben keinerlei Kritik – auch nicht an den im Ausschussbericht bemängelten „Aussagen zur Werbung“. Es heißt lediglich, dass das Ministerium die Vereinbarungen begrüße, da sie „ihren eindeutigen Schwerpunkt in der Berufsorientierung und Berufsvorbereitung“ hätten. Die Verantwortung für jegliche Kontakte mit außerschulischen Partnern (Unternehmen, Stiftungen, Vereine etc.) wird mit Verweis auf den „Grundsatz der selbständigen eigenverantwortlichen Schule“ ausschließlich den Schulen zugewiesen. Und den Lehrkräften, bei denen im Umgang mit externen Unterrichtsmaterialien „Fehlentscheidungen in Einzelfällen“ möglich seien. Diesen gehe das Ministerium „im Zweifel“ nach. Abschließend heißt es dann: „Grundsätzlich setzt das Schulministerium auch in der Zukunft auf die gute Qualifikation und professionelle Berufsausübung unserer Lehrkräfte und hat auch keinen Anlass daran zu zweifeln“.
Für das Ministerium gibt es demnach kein Problem. Weder mit den Schulaktivitäten von RWE, noch mit Lobbyismus und Meinungsmache an Schule allgemein. Schulen und Lehrkräfte sollen selber sehen, wie sie damit klarkommen. Unser Gesprächsangebot wurde nicht angekommen.
Anfrage von LobbyControl soll Klarheit schaffen
Die Bewertung der Schulaktivitäten von RWE hängt im NRW-Schulministerium offenbar davon ab, wer gefragt wird. Um Klarheit zu schaffen, haben wir daher Ende November eine unmissverständliche Anfrage gestellt: Verstoßen die Kooperationsvereinbarungen zwischen RWE und zwei Schulen im Rheinischen Braunkohlerevier gegen das Schulgesetz, oder nicht?
An unserer Kritik halten wir ohne Abstriche fest: Mit seinen Schulaktivitäten instrumentalisiert RWE Schülerinnen und Schüler für seine Geschäftsinteressen. Unter dem Deckmantel der Bildungsförderung will der Konzern seinen Ruf verbessern und Proteste gegen Braunkohle beschwichtigen. Jetzt sind wir gespannt, wie die Stellungnahme der Landesregierung ausfällt. Mit etwas Glück erhalten wir diesmal eine eindeutige Antwort.
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