Was für ein Erfolg: Nach unserer scharfen Kritik hat der Lobbyverband „Liberaler Mittelstand“ den FDP-Parteivorstand verlassen. Der Rückzug erfolgte nur wenige Wochen, nachdem wir den rechtswidrigen Dauergast-Status öffentlich gemacht hatten. Der Fall brachte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in der Sendung „Markus Lanz“ sichtbar in Bedrängnis. Nun ist die CDU die einzige Partei, in der mit dem „Wirtschaftsrat der CDU“ noch immer ein Lobbyverband als ständiger Gast im Parteivorstand sitzt. Der Druck auf Parteichef Friedrich Merz steigt.
Lobbykanal in den FDP-Vorstand
Was ist geschehen? Im April dieses Jahres kritisierten wir öffentlich, dass Olaf in der Beek für den partei-externen Lobbyverband „Liberaler Mittelstand“ ständiger Gast im FDP-Parteivorstand ist. Zuvor hatten wir die FDP mit unserer Kritik konfrontiert und eine abwiegelnde Rückmeldung erhalten. Doch dieser Dauergast-Status ist laut Einschätzungen von Rechtsexpert:innen klar rechtswidrig.
Der „Liberale Mittelstand“ bot u.a. großen Wirtschaftsverbänden wie dem „Hauptverband des Deutschen Baugewerbes“ oder dem „Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft“ einen direkten Lobbykanal in den FDP-Vorstand (siehe Recherche dazu). Ein solch exklusiver Zugang für einen externen Lobbyverband widerspricht Parteisatzung und Parteiengesetz – aus guten Gründen. Es widerspricht demokratischen Grundsätzen, wenn ein Lobbyverband in einem zentralen Parteigremium mitredet.
Unsere Recherche bringt FDP-Generalsekretär ins Schwitzen
Es ist gut und richtig, dass die FDP dies nun offenbar erkannt und die Reißleine gezogen hat. Zunächst allerdings wollte sie dies nicht so recht zugeben. Auf Anfrage erklärte uns die FDP Mitte Mai, dass Olaf in der Beek seinen Rückzug aus dem Parteivorstand angeboten und der Parteivorstand dem am 9. Mai entsprochen habe.
Als Grund nannte eine Parteisprecherin, dass in der Beek nur kommissarischer Vorsitzender sei. Durch den zeitlichen Zusammenhang lag für uns aber ein Zusammenhang mit unserer Kritik sofort nahe. Das bestätigte sich nun nach einem Auftritt des FDP-Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai in der Talkrunde „Markus Lanz“ am 26.5.2022 (Min. 44).
Moderator Lanz konfrontierte Djir-Sarai mit unseren Recherchen und brachte damit den FDP-Politiker ins Schwitzen und Stottern. Der Verband sei kein Lobbyverband, und er sei mit parteiinternen Organisationen wie den Jungen Liberalen vergleichbar. Beides ist nicht korrekt: Der Liberale Mittelstand ist als unternehmerischer Berufsverband organisiert und damit per definitionem auch ein Interessenverband. Anders die JuLis: Diese sind als parteiinterne Organisationen organisiert und haben damit auch per Satzung das Recht, Mitglied im Vorstand zu sein.
Zugleich verkündete Djir-Sarai aber auch, dass der Liberale Mittelstand nicht mehr im Vorstand vertreten ist. Djir-Sarai ließ dabei deutlich durchblicken, dass die FDP sich zügig mit unserer Kritik auseinandergesetzt hatte. Das bestätigte unsere Vermutung, dass die ursprüngliche Begründung der FDP uns gegenüber vorgeschoben war.
Der Tankstellenlobbyist im Parteivorstand
Damit noch nicht genug: Lanz sprach Djir-Sarai außerdem auf unsere Recherche an, dass mit Axel Graf von Bülow jahrelang ein Tankstellenlobbyist im Parteivorstand saß und fragt ihn nach einem Zusammenhang mit der FDP-Forderung nach einem Tankrabatt. Bülow war von 2015 bis 2021 für den FDP-Landesverband Brandenburg im Bundesvorstand, gleichzeitig war und ist er stellvertretender Vorsitzender des Liberalen Mittelstands.
Wir hatten diese Tatsache öffentlich gemacht – und wohlgemerkt zusätzlich auch darauf verwiesen, dass es sich bei Bülows ehemaligem Lobbyverband um die Interessenvertretung mittelständischer Tankstellen handelte und die großen Gewinne durch steigende Spritpreise eher bei den Mineralölkonzernen landen. Es bleibt aber unbenommen problematisch, wenn bezahlte Lobbyist:innen in Parteivorständen sitzen. Deutlich wird dadurch auch, wie wichtig eine klare Trennung zwischen Lobbyinteressen und Parteianliegen ist.
Vergleichbarer Fall in der CDU
In der Vergangenheit hatte LobbyControl bereits einen vergleichbaren Fall im CDU-Vorstand kritisiert. Dort ist der einflussreiche „Wirtschaftsrat der CDU“ nach wie vor als Dauergast vertreten. Auch der Wirtschaftsrat ist kein Parteigremium, sondern ein Lobbyverband. Mit unserer Unterstützung hat ein CDU-Mitglied Anfang Mai deshalb Klage gegen den CDU-Vorstand eingereicht.
Nachdem die FDP nun die Reißleine gezogen hat, steigt der Druck auf CDU-Parteichef Friedrich Merz. Er sollte schleunigst nachziehen und ebenfalls den Rechtsbruch innerhalb seiner Partei beheben. Merz sollte nicht erst den Ausgang der Klage gegen den Bundesvorstand abwarten, sondern gleich handeln. Alles andere ist ein Schaden für die Parteiendemokratie.
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