Lobbyismus in der EU

Finanzlobby: Kritik an Obamas Gesetz / Vorstöße in Berlin und Brüssel

„In den USA ist die größte Finanzmarktreform seit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren beschlossen worden“, schreibt die taz. Klingt groß, heißt wenig: die US-Finanz-Gesetzgebung ist seit Ende der 1960er Jahre eine Geschichte der De-Regulierung. Selbst diesmal konnte die Finanzlobby wichtige Regeln abschwächen – wie die taz an anderer Stelle kritisch berichtet. Die US-Reform wird […]
von 21. Juli 2010
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Die Wall Street in New York ist stellenweise eine Einbahnstraße. Bild: Sparkx 11, Lizenz: Public Domain.

„In den USA ist die größte Finanzmarktreform seit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren beschlossen worden“, schreibt die taz. Klingt groß, heißt wenig: die US-Finanz-Gesetzgebung ist seit Ende der 1960er Jahre eine Geschichte der De-Regulierung. Selbst diesmal konnte die Finanzlobby wichtige Regeln abschwächen – wie die taz an anderer Stelle kritisch berichtet.

Die US-Reform wird häufig als Erfolg der Politik bewertet – aber selbst angesichts der dramatischen Krise konnte die Finanzbranche durch massive Lobbyarbeit das “Dodd-Frank Financial Reform Bill” an wichtigen Stellen verwässern. So gibt es zahlreiche kritische Einschätzungen. William Isaacs bewertet im Wall Street Journal (siehe Statements unten auf der wsj-Seite) die Reform wie folgt:

„Dieses Gesetz hätte die letzte Krise nicht verhindert und es wird auch die nächste nicht verhindern. Und die nächste könnte noch ernster werden. Sie haben das Finanzministerium formal zum Manager der nächsten Krise gesalbt. Und wenn euch gefallen hat, was sie beim letzten Mal getan haben, dann werden ihr lieben, was sie nächstes Mal machen. Sie haben weder das Personal noch  die politische Unabhängigkeit, um die Krise angemessen zu händeln.“


William Isaac ist ein ehemaliger Chef des Einlagensicherungsfonds des US-Kongress (FDIC).

James Kwak schreibt in The baseline scenario:

„Das zu Grunde liegende Problem ist, dass das Gesetz nichts dafür tut, um das zentrale Kräfteverhältnis zwischen Wall Street und Washington zu verändern, das zum Teil auf der Tatsache begründet ist, dass es viel besser ist ein Banker zu sein als ein Regulierer, und dass der einzige Grund, eine Regulierer zu werden (wenn man an freie Marktanreize glaubt) darin liegt, dass Du später Banker werden kannst.“

Der Korrespondet der Wirtschaftswoche äußert sich ebenfalls kritisch aus New York:

„Angesichts der Befürchtungen, die noch vor wenigen Wochen die Runde machten, muss der jetzt beschlossene Entwurf fast wie ein Sieg für die Banken bewertet werden.“

Er verweist darauf, dass das 2300-Seiten starke Werk noch viele Baustellen – und damit Ansatzpunkte für das Heer aus geschätzten 1500 US-Finanzlobbyisten –  offen lässt:

„Die mächtigste Lobbygruppierung in Washington, die Chamber of Commerce, die auch die Großbanken vertritt, hat das Aufgabenheft für die Regulierer akribisch aufgelistet: 355 neue Regeln müssten jetzt noch konkretisiert werden, 47 weitere Studien müsse man dazu noch anfertigen, und weitere 74 Berichte sollen dann Klarheit darüber bringen, wohin die Reise geht. Das bedeutet auch: 355 weitere Chancen für die Lobbyisten, den Prozess noch zu beeinflussen, während die politische Schlacht längst beendet ist.“

Siehe auch den WiWo-Artikel „Wie US-Banken ihre Fesseln lockern„.

Nachtrag: Vorstöße gegen die Macht der Finanzlobby auch in Europa und Berlin

Der Berliner Tagesspiegel schreibt über den Vorschlag („Hilferuf“) von 22 EU-Abgeordneten im Wirtschafts – und Währungsausschuss, durch ein zu gründendes Institut Gegen-Expertise zur Finanzlobby (wir berichteten) zu schaffen.

Die Taz schreibt über eine parlamentarische Initiative der Grünen zur Begrenzung der Finanzlobby. Nach deren Vorstellung sollen Parteispenden auf jährlich 100.000 Euro pro Spender begrenzt und offen gelegt werden (LobbyControl fordert 50.000). Zudem soll die Branche nur noch „in einem sehr eng gesteckten Rahmen in Ministerien“ mitarbeiten.

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