Der Bundesrechnungshof kritisiert in seinem Jahresbericht 2006 die Ausgaben des Bundes für die Denkfabrik Bruegel in Brüssel. Bruegel wird von 14 europäischen Regierungen und 20 Großunternehmen, u.a. EADS, Siemens, Deutsche Telekom, und DaimlerChrysler getragen und finanziert.
Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass eine der Institutsgründung vorgelagerte Studie über die Notwendigkeit einer neuen Denkfabrik, zu der Schlussfolgerung kam, dass lediglich ein Koordinationsbüro geschaffen werden müsste, um vorhandene Expertise besser zu vernetzen und den Zugang zu Expertenwissen zu verbessern. Die Denkfabrik geht über diese Aufgaben jedoch weit hinaus und die Zuschüsse des Bundes an Bruegel seien daher „unwirtschaftlich“, so der Bundesrechnungshof.
Er geht noch weiter: Bruegel diene vornehmlich dazu, „einem ehemaligen Regierungsberater eines EU-Mitgliedstaates [Frankreich] eine Institutsleitung zu verschaffen, die es ihm ermöglicht, eigene Forschungsinteressen mit von ihm handverlesenem Forschungspersonal zu betreiben […]“ (S. 131).
Zuletzt beanstandet der Bundesrechnungshof, dass der Deutsche Bundestag nicht alle Informationen über Bruegel bekam, als es um die Festlegung der Zuschüsse an das Institut ging. So wurde dem Bundestag nicht offengelegt, dass politische Nebenvereinbarungen die deutsche Mitgliedschaft in Bruegel bis ins Jahr 2009 fortschreiben, obwohl die Statuten des Instituts die jährliche Aufkündigung der Mitgliedschaft ermöglichen.
Das Bundesfinanzministerium erwiderte zur Kritik des Bundesrechnungshofes, dass die Nebenvereinbarungen dem Bundestag nicht offengelegt werden müssten. Der Beitrag für die Einrichtung sei im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahren für 2004 transparent ausgewiesen worden. Außerdem sei die hohe Zahl der Mitglieder von Bruegel allein schon Beleg für den Bedarf für ein solches Institut.
Allerdings ist das sehr kurz gegriffen: Denn die Zahl der Mitglieder belegt primär, das politische Interesse an Bruegel – das aber nicht mit einer wissenschaftlichen Notwendigkeit einher gehen muss. Zumindest für die Unternehmen dürften der Zugang zu Regierungen und die Einflussmöglichkeiten auf europäische Diskurse ein zentrales Motiv sein – also Lobby-Gesichtspunkte. Wir haben Bruegel deshalb auch in unseren „Lobby Planet Brüssel“ aufgenommen und die problematische Konstruktion der Denkfabrik aus Regierungen und Großunternehmen kritisiert. Auch aus diesem Grund wäre ein Rückzug der deutschen Regierung gut.
Die ausführliche Kritik der Bundesrechnungshofs finden Sie auf den Seiten 130 bis 132 des Jahresberichts:
Bemerkungen 2006 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (pdf, 2MB).
Die Namen „Bruegel“ und Frankreich“ werden in dem Bericht übrigens nicht genannt. Sie können aber mit etwas Hintergrundwissen leicht nachvollzogen werden.
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