Lobbyismus in der EU

Europawahl: Wie stehen die Parteien zu Transparenz und Lobbyregulierung?

Am Wochenende ist Europawahl, und es ist wirklich wichtig, seine Stimme abzugeben. Wir haben zusammengestellt, was die Parteien in den Bereichen Transparenz und Lobbyregulierung fordern und wie sie sich in der zurückliegenden Wahlperiode dafür engagiert haben.

von 5. Juni 2024
EU-Parlament
LobbyControl - CC-BY-NC-ND 4.0
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EU-Parlament

Wie halten es die zur Europawahl stehenden Parteien mit Transparenz- und Ethikregeln? Wie wichtig ist ihnen Lobbytransparenz? Wer wird in diesem Bereich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in der kommenden Wahlperiode eine treibende Kraft sein? Das wollen wir Ihnen mit diesem Überblick vor Augen führen. Um gut vergleichen zu können, haben wir uns vier verschiedene Aspekte angesehen:

  1. Was fordern die Parteien zu unseren Themen in ihren Wahlprogrammen? Auch wenn Wahlprogramme natürlich häufig Schall und Rauch sind, lässt sich doch ablesen, welche Priorität ein bestimmtes Thema genießt.
  2. Wie haben diejenigen, die im Parlament saßen, bei wichtigen Abstimmungen zu Transparenz und Lobbyregulierung gestimmt? Wir haben dabei auf die folgenden Abstimmungen geschaut: Karenzzeit für Abgeordnete, strengere Anforderungen des Verhaltenskodex nach dem Katargate-Korruptionsskandal, sowie die Einrichtung eines Ethikgremiums für alle drei Institutionen. Ein Dank geht hier an die gute Dokumententation des Abstimmungsverhaltens der Organisation Abgeordnetenwatch.
  3. Wie haben die Parteien sich in dieser Wahlperiode insgesamt zu den Lobbythemen verhalten? Auch das Abstimmungsverhalten ist nur bedingt aussagekräftig. Eine Partei kann geschlossen für einen Entwurf stimmen, davor im Ausschuss aber dafür gesorgt haben, dass er so schwach wie möglich ist. Auch kann eine Partei verhindert haben, dass wichtige Gesetzesentwürfe überhaupt zur Abstimmung kommen. Deshalb zeichnen wir das Gesamtverhalten der Partei nach, so wie wir es in den Bereichen wahrgenommen haben, die wir genau beobachten.
  4. Wir haben Fragebögen mit unseren wichtigsten Forderungen an die Spitzenkandidat:innen in Deutschland geschickt und werten ihre Antworten hier ganz kurz aus.
LobbyControl/Pachali - CC-BY-NC-ND 4.0
Die wichtigsten Parteien (Gruppen im Europaparlament) im schnellen Wahl-Check
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Die wichtigsten Parteien (Gruppen im Europaparlament) im schnellen Wahl-Check

Fazit: Grüne, Linke und SPD haben gut gearbeitet. CDU/CSU sind destruktiv und setzen auf Minimalkonsens. Die FDP ist ein Wackelkandidat, aber letztlich hat sie oft doch für die Regeln abgestimmt. Die AfD betreibt reine Blockade. Volt, die Piraten, die Tierschutzpartei und die ÖDP schreiben sich Lobbyregulierungen auf die Fahne, Die Partei bleibt zynisch und äußert sich kaum.

Beginnen wir bei der größten Fraktion und arbeiten uns langsam zu den kleineren und kleinsten vor:

EVP

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Die Europäische Volkspartei ist die Gruppe der christlich-konservativen Parteien in Europa, auf Englisch nennt sie sich EPP. Mitglieder aus Deutschland sind hier CDU und CSU.

Wahlprogramm:
Im gemeinsamen Wahlprogramm der CDU/CSU findet sich keine Aussage zu den Themen Lobbytransparenz oder Ethikregeln.

