Wie setzt eigentlich die Autolobby ihre Interessen durch? Darüber könnten wir bald mehr erfahren. Denn der Europäische Gerichtshof entschied kürzlich, dass das Wirtschaftsministerium Einblick in seine Akten geben muss. Konkret geht es um den Einfluss der deutschen Autolobby auf die Verordnung zum sogenannten Effizienzlabel. Doch Wirtschaftsminister Rösler gab nun bekannt, dass er vor der Bundestagswahl keine Akteneinsicht mehr gewähren wird.
Ein Urteil für mehr Transparenz
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte bereits 2010 Einsicht in die Akten zum Zustandekommen des Effizienzlabels verlangt und berief sich auf das Umweltinformationsgesetz. Das Effizienzlabel hatte bei Umwelt- und Verbraucherschützern für Ärger gesorgt, da es schwere spritfressende Autos wie etwa den Audi Q7 in eine bessere Effizienzklasse einteilt als sparsame Kleinwagen wie den Fiat Panda.
Die Vermutung lag nahe, dass hier die deutsche Autolobby am Werk war. Das Wirtschaftsministerium verweigerte damals die Herausgabe der Akten. Es berief sich damals darauf, dass das Umweltinformationsgesetz Ausnahmeregelungen für laufende Verfahren vorsehe.
Die DUH klagte – und bekam Recht: Der EuGH entschied nun, dass das deutsche Umweltinformationsgesetz gegen Europarecht verstoße, da der Schutz des Parlamentsgeheimnisses nur für laufende Gesetzgebungsprozesse, nicht aber – wie im Fall des Effizienzlabels – für Rechtsverordnungen gelte. Damit erhält die DUH nun den Anspruch, die internen Akten des Wirtschaftsministeriums einzusehen.
Doch Wirtschaftsminister Rösler verzögert die Akteneinsicht. Seine Begründung: Erst seien weitere Abstimmungen mit dem Umwelt- und Justizministerium nötig. Die Akten – so das Wirtschaftsministerium – werden nun erst am 25.9., also nach der Bundestagswahl, herausgegeben. Die DUH wirft Rösler vor, „die Akten bis zum Wahltermin unter Verschluss zu halten“.
Kontakte bis ins Kanzleramt
Es besteht kein Zweifel daran, dass es enge Kontakte zwischen Autlobby und Bundesregierung gibt. Erst jüngst gab die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken Einblick in die vielen Kontakte zwischen Bundesregierung und Autolobby. Auch Staatsminister Eckart von Klaeden und zukünftiger Daimler-Lobbyist hatte sich mehrmals mit Vertretern der Autoindustrie getroffen.
Zeit Online berichtete gestern ausführlich über den Einfluss der Autolobby auf die Neuverhandlung der CO2-Grenzwerte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Juli diesen Jahres bereits EU-weit abgestimmte Neuregelung der Grenzwerte im letzten Moment verhindert.
Mehr Transparenz ermöglicht Kritik
In Deutschland gibt es keine gesetzlichen Offenlegungspflichten, denen sich Lobbyisten unterwerfen müssen. Intransparenz verschafft vor allem denen Vorteile, die über informelle Wege – wie etwa gute Kontakte – einen Informationsvorsprung erlangen können. Transparenz dagegen ermöglicht Kritik und demokratische Kontrollmöglichkeiten.
Die schärfere Auslegung des Umweltinformationsgesetzes ist ein Schritt für mehr Transparenz. Deswegen begrüßen wir das Urteil des EuGH. Wenn Rösler wirklich für Transparenz sorgen will, muss er die Unterlagen noch vor der Wahl veröffentlichen.
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