Die Deutsche Vereinigung für Politische Bildung (DVPB) hat einen Transparenz-Kodex für Unterrichtsmaterialien vorgestellt. Er soll erleichtern, Lobbyeinflüsse in Schulen zu erkennen. In einer Pressemitteilung erklärt die Vereinigung, warum ein solcher Kodex notwendig ist: „Viele Anbieter versuchen zu verschleiern, wer genau das Material beauftragt, produziert und finanziert hat. Deshalb ist es für Lehrende und Lernende häufig nicht oder nur schwer ersichtlich, welche Lobby hinter einem Material steht. Manche Anbieter verstecken sich hinter Vereinen mit wohlklingenden Namen. Diese Intransparenz erschwert es Lehrenden und Lernenden, sich kritisch mit den Absichten der Finanziers und Autoren auseinanderzusetzen.“
Vier Regeln für mehr Transparenz für Unterrichtsmaterialien
Der Kodex besteht aus vier Regeln, die ein Mindestmaß an Transparenz in Schule und Unterricht herstellen sollen:
- In Schule und Unterricht verwendete Materialien Dritter müssen im Impressum nicht nur die Herausgeber angeben, sondern auch die Finanzierungsquellen sowie die Organisationen, die Herstellung und Vertrieb unterstützen.
- Sofern dies aus Platzgründen als nicht praktikabel erscheint, muss das Material einen direkten Link zu einer Webseite mit diesen Informationen enthalten.
- Wird eine Organisation wie z.B. ein Verein, eine Stiftung oder ein Institut als Förderer oder Finanzierer angegeben, sind auch deren Geldgeber explizit, vollständig und leicht auffindbar zu nennen.
- Die Autorinnen und Autoren des Materials sind ebenso zu nennen wie ggf. ihre Zugehörigkeit zu einer Organisation.
Die DVPB fordert die Bildungsministerien der Länder auf, diesen Regeln entsprechende Vorgaben zu erlassen und alle LehrerInnen über den Transparenz-Kodex zu informieren.
Wir unterstützen die Forderung nach mehr Transparenz
Wir begrüßen den Kodex der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung. In unserem 2013 veröffentlichten Diskussionspapier „Lobbyismus an Schulen“ (PDF) hatten wir ebenfalls mehr Finanztransparenz bei Unterrichtsmaterialien gefordert. Dass diese Forderung jetzt in Form eines ausgearbeiteten Transparenz-Kodexes konkretisiert wurde, setzt die Politik weiter unter Druck.
Die Bildungsminister müssen jetzt zeigen, dass sie die zunehmende Einflussnahme von Lobbyisten an Schulen ernst nehmen. Bisher haben die zuständigen Minister versucht, das Problem auf die LehrerInnen abzuwälzen. Als wichtigen ersten Schritt erwarten wir nun von den BildungspolitikerInnen, den Transparenz-Kodex öffentlich zu unterstützen.
Intransparenz ist nicht das einzige Problem
Intransparenz über die Finanzierung und Herkunft ist jedoch nicht die einzige Herausforderung bei der kritischen Beschäftigung mit Unterrichtsmaterialien. Es sollte nicht unterschätzt werden, wie professionell die Manipulation von Inhalten teilweise versteckt wird. Auch ein kritisches Auge kann sie dann nicht immer erkennen. Hinter der Meinungsmache an Schulen steckt häufig viel Geld und Know-how mit dem Ziel, interessengeleitetes Material neutral zu verpacken und so in den Unterricht zu bringen. Wie Unternehmen und Wirtschaftsverbände dabei vorgehen, haben wir uns in einem eigenen Artikel genauer angeschaut.
Mehr Transparenz einzuführen ist daher ein wichtiger Schritt, der durch weitere Schritte ergänzt werden muss. Ein Transparenz-Kodex kann für die Politik nur eine von mehreren Maßnahmen sein, um einen kritischen Umgang mit externen Materialien und Angeboten zu fördern. Besonders bedenkliche Praktiken, wie Werbung oder Kooperationen, die zu Abhängigkeiten und mangelnder Distanz führen können, sollten unterbunden werden. Ein zentrales Einfallstor von Lobbyisten ist zudem die Unterfinanzierung des Bildungssystems. Die Politik muss daher für eine ausreichende Finanzierung der Schulen sorgen.
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