Seit fünf Jahren steht der US-amerikanische Investmentriese KKR hinter Deutschlands größtem Medienkonzern Springer. 2025 will KKR das Mediengeschäft von Springer wieder abgeben. Wir ziehen Bilanz und rollen ungeklärte Fragen auf.
KKR investiert umfangreich in fossile Energieträger. Deshalb gibt es immer wieder Spekulationen, dass KKR mit dem Springer-Konzern auch die deutsche Klimapolitik beeinflussen wollte. Tatsächlich liegen nun erstmals Dokumente vor, die zeigen, dass KKR in Deutschland Lobbyarbeit zum Thema Energiepolitik betrieb. Doch welche Zusammenhänge, Interessen und Einflusskanäle gibt es wirklich – und was lässt sich belegen? Ein Faktencheck.
Zusammenfassung:
- Es gibt immer wieder Spekulationen darüber, dass der Springer-Hauptaktionär KKR Einfluss auf die BILD-Zeitung genommen hat, um fossile Interessen in Deutschland durchzusetzen. Als Beispiel dafür dient die Debatte um das Heizungsgesetz, gegen das die BILD-Zeitung Stimmung gemacht hatte.
- KKR hat als Anteilseigner fossiler Firmen – wie unter anderem LNG-Terminals – ein geschäftliches Interesse daran, Klimaschutzgesetze zu verhindern oder zumindest zu verwässern. Dazu könnte auch das deutsche Heizungsgesetz zählen.
- LobbyControl liegen erstmals Belege dafür vor, dass KKR in Deutschland Lobbyarbeit für energiepolitische Themen macht. Es bleibt aber unklar, zu welchen Fragen Einfluss genommen wurde. Auffällig ist allerdings, dass es besonders viele Treffen zwischen KKR und Kanzleramt vor und während der Debatte um das Heizungsgesetz gab.
- In der Vergangenheit gab es bereits Einflussnahme des Springer-Konzerns auf die Redaktion der BILD-Zeitung. Die Döpfner-Leaks hatten gezeigt, dass Springer-Chef Döpfner über die BILD-Zeitung die FDP stärken wollte. Die FDP wiederum war wesentlich daran beteiligt, das ursprünglich geplante Heizungsgesetz zu verzögern und zu verwässern.
- Zusammengefasst:
a) KKR hat wirtschaftliche Interessen daran, Klimaschutzgesetze zu verwässern.
b) KKR hat Lobbyarbeit zu energiepolitischen Fragen geleistet.
c) Es erscheint nicht gänzlich abwegig, dass KKR die BILD-Zeitung auch für Einflussnahme rund um das Heizungsgesetz genutzt haben könnte. Konkrete Belege dafür gibt es allerdings nicht. Vor allem aber zeigt sich, wie problematisch die Machtkonzentration durch große Medienhäuser wie Springer ist.
KKR und Springer
Ab 2019 übernahm der Finanzkonzern KKR einen großen Teil der Aktien des Axel-Springer-Konzerns und löste damit Unternehmenserbin Friede Springer als größte Aktionärin ab. Der Konzern KKR hält 35,6 % der Anteile des multinationalen Medienkonzerns, zu dem Marken wie Bild, Die Welt, Business Insider, Politico oder der Fernsehsender Welt (ehemals N24) gehören.
Mit gleich drei Posten im Springer-Aufsichtsrat übernahm KKR zudem wichtige Schlüsselpositionen und hat seitdem erheblichen Einfluss innerhalb des Konzerns. Vorstandschef Mathias Döpfner sowie Unternehmens-Erbin und vormalige Haupteigentümerin und Aufsichtsrätin Friede Springer ziehen mit KKR laut interner Vereinbarung zusammen an einem Strang.
Wer ist dieses einflussreiche Unternehmen im Springer-Konzern? KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.) ist eine der größten Beteiligungsgesellschaften der Welt. Der Konzern hält Anteile an Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von über 553 Milliarden Dollar. In Deutschland ist KKR Mehrheitseigner u. a. der Immobilienkonzerne Velero, des Rüstungskonzerns Hensoldt und von RTL II.
