Lobbyismus in der EU

Die Parteispendenaffäre in Frankreich – ein Überblick

Unternehmensspenden an Parteien sind in Frankreich untersagt, Privatspenden nur bis 7.500 Euro zulässig. Wenn der Schatzmeister der Regierungspartei UMP 150.000 Euro in Bar annimmt, stellt das einen einen eklatanten Rechtsbruch dar. Die Parteispendenaffäre um Sarkozys Partei beschäftigt das Land nun schon seit Monaten. Deren langjähriger Schatzmeister, Eric Woerth, hat dieses Amt mittlerweile nieder gelegt, fungiert […]
von 23. Juli 2010

Unternehmensspenden an Parteien sind in Frankreich untersagt, Privatspenden nur bis 7.500 Euro zulässig. Wenn der Schatzmeister der Regierungspartei UMP 150.000 Euro in Bar annimmt, stellt das einen einen eklatanten Rechtsbruch dar.

Die Parteispendenaffäre um Sarkozys Partei beschäftigt das Land nun schon seit Monaten. Deren langjähriger Schatzmeister, Eric Woerth, hat dieses Amt mittlerweile nieder gelegt, fungiert aber nichts desto trotz weiter als französischer Arbeitsminister – und steht vor einem polizeilichen Verhör. Das Kabinett billigte einen entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft. Kurioserweise sprach Sarkozy seinem Minister zwar das Vertrauen aus und sah die Gründe für die Anschuldigungen vielmehr in einer „Verlemundungskampagne“ – zum Rücktritt vom Amt des UMP-Schatzmeisters forderte er ihn dennoch auf.

Die spendable Kosmetik-Milliardärin


Was zunächst aussah wie ein Thronfolge-Streit innerhalb der Milliardärsfamilie Bettencourt , hat sich längst zu einer gewaltigen Staatsaffäre ausgewachsen.

Das Familiendrama um die vermeintliche Unzurechnungsfähigkeit der 87-jährigen Hauptanteilseignerin des L’Oréal-Konzerns und mutmaßlich reichsten Frau Europas, Liliane Bettencourt, das im Jahr 2007 seinen Ausgang nahm,  stellt sich nunmehr als ein gewaltiges Problem für Sarkozy und die UMP dar. Die konservative Partei befindet sich mitten in einem handfesten Skandal. Denn der Butler der Familie zeichnete Gespräche Bettencourts mit ihrem Vermögensverwalter und anderen Schlüsselfiguren auf und übergab sie der Polizei.

Aus den aufgenommenen Unterhaltungen ergibt sich der Verdacht, dass Eric Woerth im Wahlkampf 2007 eine Summe von 150.000 Euro von der Witwe Bettencourt erhalten hat. Bislang gibt es keine Anhaltspunkte, dass auf die Spende nach Sarkozys Regierungsübernahme bestimmte politische Gefälligkeiten folgten (Wie etwa im deutschen Mövenpick-Skandal), die Spende selber aber war in ihrem Umfang schon illegal.

Frau Woerth als Vermögensverwalterin – Herr Woerth als Steuerfahnder

Noch größter wird die Verwirrung, wenn man bedenkt, dass die Frau des UMP-Schatzmeiters, Florence Woerth, im Jahr des Wahlkampfes eine hochdotierte Stelle in der Vermögensverwaltung der mittlerweile der Steuerhinterziehung überführten Liliane Bettencourt antrat, während ihr Mann sich ab 2007 als Kämpfer gegen Steuerbetrug zu profilieren suchte – zu seinen vielfältigen Aufgaben gehörte auch die Verwaltung des Regierungshaushaltes. Dieser eindeutige Interessenkonflikt blieb nicht lange verborgen . Nicht unwichtig ist auch das Detail, dass Nicolas Sarkozy selber 24 Jahre lang Bürgermeister von Neuilly-sur-Seine war dem noblen Wohnort der Bettencourts.

Fazit: Transparenz durch findige Bedienstete?

Die striken Parteispenden-Regeln in Frankreich gelten vielen in Deutschland als Vorbild, wie auch die Debatte um Parteisponsoring im Frühjahr 2010 auf unserer Website gezeigt hat. Der aktuelle Skandal zeigt aber auch, dass scharfe Regeln allein das Problem nicht lösen, sondern es mitunter verschieben. Wenn der findige Butler der Bettencourts nicht gewesen wäre, hätte die Öffentlichkeit von dem gesamten Vorgang nichts erfahren Man darf daher wohl von einer erheblichen Dunkelziffer ausgehen. Der Effekt scharfer Parteispenden-Regeln wäre auf folgenden Punkt zu bringen: Man erfährt weniger, was herauskommt ist aber umso strafbarer.

Apropos Florence Woerth: Ein weiterer Umgehungstatbestand, der laut Aussage von französischen NGOs häufig zu beobachten ist: Die Querfinanzierung und Beeinflussung von Politikern durch Vergabe von mutmaßlichen Versorgungsposten (an Verwandte oder Vertraute) oder kostenlose Bereitstellung von Personal durch Unternehmen beispielsweise in Wahlkampfzeiten.

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