Abstimmungen:

  • Im Präsidium des Parlaments hat die CDU/CSU für eine sechsmonatige Karenzzeit für Abgeordnete gestimmt.
  • Im Plenum hat sie bei der Schlussabstimmung zu den schärferen Verhaltensregeln ja gesagt.
  • Das Ethikgremium hat sie abgelehnt.

Umgang mit Lobbythemen:

Das Abstimmungsverhalten der Unionsabgeordneten sieht verhältnismäßig positiv aus. Daher ist es wichtig zu wissen, dass die CDU/CSU seit Beginn der Debatten darüber, was aus dem Katargate -Korruptionsskandal zu folgen hat, alles getan hat, um strengere Regeln zu verwässern und auszubremsen. Damit ist sie auch der Parlamentspräsidentin, Roberta Metsola, in den Rücken gefallen, die sich glaubwürdig für scharfe Konsequenzen starkgemacht hat. Dabei hat es die Abgeordneten der CDU/CSU offenbar nicht interessiert, dass Roberta Metsola der eigenen Fraktion angehört.

Ein erstes Beispiel für dieses Vorgehen ist die Einführung von Karenzzeiten für Abgeordnete. Ja, Karenzzeiten für Abgeordnete waren ein Novum und es ist deshalb gut, dass die CDU/CSU diesen zugestimmt hat. Zugleich haben CDU/CSU aber auch die ursprünglich von Metsola vorgeschlagenen zwei Jahre im Präsidium auf sechs Monate begrenzt. Das ist viel zu kurz für eine Karenzzeit und wird daher sein Ziel verfehlen.

Bei der Verschärfung der Lobbyregeln hat der Vorsitzende der zuständigen Arbeitsgruppe, Rainer Wieland, viel Energie darauf verwendet, einen nur möglichst schwachen Minimalkonsens zuzulassen. Das war der Schwere des Skandals unangemessen.

Im Ausschuss haben CDU und CSU dann gemeinsam mit den beiden rechten Fraktionen ECR und ID gegen die Regeln gestimmt, also gemeinsam auch mit der AfD. Die Fraktionen, in denen SPD, Linke, Grüne und FDP sitzen, hatten hier nochmal wichtige Änderungsanträge eingebracht, um die Regeln an wichtigen Punkten zu verschärfen. Im Einzelnen haben wir das kurz vor der Abstimmung dokumentiert. Das Abstimmungsverhalten im Ausschuss lässt sich auch auf der Seite des Europäischen Parlaments überprüfen.

Während CDU/CSU also möglichst wenig Konsequenzen für die Abgeordneten aus dem Katargate-Skandal ziehen wollten, nutzten sie ihn, um ordentlich gegen Nichtregierungsorganisationen auszuteilen. Die Organisation „Fight Impunity“, die bei Katargate die Gelder an Abgeordnete verteilte, hatte in der Tat den Status einer NGO. Daraus zu folgern, dass NGOs generell intransparent seien, wie CDU/CSU es taten, ist schlicht falsch. Das zentrale Problem ist, dass Lobbyist:innen in Brüssel ein- und ausgehen können, ohne sich an die Regeln zu halten. Das betrifft nicht nur NGOs, die Lobbyismus betreiben, sondern auch Unternehmenslobbyist:innen und auch solche im Auftrag von anderen Regierungen. Bereits heute müssen sie im Transparenzregister Rechenschaft darüber ablegen, woher ihre Gelder kommen und Spenden ab einer Höhe von 10 Prozent ihres Gesamtbudgets offenlegen.

Das gemeinsame Ethikgremium haben CDU/CSU abgelehnt. Die Begründung, dass es politisch missbraucht und der Rechtsstaat ausgehöhlt werden könne, ist hanebüchen. Das Gremium darf nur Regeln anwenden, die sich die Abgeordneten selbst gegeben haben. Für die Durchsetzung braucht es häufig sowieso wieder die Zustimmung des Parlaments. Die CDU/CSU wollte schlicht nicht, dass eine neutrale Behörde die Regeln konsequent durchsetzt. Mit dem Kompromiss, der am Ende geschlossen wurde, hat sie in dieser Richtung wohl ohnehin nicht viel zu befürchten.

