Lobbyismus an Schulen

Türöffner – So wird Lobbyismus an Schulen verschleiert

RWE instrumentalisiert die Schulen für seine Geschäftsinteressen. Damit sich die Schultüren für das Unternehmen öffnen, versteckt es seine Ziele geschickt unter dem Deckmantel der Bildungsförderung. RWE ist jedoch kein Einzelfall. Wir zeigen, welche Türöffner es außerdem gibt und wie sie eingesetzt werden.
von 4. November 2015

Am Montag haben wir aufgedeckt, wie RWE die Schulen für seine Geschäftsinteressen instrumentalisiert. Damit sich die Schultüren für das Unternehmen öffnen, versteckt es seine Ziele geschickt unter dem Deckmantel der Bildungsförderung. RWE ist jedoch kein Einzelfall. Heute zeigen wir, welche Türöffner es außerdem gibt und wie sie eingesetzt werden.

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Um mit ihrer Botschaft in die Schulen vordringen zu können, müssen Lobbyisten mögliche Bedenken zerstreuen und ihre Aktivitäten legitimieren. Sie versuchen zu verschleiern, dass es Ihnen gar nicht so sehr um Bildung geht, sondern vielmehr um Meinungsmache. Dabei sollte nicht unterschätzt werden, mit wie viel Geld und Know-how interessengeleitete Aktivitäten möglichst neutral verpackt werden. Es gibt PR-Agenturen, die sich darauf spezialisiert haben. Auf den ersten Blick sind die Motive, die hinter solchen Angeboten stecken, auch für ein kritisches Auge dann nicht leicht zu erkennen. Die betroffenen LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen sollten die wichtigsten sogenannten Türöffner daher kennen. Nur so können fragwürdige Aktivitäten erkannt und verhindert werden.

Intransparenz als Türöffnern

Am einfachsten lassen sich die Motive hinter Intransparenz verstecken. So kann verschleiert werden, wer hinter den Angeboten steht, um den Weg in den Unterricht zu erleichtern. Beispielsweise wird selbst bei einem Blick ins Impressum nicht deutlich, wer genau hinter dem Unterrichtsmaterial „Hoch im Kurs“ steckt. Dort steht: „Herausgeber: Stiftung Jugend und Bildung in Zusammenarbeit mit dem BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V.“ Das hört sich harmlos an, verschleiert aber, dass der BVI das Material finanziert hat und für die Erstellung einen Dienstleister engagiert hat.

Patenschaften und Kooperationen als Türöffnern

Patenschaften und Kooperationen haben als Türöffner die gleiche Funktion: Sie sollen die Glaubwürdigkeit und die Seriosität des Angebots untermauern. Die Möglichkeiten sind vielfältig: Die NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann hat mit ihrer Schirmherrschaft einen Wettbewerb der Spardabank deutlich aufgewertet. Der Bankenverband steigert die Glaubwürdigkeit seines Portals „Jugend und Wirtschaft“ durch eine Kooperation mit der F.A.Z. Und die Stiftung Lesen steht immer wieder in der Kritik, mit ihrem Logo die Schultür für Unternehmen zu öffnen. Die Stiftung wiederum profitiert von der Schirmherrschaft von Bundespräsident Joachim Gauck.

Scheinkontroversität als Türöffnern

Als Türöffner kann auch die geschickte Verpackung der inhaltlichen Einflussnahme dienen. Eine einseitig positive, werbende Darstellung ist leicht zu erkennen. Schwieriger zu durchschauen ist das gezielte Weglassen bestimmter Inhalte,die nicht zur Unternehmensbotschaft passen. Dabei können starke Gegenargumente verschwiegen werden, oder die Gegenseite wird nur mit Allgemeinplätzen zitiert. Eine auf den ersten Blick kontroverse Darstellung entlarvt sich dann auf den zweiten Blick als tendenziöse Scheinkontroverse. Auf Pro- und Kontra-Auflistungen, die von Akteuren mit eigenen Interessen zusammengestellt wurden, sollte man sich daher nicht verlassen.