KKR ist auf „Private Equity“-Geschäfte spezialisiert. Das bedeutet, dass der Konzern öffentlich gehandelte Unternehmen aufkauft und von der Börse nimmt – und trägt so dazu bei, sie dem Licht der Öffentlichkeit zu entziehen. Wenn KKR die Kontrolle über ein Unternehmen konsolidiert hat, folgen häufig Umstrukturierungen wie Massenentlassungen, Aufspaltungen oder Fusionen, um das Unternehmen profitabler zu machen. Nach einer gewissen Zeitspanne wird dann das nun wertvollere Unternehmen wieder abgestoßen und auf diese Weise Gewinn erzielt.
Ganz ähnlich ist das auch nach dem Einstieg von KKR bei Springer passiert: Springer wurde massiv umstrukturiert, Mitarbeiter:innen entlassen und nun steht KKR vor dem Ausstieg aus dem Mediengeschäft. Denn der Konzern Springer soll aufgespalten werden: Das deutlich lukrativere Kleinanzeigengeschäft wird bei KKR verbleiben, während das klassische Mediengeschäft zukünftig allein in der Hand von Mathias Döpfner liegt. Darauf hat sich der Konzern-Vorstand mit KKR geeinigt. KKR hatte bereits beim Einstieg 2019 angekündigt, nach fünf bis sieben Jahren wieder aussteigen zu wollen und hält sich jetzt an den eigenen Zeitplan.
Das alles spricht dafür, dass KKR tatsächlich bei Springer einstieg, um mit Umstrukturierungen und Wiederverkauf Geld zu verdienen – und nicht etwa, um Einfluss auf die deutsche Politik zu nehmen. Doch es gibt weitere Besonderheiten.
KKR: ein fossiler Investor
Auffällig an KKR ist: Der Konzern verdient erheblich am Geschäft mit fossilen Rohstoffen. Als eine der weltweit größten Private-Equity-Firmen besitzt KKR Anteile an 19 Firmen aus dem Bereich fossile Energien (Stand Juli 2024). Darunter befinden sich unter anderem große US-amerikanische Öl-Pipelines und laufende und geplante LNG-Terminals. KKR zählt damit zu den größten privaten Finanziers fossiler Firmen.
Bleiben Sie informiert über Lobbyismus.
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter.
Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur Datenschutzerklärung.
KKR ist besonders aktiv im deutschen Markt. Nach eigener Aussage, in einem Schreiben von KKR ans Kanzleramt, das LobbyControl vorliegt, hatte das Unternehmen im Jahr 2022 über 11 Milliarden Euro in 29 Unternehmen im deutschsprachigen Raum investiert und 39 ihrer global agierenden Unternehmen waren auch in Deutschland tätig. Die Beteiligungen an US-amerikanischen LNG-Terminals wie etwa Port Arthur ist ebenfalls von Bedeutung für den deutschen Markt: Von dort könnte zukünftig Gas an die neu gebauten deutschen LNG-Terminals geliefert werden.
KKR hatte also aufgrund seines Investmentportfolios ein geschäftliches Interesse daran, den Ausstieg aus fossilen Energien möglichst lange hinauszuzögern – und zwar speziell auch in Deutschland. Entsprechend relevant sind politische Initiativen in diese Richtung. Dazu zählte in Deutschland vor allem die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes – oder anders ausgedrückt: die Lobbyschlacht um das Heizungsgesetz.