Fragebogen:

Die CDU/CSU hat unsere Fragen an die Spitzenkandidat:innen nicht beantwortet.


S&D

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Der Fraktion der progressiven Allianz der Sozialdemokraten im EU-Parlament gehört die SPD an.

Wahlprogramm:

Das Wahlprogramm der SPD ist gut, bleibt aber hinter denen anderer Parteien zurück. Sie thematisiert einen Aspekt der Lobbyregulierung, den auch wir derzeit besonders in den Vordergrund stellen: Eine Ethikbehörde, die nicht nur Standards setzt, sondern auch deren Einhaltung kontrolliert. Daran werden wir sie in der kommenden Wahlperiode auf alle Fälle erinnern.

Abstimmungen:

  • Bei den Karenzzeiten wollte die SPD deutlich mehr als sechs Monate Abkühlphase. EVP (Union) und Renew (FDP) haben sich aber hier mit knapper Mehrheit durchgesetzt.
  • Den Verhaltensregeln hat die SPD zugestimmt
  • Dem Ethikgremium hat die SPD zugestimmt.

Umgang mit Lobbythemen:

Die SPD hat sich glaubwürdig für echte Reformen nach dem Katargate-Korruptionsskandal eingesetzt. Bei den Karenzzeiten hat auch sie bis zu 24 Monate gefordert. Die Änderungen der Verhaltensregeln hat die SPD-Abgeordnete Gabi Bischoff mit großer Sachkenntnis und viel Engagement als Berichterstatterin durch das Parlament geleitet. Ohne ihre Mischung aus Pragmatismus, Kompromissfähigkeit und Durchsetzungsfähigkeit wären die Reformen möglicherweise auf der Strecke geblieben.

Fragebogen:

Die SPD hat uns unseren Fragebogen als eine der wenigen Parteien sehr sorgfältig und ausführlich beantwortet und stellt für die nächste Wahlperiode z.B. einen neuen Anlauf für die strengere Regulierung von bezahlten Nebentätigkeiten in Aussicht. Auch will sich die Spitzenkandidatin Katharina Barley dafür einsetzen, dass Treffen mit allen Beamtinnen und Beamten der EU-Institutionen an eine vorherige Registrierung gebunden sein müssen. Hier werden wir wieder auf die SPD zukommen und sie an dieses Versprechen erinnern.


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Renew

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Das ist die Gruppe der Liberalen im Parlament. Mitglied aus Deutschland ist die FDP.

Wahlprogramm: Im Wahlprogramm der FDP finden sich keine Forderungen zu Lobbyismus und Lobbytransparenz.

Abstimmungen:

  • Im Präsidium des Parlaments hat Renew für eine sechsmonatige Karenzzeit für Abgeordnete gestimmt. Gemeinsam mit der EVP und ECR hat sie damit Grüne, Linke und SPD überstimmt, die eine deutlich längere Karenzzeit forderten.
  • Im Plenum hat sie bei der Schlussabstimmung zu den schärferen Verhaltensregeln ja gesagt.
  • Dem Ethikgremium hat sie zugestimmt.

Umgang mit Lobbythemen:

Das Verhalten von Renew bei den Lobbyregeln lässt sich nur als gemischt bezeichnen – es kommt ein wenig darauf an, welche Abgeordneten federführend sind. Die deutsche FDP neigte in der Regel eher dazu, wie die CDU/CSU abzustimmen. Oft galt sie bei wichtigen Abstimmungen als Wackelkandidat, während andere liberale Abgeordnete im EU-Parlament auch offen für Ethik-Reformen waren. Beim Ethikgremium aber zum Beispiel hat Renew geschlossen ja gesagt.

Fragebogen:

Unseren Fragebogen hat die FDP leider nicht beantwortet.


Greens/EFA

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Die Grünen/Europäische Freie Allianz: Mitglieder im Europäischen Parlament sind Die Grünen.

