Heute Vormittag hat das Plenum des Europäischen Parlamentes mit einer deutlichen Mehrheit den Bericht „Bewertung von EURATOM – 50 Jahre europäische Kernenergiepolitik“ verabschiedet. LobbyControl veröffentlicht dazu ein Hintergrundpapier, das die Aktivitäten der Atomlobby in Brüssel beleuchtet.
Obwohl in 12 der derzeit 27 Mitgliedsstaaten gar keine AKWs betrieben werden und in vier weiteren Atomausstiegsbeschlüsse gelten, hat die Atomenergie in Brüssel einen guten Stand und bekommt durch die aktuelle Klimadebatte neuen Aufwind. Unser Papier zeigt, dass in Brüssel ein kontinuierlich aktives und breit angelegtes Pro-Atom-Netzwerk existiert. Die enormen finanziellen Ressourcen ermöglichen der Atomwirtschaft eine kontinuierliche Lobbyarbeit, die nicht nur auf aktuelle Entwicklungen reagiert, sondern sehr aktiv an einer atomfreundlichen Gesinnung der Entscheidungsträger in Brüssel arbeitet. All-inclusive Ausflugsfahrten zur Besichtigung von Atomanlagen und großzügig angelegte Dinner-Debatten sind Instrumente der politischen Landschaftspflege, die Unternehmenslobbys einsetzten, um für gute Stimmung zu sorgen, Kontakte herzustellen und die gewünschten Informationen zu platzieren.
Sichtbar wird auch, wie die Atomwirtschaft Parlamentsentscheidungen vom Entwurf über den Änderungsantrag bis zur Abstimmung aktiv begleitet und beeinflusst. Auch bei dem heute verabschiedeten Bericht zur Bewertung des EURATOM-Vertrages entdeckte LobbyControl einige Merkwürdigkeiten. So lag unseren Informationen nach der Berichtsentwurf zunächst in französischer Sprache vor, obwohl der als Berichterstatter verantwortliche litauische Abgeordnete Eugenijus Maldeikis kein Französisch spricht. Dies deutet auf eine starke Rolle der zuständigen Sachbearbeiterin Hélène Charpentier hin, die erst im September 2006 aus der mit Atompolitik befassten Abteilung des französischen Wirtschaftsministeriums nach Brüssel gewechselt war. Frankreich spielt mit über 70 % Stromerzeugung aus Atomkraftwerken eine herausgehobene Pro-Atom-Rolle in Europa.
In Brüssel herrscht ein eklatantes Machtungleichgewicht zu Gunsten der Atomwirtschaft. Mangelnde Transparenzregeln machen die Lobbyeinflüsse zusätzlich undurchsichtig und verschärften so das Demokratiedefizit. Verpflichtende Transparenzregeln für Lobbyisten, wie LobbyControl sie im Rahmen der Alliance for Lobby Transparency and Ethics Regulation (ALTER-EU) fordert, sind dringend nötig. Sie beseitigen zwar nicht das Machtungleichgewicht, sind aber ein erster notwendiger Schritt, um Lobbying in der EU transparent und damit der öffentlichen Kontrolle und Kritik zugänglich zu machen.
Das Hintergrundpapier gibt es hier als pdf.
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