„Habecks Heiz-Hammer“: Bild und das Heizungsgesetz
Der Springer-Konzern fiel seit Frühjahr 2023 besonders damit auf, wie stark er gegen das Heizungsgesetz wetterte. Die Novellierung des bestehenden Gebäudeenergiegesetzes sollte das größte Projekt der Ampel-Koalition werden, um den Ausstieg aus den fossilen Energien voranzubringen. Es sah vor, den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen weitgehend zu verbieten – ein Vorhaben, das die Gaslobby in den Vorjahren mit heftiger Lobbyarbeit immer wieder ausgebremst hatte. Denn das Interesse der Gasindustrie am Geschäft mit dem Heizen ist riesig: Es geht letztlich um die Zukunft weiter Teile ihrer Infrastruktur und Absatzmärkte – und um Milliardengewinne.
Springer-Medien – besonders die BILD-Zeitung – fielen hier ganz klar durch ihre Stimmungsmache gegen die Gesetzespläne auf. Sie prägten die Vorstellung, dass Habeck ein völlig neues Heizungsgesetz vorgelegt hatte, obwohl es sich um eine turnusgemäße Novellierung eines bereits bestehenden Gesetzes handelt. Dieses beinhaltete auch bereits Vorschriften, die den Ausbau bestimmter Heizungen vorsah.
Am 28. Februar 2023 zitierte die BILD-Zeitung aus einem noch unveröffentlichten Regierungspapier zu den Heizungsplänen und titelte: „Habeck will Öl- und Gasheizungen verbieten“. Im Anschluss setzte eine regelrechte mediale Kampagne ein: Die Bild-Zeitung prägte den Begriff „Habecks Heiz-Hammer“ und füllte über Wochen hinweg ihre Titelseiten mit Horrorgeschichten über die vermeintlich hohen Kosten von Wärmepumpen sowie über einen angeblichen Zwang, Heizungen sofort austauschen zu müssen.
Fast 70-mal verwendete die Bild-Zeitung den Begriff „Heiz-Hammer“ zwischen März und August 2023 in ihrer Berichterstattung, wie unsere Recherche über den Mediendienst Meltwater zeigt. Diese medialen Bilder fielen auf den Boden, der bereits durch ähnliche Kampagnen bereitet war und die Grünen als vermeintliche übergriffige „Verbotspartei“ darstellten.
Nach einer Studie des Progressiven Zentrums seien viele Aussagen der Bild-Zeitung zum Heizungsgesetz irreführend gewesen. Zudem fiel insbesondere die BILD-Zeitung durch emotionalisierende Begriffe wie „Heizhammer“ und „Heizungsverbot“ auf. Desinformation und Angstmache verfingen: Sie wurde von vielen weiteren Medien aufgegriffen und verunsicherte tatsächlich viele Menschen. Hinzu kamen aber auch schwere Kommunikations- und Konzeptionsfehler seitens des federführenden Bundeswirtschaftsministeriums.
Vor allem die FDP nutzte diese Situation, um koalitionsintern als Opposition gegen die zuvor vereinbarten Pläne aufzutreten. Am Ende wurde das „Heizungsgesetz“ zunächst monatelang blockiert, um dann schließlich in verwässerter Form beschlossen zu werden. Die aufgeheizte Stimmung führte trotz des beschlossenen Gesetzes dazu, dass der Absatz von Wärmepumpen im ersten Halbjahr 2024 in Deutschland einbrach.
KKR als politischer Akteur
Im Kontext der Heizungsdebatte legen nun einige Journalisten wie Spiegelkolumnist und Autor Christian Stöcker und der Volksverpetzer nahe, dass die Beteiligung von KKR bei Springer mit dem Verhalten der Bild-Zeitung in Zusammenhang stehe – allerdings ohne das belegen zu können. Belegen lässt sich aber, dass es sowohl in Deutschland als auch in den USA Lobbyaktivitäten von KKR gab, auch im Bereich Energiepolitik.
In den USA war KKR bereits direkt durch seine finanzielle Unterstützung politischer Aktivitäten im Sinne fossiler Interessen sichtbar: Der Konzern sponserte laut New York Times im Jahr 2022 die State Financial Officers Foundation (SFOF). Diese Stiftung unterstützte Finanzbeamt:innen der republikanischen Partei dabei, ihre staatlichen Positionen dafür zu nutzen, die Interessen von Öl- und Gasfirmen zu vertreten. So sollten Präsident Joe Bidens Klimaschutzpläne unterlaufen werden. Nach Veröffentlichung des Berichts ließ KKR sein Logo von der Seite der Stiftung SFOF löschen.