Wahlprogramm:

Die Grünen befassen sich in ihrem Wahlprogramm mit dem Thema Transparenz und Ethik so intensiv wie nur wenige andere Parteien. Sie sind mit ihren Forderungen auf der Höhe der Zeit. Unter anderem fordern sie die Kontrolle durch eine unabhängige Ethikbehörde, eine Verbesserung der Karenzzeiten und eine Offenlegung der Vermögen von Abgeordneten nicht nur gegenüber der Verwaltung. Sie setzen sich auch für mehr Transparenz im Rat, dem intransparentesten EU-Gremium ein. Damit würde eine wichtige Voraussetzung für eine demokratischere EU geschaffen.

Abstimmungen:

  • Bei den Karenzzeiten wollten die Grünen deutlich mehr als sechs Monate Abkühlphase. EVP und Renew haben sich aber hier mit knapper Mehrheit durchgesetzt.
  • Der Verschärfung der Verhaltensregeln haben die Grünen zugestimmt.
  • Auch dem Ethikgremium haben die Grünen zugestimmt.

Umgang mit Lobbythemen:

Die Grünen haben sich im Parlament für Lobbythemen starkgemacht. Bei den Karenzzeiten wollten sie gemeinsam mit SPD und Linken eine Abkühlphase von bis zu 24 Monaten erreichen, wurden aber von EVP und Renew überstimmt. Bei der Verschärfung der Verhaltensregeln für Abgeordnete gehörten sie zu den treibenden Kräften für eine Verbesserung der Regeln. Nachdem mit der CDU/CSU in der Arbeitsgruppe für die Regeln nur ein Minimalkonsens zu erreichen war, haben die Grünen bei den Abstimmungen gemeinsam mit der SPD und der Linken nochmal wichtige Änderungen eingebracht, z.B. dass Abgeordnete eine Vermögenserklärung zu Anfang und Ende der Wahlperiode bei der Parlamentsverwaltung vorlegen müssen.

Das Ethikgremium wurde vom grünen Abgeordneten Daniel Freund als Berichterstatter im Parlament koordiniert und mit den anderen Institutionen abgestimmt. Der erste Vorschlag, den er 2021 durchs Parlament brachte, war hervorragend. Leider hat vor allem die EU-Kommission das Gremium im Lauf der Debatte zwischen den Institutionen extrem entkernt, sodass am Ende ein zahnloser „Ehtics Body“ übrig blieb. Hier stehen die Günen vor einem für sie recht typischen Dilemma: Hätten Sie dem Gremium am Ende nicht zustimmen sollen, weil es bei Weitem nicht mehr den ursprünglichen Erwartungen entspricht? Dann könnte man in dieser Wahlperiode von vorn beginnen und hätte kein zahnloses Gremium im Weg, auf dem sich die EU-Politiker:innen für Jahre ausruhen können. Angesichts der drohenden Zunahme rechtspopulistischer Abgeordneter im Parlament und einer breiten Ablehnung des Gremiums durch viele Konservative, könnte man dann allerdings auch für Jahre mit leeren Händen dastehen.

Fragebogen: Auf unsere Fragen haben die Grünen leider nicht geantwortet.


ID

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Identität und Demokratie ist die Gruppe der rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien. Mitglieder aus Deutschland waren bis vor Kurzem die Abgeordneten der AfD. Ende Mai wurden sie von der Fraktion aufgrund der Äußerungen Krahs und der Korruptionsvorwürfe gegen ihn in Verbindung mit Russland und China ausgeschlossen.

Wahlprogramm:

Die AfD verbreitet in ihrem Wahlprogramm etliche Behauptungen über die EU, die nicht nachvollziehbar sind. So ist z.B. von einem aufgeblähten Verwaltungsapparat die Rede. Zwar klingen die 32.000 Beamte, die bei der EU-Kommission arbeiten, erstmal nach viel. In Wahrheit ist die Kommission aber personell viel schlechter ausgestattet als die Bundesregierung, die für einen kleineren Aufgabenbereich ein Vielfaches der Beamt:innen aufweisen kann.

