Lobbyismus in der EU

Europäische Denkfabriken weiter intransparent plus Hinweise

Das Corporate Europe Observatory (CEO) hat Anfang der Woche eine Neuauflage ihres Think Tank-Berichts vorgelegt. Dabei wurden 20 Denkfabriken nach ihren Finanzquellen befragt. Die Umfrage zeigt, dass es seit 2005 trotz der Diskussionen über die Europäische Transparenzinitiative wenig Fortschritte auf Seiten der Denkfabriken gibt. Kleine Fortschritte gab es z.B. bei der marktliberalen Denkfabrik International Policy […]
von 8. Dezember 2006

Das Corporate Europe Observatory (CEO) hat Anfang der Woche eine Neuauflage ihres Think Tank-Berichts vorgelegt. Dabei wurden 20 Denkfabriken nach ihren Finanzquellen befragt. Die Umfrage zeigt, dass es seit 2005 trotz der Diskussionen über die Europäische Transparenzinitiative wenig Fortschritte auf Seiten der Denkfabriken gibt. Kleine Fortschritte gab es z.B. bei der marktliberalen Denkfabrik International Policy Network (IPN), die angaben über 160 Spender zu haben, von denen die meisten Privatpersonen seien. Der Gesamtetat für 2005 sei 1,5 Mio. US$ gewesen. Das würde einer Durchschnittspende von gut 9.000 US$ entsprechen. Ob einzelne Spender oder Unternehmen – und wenn ja welche – möglicherweise deutlich größere Summen zur Verfügung gestellt haben, bleibt verborgen. Ein interessanter Fall ist auch das European Enterprise Institute (EEI), das 2005 angegeben hatte, es würde seine Finanzquellen veröffentlichen – aber bis heute steht das aus. EEI-Präsident ist übrigens Peter Jungen, bis Anfang des Jahres Schatzmeister der Kölner CDU und Kuratoriumsmitglied bei der Stiftung Marktwirtschaft (zumindest früher, die Mitglieder des Kuratoriums werden nicht veröffentlicht). Der CEO-Bericht geht auch intensiv auf die Unterstützung klimaskeptischer Denkfabriken durch ExxonMobile ein (nominiert für den Worst EU Lobby Award). Außerdem wurden erstmals auch 22 Unternehmen angefragt, ihre Unterstützung für Denkfabriken offenzulegen. Aber die Mehrheit reagierte nicht oder weigerte sich. Mehr dazu in der Studie und dem Anhang.

Zur Unterstützung deutscher Denkfabriken durch Unternehmen wie EnBW oder Unternehmerfamilien wie Oppenheim sei auf einen Artikel aus dem Handelsblatt verwiesen: „Think Tanks hoffen auf private Stifter“ (pdf).

Weitere Hinweise aus dieser Woche:

Regierung stoppt bundeseinheitliches Rauchverbot. Damit gewinnt die Tabaklobby wieder Zeit. Andererseits wurden auch in den USA viele Rauchverbote über lokale und regionale Kampagnen durchgesetzt – wieviel die Tabakindustrie letztendlich tatsächlich gewinnt, bleibt abzuwarten. Denn das geplante Rauchverbot auf Bundesebene war ja bereits verwässert worden. Insofern könnten Nichtrauchergruppen auch versuchen, auf Länderebene weitergehende Verbote durchzusetzen. In dem Kontext auch zu empfehlen: „Müll in der Kippe„, ein Interview mit dem Wissenschaftshistoriker Robert Proctor über Polonium und andere Gifte in Zigaretten.

Die Souffleure der Macht – Bertelsmann als informelles Bildungsministerium? Ein Vortrag von Wolfgang Lieb (Nachdenkseiten)

Christiansen war mal wieder schön unausgewogen am Sonntag – zum Thema „Aufschwung für alle?“ mit drei Unternehmern, Herrn Röttgen (CDU und Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände), Herrn Jörges vom Stern und Klaus Ernst von der Linkspartei.

Nochmal Öffentlich-Rechtlich: Die Reformverlierer – wie die Politikmagazine durch die ARD-Programmreform vom Januar verloren haben.

Der SZ-Artikel „Unbedingt abwehrbereit“ über die Nebentätigkeit eines Deutschlandfunk-Redakteurs als Chefredakteur der Bundeswehr-Zeitschrift „Lobyal“ ist leider nur kostenpflichtig zugänglich. Wir kommen auf das Thema nochmal zurück.

Weitere Nachrichten zu Siemens, dem Waffenlobbyisten Schreiber und der Schweizer Justiz etc. in your favourite mass media ;-)

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