Lobbyismus an Schulen

Unsere Reaktion auf SZ-Artikel zu Lobbyarbeit im Klassenzimmer

Die Süddeutsche Zeitung hat am Donnerstag den 26. Juni in der Beilage zum Thema Lernen erfreulicherweise einen Artikel über „Lobbyarbeit im Klassenzimmer“ veröffentlicht. Leider wird eine Position von mir an einer Stelle missverständlich widergegeben.
von 27. Juni 2014

Die Süddeutsche Zeitung hat am Donnerstag den 26. Juni in der Beilage zum Thema Lernen erfreulicherweise einen Artikel über Lobbyarbeit im Klassenzimmer veröffentlicht. Darin wird über Unternehmen berichtet, die mit Unterrichtsmaterialien versuchen, Einfluss auf den Unterricht zu nehmen. Als Beispiele werden Materialien vom Bundesverband Investment und Assetmanagement und von VW genannt. Beide hatten wir auch schon in unserem Diskussionspapier „Lobbyismus an Schulen“ kritisiert.

In dem Artikel komme auch ich neben dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Eva Matthes von der Universität Augsburg als kritische Stimme zu Wort. Leider wird eine Position von mir an einer Stelle missverständlich widergegeben. Dort heißt es: „Die Pädagogin [Eva Matthes] sieht die Schulen in der Pflicht: ,Hier sollten auch alternative Lebensentwürfe vorgestellt und diskutiert werden, die in den Materialien nicht aufgeführt werden.‘ Ähnlich sieht das die Nichtregierungsorganisation Lobbycontrol in Köln. Allerdings zweifelt Felix Kamella, der für die Organisation das Projekt ,Meinungsmache an Schulen‘ betreut, daran, dass Lehrer dazu in der Lage sind: ,Viele Lehrer haben nicht gelernt, kritisch mit dem Material umzugehen.‘“

Es stimmt, dass Meinungsmache an Schulen in der Lehrerausbildung kaum eine Rolle spielt. Das ist tatsächlich ein Problem. Daraus zu schließen, dass LehrerInnen insgesamt nicht in der Lage sind, Materialien von Unternehmen im Unterricht kritisch zu behandeln, ist jedoch falsch. Ich bin selbstverständlich überzeugt, dass LehrerInnen bei einer entsprechenden Sensibilität für das Thema fähig sind, einen kontroversen Unterricht zu gestalten.

Dennoch haben es auch kritische LehrerInnen bei vielen Materialien schwer: Man sollte nicht unterschätzen, wie professionell die Manipulation von Inhalten teilweise versteckt wird. Sie ist dann auch für ein kritisches Auge nicht immer zu erkennen. Hinter der Meinungsmache an Schulen steckt häufig viel Geld und Know-how mit dem Ziel, interessengeleitetes Material neutral zu verpacken und so in den Unterricht zu bringen.

Eine einseitig positive, werbende Darstellung oder die Platzierung von Markennamen ist vergleichsweise leicht zu durchschauen. Schwieriger zu erkennen ist das gezielte Weglassen einzelner unerwünschter Inhalte. So kann sich eine auf den ersten Blick kontroverse Darstellung auf den zweiten Blick als Scheinkontroversität entpuppen. Dabei können starke Gegenargumente verschwiegen, die Gegenseite eher mit Allgemeinplätzen zitiert oder Pro und Kontra durch einen vermeintlich neutralen Experten ergänzt werden, der dann das Interesse der Herausgeber stützt.

Eine kritische Auseinandersetzung wird zudem strukturell erschwert: Die zunehmend schlechte Finanzierung macht Schulen anfälliger, sich auf externe Angebote einzulassen, um einen attraktiven Schulalttag zu gewährleisten. Zudem ist es keine Seltenheit, dass LehrerInnen in Fächern unterrichten, in denen sie nicht ausgebildet wurden. Auch das macht es nicht einfacher.

Wir sehen daher auch die Politik in der Verantwortung, das Problem nicht allein auf die LehrerInnen abzuwälzen. Sie muss einen kritischen Umgang mit externen Materialien und Angeboten fördern und das Thema gezielt in der Schule und im Schulumfeld zu behandeln. Dabei geht es nicht um simple Verbote. Die Freiheit, die LehrerInnen vor allem im Umgang mit Materialien für den Unterricht haben, ist richtig und wichtig. Als „Gatekeeper“ können sie mit Materialien und Kooperationen kritisch umgehen und sie sogar verhindern. Wir fordern die Politik auf, sie dabei stärker zu unterstützen.

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