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Lobbyismus in der EU

Lobbyregeln mit Biss: Die neue EU-Kommission muss liefern!

Lobbyregeln und Lobbyregister in den EU-Institutionen sind nicht wirksam. Gerade jetzt, wo die EU-Institutionen unter massiver Einflussnahme stehen, ist das ein echtes Problem. Wir waren in Straßburg und haben von der Leyen und das EU-Parlament aufgefordert, die Demokratie zu schützen, indem sie endlich für die Durchsetzung der Lobbyregeln sorgen.

von 18. Juli 2024

Die Demokratie in Europa steht im Fadenkreuz von Machtinteressen wie noch nie. Autoritäre Staaten zielen darauf ab, die EU-Institutionen zu destabilisieren. Rechtsextreme Parteien mit einer autoritären Agenda verfügen über ein Viertel der Sitze im Europäischen Parlament. Gleichzeitig versuchen Unternehmenslobbyist:innen, den Rechtsruck im Parlament und die geopolitischen Auseinandersetzungen dafür zu nutzen, um ihre Interessen durchzusetzen. Dabei kann das Gemeinwohl leicht unter die Räder geraten, wenn zum Beispiel Klimaschutz oder Arbeitsrechtsrechte demontiert werden.

LobbyControl/Holger Müller - CC-BY-NC-ND 4.0

Für eine EU-Lobbykontrolle mit Biss!

Die Lobbyregeln werden in Brüssel nicht ernst genommen, Verstöße nicht konsequent aufgedeckt und geahndet. Darum fordern wir eine unabhängige Kontrollbehörde mit Biss!

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LobbyControl vor Ort in Straßburg

Lobbyist:innen mit fragwürdigen Absichten profitieren von den unzureichend durchgesetzten EU-Lobbyregeln und einem Lobbyregister, das nicht in der Lage ist, unzulässige Einflussnahme aufzuzeigen. Das muss sich schnellstens ändern, denn sonst drohen demokratische Prozesse immer mehr unterwandert zu werden. Das hätte fatale Folgen für das Vertrauen in die europäische Demokratie, das nach dem Katargate-Korruptionsskandal sowieso erschüttert ist.

LobbyControl - CC-BY-NC-ND 4.0
Wir verteilen vor dem EU-Parlament in Straßburg Flyer mit unserer Forderung nach einer Lobbykontrolle mit Biss.

Wir haben daher Ursula von der Leyen dringend aufgefordert, dem einen Riegel vorzuschieben. Gemeinsam mit den Nichtregierungsorganisationen Corporate Europe Observatory (CEO), Transparency International und The Good Lobby haben wir ihr schon Anfang der Woche einen offenen Brief geschrieben. Um unserer Forderung Nachdruck zu verleihen, waren wir am Dienstag den ganzen Tag in Straßburg unterwegs, um mit Abgeordneten zu sprechen.

Eine Woche voller Macht für das EU-Parlament

Denn: Selten kann das EU-Parlament so viele Zugeständnisse von der EU-Kommission erwirken wie in dieser Woche, wo die Kandidatin für das Amt der EU-Kommissarin die Stimmen der Abgeordneten braucht. Sie hat nur eine Chance, gewählt zu werden, und ihre Mehrheiten sind alles andere als sicher. Sie muss den Abgeordneten also Zugeständnisse machen. Deshalb wollten wir, dass die Abgeordneten Ursula von der Leyen klarmachen, dass sie hier schnelle Verbesserungen erwarten. Eigentlich sollten alle Fraktionen und EU-Institutionen daran interessiert sein, dass die bestehenden Regeln auch durchgesetzt werden und es ein funktionierendes Lobbyregister gibt.

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Auch das Fernsehen war an unserer Botschaft interessiert: Interview mit einem polnischen TV-Team.

Wir haben die Abgeordneten am Dienstagmorgen vor dem EU-Parlament in Straßburg mit Flyern und Schildern erwartet und den ganzen Tag im Parlament Gespräche geführt. Jetzt sind die Abgeordneten am Zug, Ursula von der Leyen für eine bessere Durchsetzung der Lobbyregeln in die Pflicht zu nehmen.

