David Iliff via Wikimedia Commons - CC-BY-SA 3.0
Lobbyismus in der EU

Nach Katargate: Neue Abgeordnetenregeln auf der Kippe

Am Mittwoch stimmen die EU-Abgeordneten wegen Katargate über neue Verhaltensregeln ab. Ob diese beschlossen werden, hängt von den bürgerlich-konservativen Parteien ab.

von 12. September 2023

Seit neun Monaten wird diskutiert, welche Konsequenzen aus Katargate, dem größten Korruptionsskandal in der Geschichte des EU-Parlaments, zu ziehen sind, bei dem Abgeordnete offenbar im Sinne der Regierungen Katars und Marokkos Einfluss nehmen sollten und dafür hohe Geldsummen erhalten haben. Am morgigen Mittwoch stimmen die Abgeordneten nun über neue Verhaltensregeln ab. Ob diese aber am Ende überhaupt beschlossen werden, hängt von den bürgerlich-konservativen Parteien ab, vor allem von CDU und CSU. Es bleibt spannend.

Lässt die CDU die Reform durchfallen?

Die Änderungen an den Verhaltensregeln, die am Mittwoch zur Abstimmung stehen, werden dem, was nach Katargate nötig gewesen wäre, keinesfalls gerecht. Dennoch gibt es in einigen wichtigen Punkten durchaus Verbesserungen bei den Regeln. Am vergangenen Donnerstag wurden sie im zuständigen Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO-Ausschuss) beschlossen. Dabei wurden mit einer Mehrheit aus Sozialdemokraten, Linken, Grünen und Liberalen noch einmal zusätzliche Veränderungen in das von der SPD-Abgeordneten Gabi Bischoff erarbeitete Dokument, das die Änderungsanträge zusammenfasst, hinein gestimmt. Damit gehen die Reformen nun über den Kompromiss hinaus, auf den sich eine Arbeitsgruppe aus allen Fraktionen ursprünglich geeinigt hatte.

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Diese Änderungen sind nun der Grund, warum Teile der EVP (Europäische Volkspartei, die Gruppe der bürgerlich-konservativen Parteien im EU-Parlament), allen voran die deutsche Delegation aus CDU und CSU, damit drohen, ihre Zustimmung zu verweigern. Die Stimmen der EVP werden aber im Plenum wahrscheinlich benötigt, wo die Regeln eine absolute Mehrheit brauchen.

Zwar könnte das Paket auch nur mit den Stimmen von Sozialdemokraten, Linken, Grünen und Liberalen verabschiedet werden, aber das ist äußerst knapp. Sollte es Abweichler unter den Liberalen geben, beispielsweise in der FDP, dann würde die Reform ohne Unterstützung der EVP scheitern. Dabei sind die Punkte, für die die EVP droht, die gesamte Reform zum Scheitern zu bringen, eigentlich nur einige kleine Punkte.

CDU will Vermögenswerte nicht veröffentlichen

Die EVP hat formuliert, was ihre roten Linien sind. Was über sie hinausgeht, wird sie am Mittwoch versuchen, per Änderungsantrag wieder hinaus zu stimmen. Dazu gehören vor allem drei Punkte:

  • Die Veröffentlichung von Vermögenswerten zu Beginn und Anfang einer Legislaturperiode

Es ist ein bisschen verrückt, dass dies im EU-Parlament überhaupt so eine Debatte ist. EU-Abgeordnete aus 12 Ländern müssen bereits wegen ihrer nationalstaatlichen Regeln ihre Vermögenswerte offenlegen, darunter aus Frankreich, Italien, Griechenland, Polen und Rumänien. Insofern wäre es nur konsequent, diese Regel für alle Abgeordneten zur Pflicht zu machen. Die EVP argumentiert dennoch, dass dieser Punkt über den 14-Punkte-Plan von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hinausgeht. Diese 14 Punkte hatte die Parlamentspräsidentin kurz nach Bekanntwerden des Skandals vorgelegt und damit wichtige Pflöcke eingeschlagen, die zur Grundlage der Diskussion über die Reformen wurden.

  • Die Pflicht zur Veröffentlichung der Lobbytreffen für ALLE Abgeordneten

Die Verpflichtung sollte demnächst nur für Abgeordnete gelten, die in dem Bereich, in dem sie ein Lobbytreffen haben, eine „active role“ einnehmen. Dieser Begriff ist vollkommen schwammig und damit ein immenses Schlupfloch, durch das sich unwillige Abgeordnete leicht der neuen Vorschrift entziehen können. Im Ausschuss wurde diese Einschränkung mit der „active role“ gestrichen – die EVP möchte das Schlupfloch wieder zurück haben

  • Dem Kontrollgremium des Parlaments, dem Beratenden Ausschuss, gehören zukünftig auch externe Expert:innen an.

In der Ausschusssitzung wurde für dieses Kontrollgremium des EU-Parlaments, das die Präsidentin zu Interessenkonflikten und Verstößen gegen die Verhaltensregeln berät, eine Ergänzung eingeführt: Neben den Abgeordneten sollen ihm zukünftig auch drei unabhängige Expert:innen angehören, die nicht stimmberechtigt sind. Auch hier argumentiert die EVP, dass dies über Metsolas 14-Punkte-Plan hinausgeht und dass dadurch die Vertraulichkeit in dem Gremium bedroht sei.

Die CDU wird nicht genügend Abgeordnete finden, um diese Punkte wieder aus den Reformen hinaus zu stimmen. Wird sie es wirklich in Kauf nehmen, deshalb das gesamte mühsam erarbeitete Reformpaket platzen zu lassen? Werden die Liberalen bei ihrer Position im Ausschuss bleiben und für die Reformen stimmen? Werden die Sozialdemokraten sich auf faule Kompromisse einlassen, um das Reformpaket zu retten? Es wird ziemlich spannend am Mittwoch. Wir machen Druck und bleiben für Sie dran.

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