Die AfD hat sich in ihrem Wahlprogramm mit den Themen Transparenz und Lobbyismus auseinandergesetzt. Allerdings bleibt sie auch hier plakativ und unpräzise. Zum Beispiel seien „sämtliche Privilegien für Lobbyisten (…) abzuschaffen“. Was genau gemeint ist, bleibt unklar.

Abstimmungen:

  • Karenzzeit: Kein/e Abgeordneten der ID sitzen im Präsidium
  • Im Plenum hat die AfD gegen die Verschärfung der Lobbyregeln gestimmt.
  • Das Ethikgremium hat sie abgelehnt.

Umgang mit Lobbythemen:

An der Arbeit für schärfere Lobbyregeln hat sich die AfD nicht beteiligt und glänzte in der Regel durch Abwesenheit. Im Ausschuss hat sie dann gemeinsam mit der EVP gegen die Vorschläge wie Vermögenstransparenz oder die Pflicht zur Veröffentlichung aller Lobbytreffen gestimmt. Auch im Plenum hat sie gegen die Verschärfung der Verhaltensregeln gestimmt. Daher ist es auch nicht ernst zu nehmen, wenn sie in ihrem Wahlprogramm erklärt, die „nach unzähligen Skandalen getroffenen Maßnahmen zur Regulierung des Lobbyismus sind nur unzureichend und weitgehend wirkungslos“ und ein verpflichtendes Lobbyregister fordert, „in dem jeglicher Kontakt mit Lobbyisten zeitnah und lückenlos veröffentlicht wird.“ Auch die Pflicht, dass Abgeordnete jedes Treffen mit Lobbyist:innen veröffentlichen müssen, hat die AfD abgelehnt.

Fragebogen: Da die AfD sich nicht mehr im Spektrum demokratischer Parteien bewegt, haben wir ihr den Brief nicht geschickt.


LobbyControl/Holger Müller - CC-BY-NC-ND 4.0

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ECR

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Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer vereinigt ebenfalls europäische rechtskonservative bis rechtspopulistische Parteien, wie z.B. die polnische PiS-Partei. Die Fraktion war ursprünglich von der britischen konservativen Partei gegründet worden, die sich von der EVP abspaltete, um ihren Euroskeptizismus zu unterstreichen. Mitglied aus Deutschland ist Lars Patrick Berg von Bündnis Deutschland.

Wahlprogramm:

Auch das Bündnis Deutschland widmet sich im Kapitel „Ein Europa der Transparenz“ besonders ausführlich den Nichtregierungsorganisationen. Es schürt Vorbehalte gegen diese, wie dass sie zu erheblichen Anteilen aus Steuergeldern finanziert würden und dass „ein undurchsichtiges Geflecht aus Abhängigkeiten“ entstanden sei. Deshalb sollen NGOs verpflichtet werden, ihre gesamten Finanzquellen „jährlich zu deklarieren“. Für ECR scheint die größte und problematischste Einflussnahme auf die Politik eindeutig durch Nichtregierungsorganisationen zu geschehen.

Abstimmungsverhalten:

  • ECR hat sich gemeinsam mit EVP und ID für eine nur sechsmonatige Karenzzeit eingesetzt
  • Lars Patrick Berg hat gegen die Verschärfung der Lobbyregeln gestimmt
  • Ebenso hat er gegen das Ethik-Gremium gestimmt.

The Left

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Die Fraktion The Left (GUE/NGL) vereinigt europäische linke Parteien. Mitglied aus Deutschland ist die Linke.

Wahlprogramm:

Das Wahlprogramm der Linken enthält viele gute Forderungen zum Bereich Lobbyregulierung. Bei einigen Forderungen scheinen sie zwar die aktuellen Entwicklungen etwas aus den Augen verloren zu haben. Aber es ist sehr zu begrüßen, dass sie sich beispielsweise für bessere Regelungen bei der Abgeordnetenbestechung oder für die Begrenzung von Unternehmensspenden an Parteien einsetzen wollen.