Unsere Forderungen:

  • Ein verpflichtendes Lobbyregister, das auch wirklich kontrolliert wird. Das jetzige Register zeigt zu große Schlupflöcher. Wichtige Informationen müssen nicht angegeben werden, Nichteintragung hat kaum Konsequenzen und dem zuständigen Referat fehlen Ressourcen und Befugnisse, um die Einträge wirklich zu prüfen. Dadurch ist das Lobbyregister ungeeignet, Einflussnahme auf den politischen Prozess abzubilden und benachteiligt diejenigen, die freiwillig mehr Angaben machen als diejenigen, die die Regeln missachten und keine Konsequenzen fürchten müssen. Das hat sich unter anderem bei Katargate gezeigt, dem größten Korruptionsskandal in der Geschichte des EU-Parlaments, in deren Zentrum eine unregistrierte Lobbyorganisation stand, die ungehindert im EU-Parlament ein- und ausgehen konnte. Neben verbesserten Angaben, schärferer Kontrolle und besserer Durchsetzung fordern wir die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass es keine Lobbytreffen von Kommissionsbeamt:innen mit Lobbyist:innen gibt, die sich nicht registrieren. Nachdruck verleiht unseren Forderungen auch ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs vom April diesen Jahres, in dem er die gleiche Forderung aufstellt.
  • Auch bei den Transparenz- und Ethikregeln braucht es bessere Durchsetzung. Bisher sind die Institutionen selbst zuständig dafür zu sorgen, dass ihre internen Regeln auch eingehalten werden. Doch die Selbstkontrolle funktioniert nicht. Die neue Ethikbehörde war eigentlich dafür gedacht, dieses Problem zu lösen, doch letztendlich wurde statt einer Kontroll- und Durchsetzungsbehörde ein Gremium geschaffen, dass nur Ethikregeln erarbeitet. Der Bedarf für eine unabhängige Behörde, die Ethik- und Lobbyregeln kontrolliert und durchsetzt, besteht also weiterhin und sollte von der EU-Kommission angegangen werden. Dazu sollten entweder bestehende Behörden mit den entsprechenden Befugnissen und Ressourcen ausgestattet werden, oder eine neue Lobby-Behörde nach französischem Vorbild muss geschaffen werden.
  • Drittens muss die Kommission dafür sorgen, dass der demokratische Prozess vor einseitiger Einflussnahme geschützt wird. Besonders in den Bereichen von Umwelt- und Klimaschutz, Arbeits- und Menschenrechten droht eine Vereinnahmung durch Unternehmensinteressen. Dem muss die EU-Kommission entgegentreten und für einen demokratischen Prozess mit ausgewogener Beteiligung sorgen. Wir dürfen die Gesetze, die unser langfristiges Überleben und unseren Wohlstand sicherstellen sollen, nicht für kurzfristige Gewinninteressen aufs Spiel setzen.
  • Viertens: Transparenz und Verantwortlichkeit gegenüber der europäischen Demokratie spielen keine Rolle für Ursula von der Leyen. Ein sprechendes Beispiel dafür ist die gerade erteilte Rüge des EU-Gerichts, dass sie den EU-Abgeordneten die Verträge zu den Impfstoffvereinbarungen mit Pharmaunternehmen nur in extrem geschwärzter Form übergeben hat. Wir wollen, dass Ursula von der Leyen in der kommenden Wahlperiode nicht nur die Transparenzverpflichtungen gegenüber der Öffentlichkeit einhält, sondern diese auch verbessert.
LobbyControl/Holger Müller - CC-BY-NC-ND 4.0

Für eine EU-Lobbykontrolle mit Biss!

Die Lobbyregeln werden in Brüssel nicht ernst genommen, Verstöße nicht konsequent aufgedeckt und geahndet. Darum fordern wir eine unabhängige Kontrollbehörde mit Biss!

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Wie geht es jetzt weiter?

Wenn sie gewählt wird, wird die EU-Kommissionspräsidentin danach beginnen, sich aus den Personalvorschlägen der Mitgliedstaaten eine Kommission zu formen. Wir werden nicht locker lassen einzufordern, dass sie ihre Hausaufgaben macht und Lobbyregister wie Lobbyregeln mit Biss versieht. Einen Fokus werden wir dabei natürlich auf den/die neue:n Kommissar:in für Transparenz und Lobbyregeln legen. Wie alle Kommissar:innen wird er oder sie im Herbst dem Parlament Rede und Antwort zu ihren Vorhaben stehen müssen! Da haben die Abgeordneten eine weitere Möglichkeit, Druck zu machen. Wir werden das von ihnen einfordern! Zugleich werden wir Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin nicht aus der Verantwortung lassen.

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