Auch für Deutschland gibt es nun erstmals Belege, dass KKR in Berlin direkt politisch aktiv ist. Laut Lobbyregister hat KKR im Jahr die Lobbyagentur FGS mit mindestens 50.000 Euro beauftragt, um Treffen mit Mitgliedern der Bundesregierung, Bundestagsabgeordneten und Verwaltungsbeamt:innen anzufragen und zu organisieren. Themen waren u.a. allgemeine Energiepolitik und Energienetze.
Eine schriftliche Frage des Bundestagsabgeordneten Bernd Riexinger (LINKE) zeigt, dass es tatsächlich mindestens 21 Treffen von KKR mit Vertreter:innen der Bundesregierung gab. Besonders häufig traf KKR auf Jörg Kukies, der damals Staatssekretär im Kanzleramt war und seit November 2024 Lindners Nachfolger als Finanzminister ist. Es gab aber auch ein Gespräch mit Staatssekretär Udo Philipp im Wirtschaftsministerium „zum Thema Rüstungsindustrie“. Von den 21 aufgelisteten Treffen waren drei Treffen explizit zu Energiepolitik, während sich elf nicht klar thematisch zuordnen lassen (weil z.B. „allgemeiner Austausch“ angegeben wurde).
Interne Dokumente aus dem Kanzleramt, die LobbyControl vorliegen, zeigen, dass sich KKR auch im Kanzleramt für energiepolitische Belange einsetzte. Am 16.3.2022, also wenige Wochen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, sendete KKR ein Anschreiben an den Staatssekretär Jörg Kukies. Darin sucht KKR explizit das Gespräch zur „digitalen und klimaneutralen Transformation“ Deutschland und nennt insbesondere „Infrastruktur“ und „Energiewende“ als zentrale Themen, zu denen sie Expertise anbieten und sich austauschen möchten.
Nach diesem Austausch traf sich Staatssekretär Kukies insgesamt noch achtmal mit Vertretern von KKR, jedes Mal zu einem „allgemeinen Austausch.“ Besonders auffällig ist aber, dass sieben dieser Treffen zwischen Dezember 2022 und Oktober 2023 stattfanden, also genau in der heißen Phase des Heizungsgesetzes. So viele Treffen in zehn Monaten ohne einen speziellen Anlass sind angesichts der vollen Terminkalender von Staatssekretär:innen und Top-Manager:innen doch eher ungewöhnlich.
Auf Nachfrage teilte das Kanzleramt LobbyControl lediglich mit, dass es in den Gesprächen „im Wesentlichen“ um „Fragen zum allgemeinen Investitionsumfeld sowie zur Finanzierung der Transformation in Deutschland“ gegangen sei. Der Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger (LINKE) vermutet sogar einen Zusammenhang zum Heizungsgesetz: „Die hohe Frequenz von Treffen über einen bestimmten Zeitraum spricht dafür, dass konkrete Gesetzesvorhaben besprochen wurden, zum Beispiel das Heizungsgesetz, wo die Verhandlungen in diesen Zeitraum fielen. Das Ganze riecht streng nach verdecktem Lobbyismus.“
Es ist zu erwarten und auch legitim, dass ein so großes Unternehmen wie KKR auch Kontakte in die Politik unterhält. Interessant ist aber, dass KKR nicht allein zu rein finanzpolitischen Themen das Gespräch sucht. Das belegt ein breiteres Engagement zu Gesetzgebungs- oder anderen politischen Prozessen in Deutschland.