Abstimmungen:

  • Bei den Karenzzeiten wollte die Linke gemeinsam mit Sozialdemokraten und Grünen deutlich mehr als sechs Monate Abkühlphase. EVP und Renew haben sich aber hier mit knapper Mehrheit durchgesetzt.
  • Den Verhaltensregeln hat die Linke zugestimmt
  • Dem Ethikgremium hat die Linke zugestimmt.

Umgang mit Lobbythemen:

Die Linke im Europäischen Parlament setzt sich sehr glaubwürdig für die Themen Transparenz und Ethik ein. Mit Manon Aubry und Martin Schirdewan, den beiden Fraktionsvorsitzenden, aber auch mit Leila Chaibi setzen sich gleich mehrere Politiker:innen der Linken im EU-Parlament auch öffentlich immer wieder für bessere Lobbyregeln ein. Manon Aubry hat kürzlich alle französischen Kandidat:innen aufgefordert, auf Nebentätigkeiten mit Interessenkonflikten zu verzichten. Gemeinsam mit SPD und Grünen hat die Linke viele Änderungsanträge eingebracht, um die Verhaltensregeln für Abgeordnete noch zu verbessern.

Fragebogen:

Die Linke hat leider nicht auf unseren Fragebogen geantwortet.


Die Partei

Die Partei konnte zwei Abgeordnete ins EU-Parlament schicken, von denen sich Nico Semsrott der Fraktion der Grünen angeschlossen hat. Vertreter von Kleinstparteien schließen sich häufig einer der bestehenden Fraktionen im Parlament an, weil sie dadurch mehr parlamentarische Rechte haben und letztlich auch oft mehr politische Inhalte durchsetzen können. Der andere Abgeordnete, Martin Sonneborn, saß fraktionslos im EU-Parlament. Nur er tritt wieder zur Wahl an.

Wahlprogramm:

Zu Transparenz und Ethik äußert sich die Partei in ihrem eher satirischen Wahlprogramm nicht.

Abstimmungen von Sonneborn (Semsrott: vgl. die Grünen)

  • Keine Abstimmungsmöglichkeit zur Karenzzeit, da kein Sitz im Präsidium
  • Ja zu den schärferen Verhaltensregeln
  • Ja zum Ethikgremium

Umgang mit Lobbythemen:

Lobbyregulierungsthemen sind nicht sein Fachgebiet, daher können wir hier keine Aussage treffen. Insgesamt geht Martin Sonneborn sein Amt im Europäischen Parlament eher satirisch bis zynisch an.

Fragebogen:

Unseren Fragebogen hat die Partei nicht beantwortet.


Freie Wähler

Es gab zunächst zwei, später nur noch eine Vertreterin der Freien Wähler im EU-Parlament, beide haben sich Renew angeschlossen.

Abstimmungsverhalten:

vgl. Renew

Wahlprogramm:

Die Freien Wähler möchten das EU-Transparenzregister überarbeiten. Ein Ziel, das auch LobbyControl für die nächste Wahlperiode anstrebt.

Umgang mit Lobbythemen:

Da das nicht Thema der bisherigen FW-Abgeordneten Ulrike Müller war, können wir hier keine Aussage treffen.

Fragebogen:

Unseren Fragebogen haben die Freien Wähler leider nicht beantwortet.


Partei Mensch Umwelt Tierschutz

Die Tierschutzpartei zog 2019 mit einem Abgeordneten ins EU-Parlament ein und schloss sich den Grünen im EP an. 2020 trat dieser Abgeordnete zurück, nachdem seine NPD-Mitgliedschaft in den 1990er-Jahren bekannt geworden und er von der Tierschutzpartei deshalb zum Rücktritt aufgefordert worden war.

Wahlprogramm:

In ihrem Wahlprogramm setzt sich die Tierschutzpartei sehr ausführlich mit den Themen Transparenz und Demokratie auseinander. Sie fordert unter anderem, das Transparenzregister verbindlicher zu gestalten und NGOs zu mindestens 50 Prozent an Diskussionsprozessen um Gesetze zu beteiligen.