Hervorheben von Mängeln als Türöffner

Die Befürworter eines Schulfachs Wirtschaft behaupten gerne auf große Wissenslücken in diesem Bereich. Da Wirtschaft in unserem Leben eine wichtige Rolle spiele, müssten diese Lücken geschlossen werden, so die Argumentation. So kommt der Bankenverband in seiner Jugendstudie 2012 zu dem Ergebnis: „Bei fast jedem zweiten Jugendlichen gibt es größere Defizite im Verständnis von Wirtschaft und Wissen über Wirtschaftsthemen“, um daran wiederholt die Forderung nach einem eigenständigen Schulfach Wirtschaft anzuknüpfen. Dieses bietet aus Sicht der Unternehmen ein Forum, wo eigene Botschaften bevorzugt untergebracht werden können. Die Diskussion um ein eigenständiges Fach Wirtschaft wird seit vielen Jahren kontrovers geführt. Es mangelt jedoch an einer Auseinandersetzung mit den Zielen der Akteure, die dieses Fach fordern, und mit der Art und Weise, wie sie das Fach ausgestalten wollen.

Positive und unverfängliche Themen als Türöffner

Befürworter enger Kontakte zwischen Schulen und Unternehmen sehen in der Wahl unverfänglicher Themen wie Energiesparen, gesunde Ernährung oder Berufsvorbereitung die Chance, grundsätzliche Bedenken abzubauen. So heißt es in einer Anleitung für Unternehmen: „Im Fokus bundesweiter Aktivitäten […] steht zunächst eine bessere Berufswahlorientierung und der Aspekt der Netzwerkbildung. Im Fahrwasser dieser Entwicklung wächst auch die Akzeptanz für Partnerschaftskonzepte zwischen Schulen und Unternehmen.“ (Vollmer 2015, S. 14) Lehrer, Eltern und Schüler sollen sich also an die Präsenz von Unternehmen gewöhnen und diese mit einem positiven Ereignis verbinden. Die Motive, die hinter solchen Angeboten stehen, sollten daher in jedem Fall hinterfragt werden.

Sponsoring als Türöffnern

Die Unterfinanzierung im Bildungssystem ist ein zentrales Einfallstor für Lobbyismus an Schulen. Angesichts knapper Kassen ist Bildungsförderung von Schulen und Politik gerne gesehen. Die finanzielle Förderung kann daher auch als Türöffner für die Interessen von Unternehmen dienen. Beispielsweise spendete ExxonMobil zwei Gymnasien jährlich 10.000 Euro. Ziel des Kooperationsprojektes war u.a. die „Verbesserung der Reputation der Branche“ und eine „Versachlichung der Darstellungen über die Erdöl- und Erdgasproduktion in Schulen“. Solche vermeintlichen Geschenke von Unternehmen zurückzuweisen fällt oft schwer. Schulen, die sich solchen Angeboten widersetzen, drohen ins Hintertreffen zu geraten.

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Verantwortung der Politik

Wenn die genannten Türöffner geschickt eingesetzt werden, sind die manipulativen Absichten auf den ersten Blick auch für ein wachsames Auge nicht einfach zu erkennen. Die Politik muss daher einen kritischen Umgang mit externen Materialien und Angeboten fördern. Angehende Lehrer sollten schon in der Ausbildung über Einflussstrategien im Bildungswesen aufgeklärt werden. So könnten fragwürdige Aktivitäten leichter erkannt und verhindert werden.

Lobbyismus im Schulalltag erkennen und verhindern

  • Genau anschauen, wer hinter einem Angebot steckt.
  • Informationen über die Finanzierung suchen. Bei fehlenden Angaben nachfragen.
  • Klarheit über die Interessen und Ziele des Anbieters verschaffen.
  • Über alternative Angebote informieren.
  • Im Zweifelsfall Kolleginnen und Kollegen um Einschätzung bitten und die Nutzung mit der Schulleitung klären.
  • Manipulative Angebote nutzen, um Lobbyismus an Schulen kritisch zu thematisieren.

Aktionswoche gegen Lobbyismus an Schulen im Überblick

Montag: Aktion: Schulverweis für RWE – Lobbyismus an Schulen stoppen
Dienstag: Imageförderung – Eine besondere Form von Lobbyismus an Schulen
Mittwoch: Türöffner – So wird Lobbyismus an Schulen verschleiert
Donnerstag: Leseförderung – So öffnet sich die Schultür für Amazon
Feitag: Lobbyismus an Schulen – Was tun?!

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