Wir sind es gewohnt, dicke Bretter zu bohren und für Erfolge lange zu kämpfen. Umso mehr hat uns die Nachricht überrascht, dass die EU-Kommission den Auftrag zur Überprüfung ihrer Fusionskontrollverfahren vorzeitig beendet hat.
Die Beauftragung zur Evaluierung war an RBB Economics gegangen, einer auf Wettbewerbsrecht spezialisierte Unternehmensberatung. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben an Hunderten der weltweit wichtigsten Wettbewerbsfälle beteiligt und vertritt dabei die Interessen von Großkonzernen wie Google. Wir sehen hier einen klaren Interessenkonflikt.
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Das Problem besteht darin, dass eben diese Beratungsfirma die Verfahren der EU-Kommission bewerten sollte, die direkt Einfluss auf ihre eigenen Klienten haben. Infolgedessen ist es unwahrscheinlich, dass RBB Economics Maßnahmen empfehlen würde, die sich negativ auf ihre eigenen Kunden auswirken könnten. Darüber hinaus würde das Unternehmen durch diese Beauftragung Zugang zu wertvollem Wissen über interne Abläufe und Entscheidungsprozesse der Kommission erhalten.
Erfolgreich Beschwerde eingelegt
Wir hatten Ende April gemeinsam mit unserer Partnerorganisation, Corporate Europe Observatory (CEO) eine Beschwerde bei der EU-Bürgerbeauftragten Emily O'Reilly eingereicht. Ende Juni wurde daraufhin eine Untersuchung des Falles eingeleitet. Die Tatsache, dass die EU-Kommission bereits vor Abschluss dieser Untersuchung reagiert hat, ist ungewöhnlich. Sie verdeutlicht das Ausmaß des Interessenkonflikts bei RBB Economics. Gleichzeitig unterstreicht es die Bedeutung einer aufmerksamen Zivilgesellschaft. Letztlich wurde der Vertrag erst durch unsere Recherchen und die Beschwerde bei der Ombudsfrau gestoppt.
Im Jahr 2021 hat die Kommission eine Bewertung ihrer Fusionskontrollpolitik ausgeschrieben, welche sich insbesondere mit der Frage befassen sollte, wie die Kommission künftige Marktentwicklungen einschätzt. In einer Zeit, in der Marktkonzentration und Monopolmacht von den Regulierungsbehörden zunehmend in Frage gestellt werden, ist dies von entscheidender Bedeutung. Von Anfang an war jedoch offensichtlich, dass eine Beratungsfirma, die normalerweise Großkonzerne mit erheblicher Marktmacht vertritt und Lobbyarbeit für Unternehmen wie Google leistet, für diese Aufgabe denkbar ungeeignet ist.
Regeln müssen schärfer werden
Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit wiederholt Beratungsunternehmen mit ähnlichen Interessenkonflikten beauftragt. Größere Aufmerksamkeit erregte vor einigen Jahren die Entscheidung der Kommission, den Vermögensverwalter BlackRock mit einer Studie zu beauftragen, wie das Bankwesen nachhaltiger gestaltet werden kann.
Der Fall um RBB Economics zeigt erneut, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Europäische Kommission muss sicherstellen, dass es bei öffentlichen Ausschreibungen nicht zu Interessenkonflikten kommt und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Sie sollte daher die laufenden Verhandlungen zur Finanzregulierung nutzen, um die Regeln zu Interessenkonflikten weiter zu verschärfen.
Auch nach diesem unerwarteten Erfolg gilt es für uns, weiter dicke Bretter zu bohren und für eine EU der Bürgerinnen und Bürger und nicht der Konzerne zu kämpfen. Sie können uns dabei mit einer Spende unterstützen.
Hintergrund
- Ausführliche Informationen zu der Recherche und der Aktivitäten von RBB Economics finden Sie auf der Webseite unsere Partnerorganisation CEO.
- Bereits Ende Januar hatten wir über den verdeckten Einfluss von Beratungsfirmen auf EU-Wettbewerbspolitik berichtet.