Abstimmungen:

keine Aussage möglich

Umgang mit Lobbythemen:

keine Aussage möglich

Fragebogen:

Unsere Fragen an die Spitzenkandidat:innen hat die Tierschutzpartei leider nicht beantwortet.


ÖDP

Die ökologisch-demokratische Partei ist 2019 mit einer Vertreterin in das EU-Parlament eingezogen. Manuela Ripa hat sich der Fraktion der Grünen angeschlossen.

Wahlprogramm:

Das Wahlprogramm der ÖDP enthält zwar keine direkten Aussagen zur Lobbyregulierung, aber viele Forderungen für eine Demokratisierung der EU-Institutionen und ein umfassendes europäisches Recht auf Informationsfreiheit.

Abstimmungen:

vgl. Grüne

Umgang mit Lobbythemen:

vgl. Grüne

Fragebogen:

Die Abgeordnete Manuela Ripa hat auf unsere Fragen an die Spitzenkandidat:innen geantwortet


Volt

Als einzige Partei in Europa stellt Volt eine transnationale Liste mit Kandidierenden aus 20 europäischen Ländern auf. Zwei Abgeordnete sitzen derzeit im Europäischen Parlament. Die eine bei Renew, der andere, Damian Boeselager aus Deutschland, bei der grünen Fraktion.

Wahlprogramm:

Auch Volt beschäftigt sich ausführlich und gut informiert mit Korruptions- und Lobbyregeln: Beispielsweise fordert die Partei ein ehrgeizigeres Ethikgremium, um Integritätsverletzungen zu untersuchen. Gleichzeitig will sie die Antibetrugsbehörde stärken und die Karenzzeit für Abgeordnete auf ein Jahr anheben.

Abstimmung:

  • Karenzzeiten: vgl. Grüne
  • Verhaltensregeln: Den Verhaltensregeln hat Damian Boeselager zugestimmt.
  • Ethik-Gremium: Dem unabhängigen Ethik-Gremium hat Boeselager zugestimmt.

Umgang mit Lobbythemen:

Damian Boeselager saß für die Grünen in der Arbeitsgruppe für die Reform der Verhaltensregeln und hat dort aktiv mitgearbeitet. Er hat die Änderungsanträge für den Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO), mit denen strengere Regeln erreicht werden sollten, gemeinsam mit dem Grünen Daniel Freund verfasst.

Fragebogen:

Unsere Fragen an die Spitzenkandidaten hat Volt nicht beantwortet.


Piraten

Die Piraten sind mit einem Sitz ins Europaparlament eingezogen. Patrick Breyer hat sich dort der Fraktion der Grünen angeschlossen.

Wahlprogramm:

Auch die Piraten befassen sich ausführlich mit Transparenz- und Ethikregeln. Sie fordern ein verpflichtendes Transparenzregister, die Offenlegung aller Treffen und Eingaben, schärfere Transparenz- und Ethikregeln sowie unabhängige Kontrollmechanismen.

Abstimmungen:

  • Karenzzeiten: vgl. Grüne
  • Verhaltensregeln: Den Verhaltensregeln hat Patrick Breyer zugestimmt.
  • Ethik-Gremium: Dem unabhängigen Ethik-Gremium hat Patrick Breyer zugestimmt.

Umgang mit Lobbythemen:

Vgl. Grüne


BSW

Das Bündnis Sarah Wagenknecht kandidiert erstmals für das Europäische Parlament.

Wahlprogramm:

Das Programm enthält eine kurze Formulierung zu Transparenz- und Lobbyfragen. Diese ist aber sehr allgemein formuliert und liest sich, als würden Forderungen gestellt, die auf EU-Ebene bereits erfüllt sind.

Abstimmungsverhalten:

Da das BSW noch nicht im Parlament ist, ist keine Aussage möglich.

Umgang mit Lobbythemen:

Da das BSW noch nicht im Parlament ist, ist keine Aussage möglich.

Fragebogen:

Unsere Fragen an die Spitzenkandidaten hat das BSW nicht beantwortet.

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