KKR-Manager spenden an die FDP
Auch mehrere Parteispenden von zwei langjährigen KKR-Top-Managern deuten auf politisches Engagement in der Führungsspitze des Konzerns hin. Unter den Spender:innen der FDP des Jahres 2021 finden sich Johannes Huth und Philipp Freise, die der Partei jeweils 50.000 Euro zukommen ließen.
Schon im Jahr 2017 hatten die beiden Unternehmer laut Rechenschaftsberichten der Parteien an die FDP gespendet. Von Freise kamen damals 30.000 Euro, von Huth 20.000 Euro. Freise ließ damals außerdem der CDU 15.000 Euro zukommen. Mehr Spenden an Parteien können Sie in unserer Parteispenden-Datenbank recherchieren.
Huth ist der Europa-Chef von KKR und Freise Co-Leiter des Private-Equity-Geschäftes von KKR in Europa. Beide sind auch als Lobbyisten für KKR im deutschen Lobbyregister aufgeführt. Und: Beide sitzen für KKR im Aufsichtsrat von Springer, sind also direkt mit dem Springer-Konzern verbunden. Freise und Huth sagten gegenüber dem Magazin Spiegel, sie hätten ihre Spenden „als Privatperson/Bürger getätigt“ und wollten sich „gegenüber Dritten nicht weiter dazu äußern“. Das ist formal richtig. Dennoch stellt sich die Frage, ob zwei Top-Manager tatsächlich völlig frei von unternehmerischen Interessen spenden.
Es kommt nicht selten vor, dass Manager:innen oder Unternehmer:innen als Privatpersonen anstelle der Unternehmen selbst spenden. Hinzu kommt, dass KKR seinen Unternehmenssitz außerhalb der EU hat und deswegen nicht an Parteien spenden darf. Auch gleichzeitige Spenden an zwei verschiedene Parteien, wie bei Freise, entsprechen eher dem Spendenverhalten von Unternehmen, die sich den Zugang zur Politik sichern wollen, als dem von überzeugten Parteianhänger:innen. Expert:innen bezeichnen solche Streuspenden deshalb auch in manchen Fällen als „politische Landschaftspflege“. Klare Belege dafür, dass Huth und Freise tatsächlich auch aus unternehmerischem Interesse spendeten, sind das aber nicht.
Zusammengenommen dokumentieren diese Informationen ein gewisses Interesse von KKR an der deutschen Politik und speziell an energiepolitischen Themen. Das alles ist aber nicht an sich verwerflich – und letztlich auch nicht völlig überraschend. Es ist zu erwarten, dass ein großer Konzern wie KKR Kontakte in die Politik unterhält und sich auch in Politikbereichen engagiert, die Auswirkungen auf den Wert ihrer Investitionen haben. Auch bedeutet das noch lange nicht, dass KKR auch den Springer-Konzern genutzt hat, um politische Ziele zu erreichen.
Die Döpfner-Leaks
Das Verlagsgeschäft und die Konzernspitze des Springer-Konzerns sind getrennt. Formal können also der Vorstand oder gar der Aufsichtsrat, in dem KKR sitzt, gar keinen Einfluss auf die redaktionellen Inhalte nehmen. Dennoch gibt es starke Belege dafür, dass zumindest Springer-Chef Döpfner dies zumindest einmal umgangen hat - und zwar in den „Döpfner Leaks“. Im April 2023 veröffentlichte die Wochenzeitung „Die Zeit“ eine Auswertung von internen Dokumenten und Messenger-Nachrichten des Springer-Chefs Mathias Döpfner.
Zum einen offenbaren die Dokumente besorgniserregende Positionen des Verlagschefs zur Klimakrise. Zum anderen zeigen die geleakten Informationen, dass Döpfner zumindest versuchte, die Chefredaktion der Bild dahingehend zu beeinflussen, im Bundestagswahlkampf die FDP zu stärken. „Please stärke die FDP“, schrieb Döpfner zwei Tage vor der Wahl an den damaligen BILD-Chefredakteur Julian Reichelt. Eine Regierungsbeteiligung der Grünen sollte verhindert werden oder im Falle einer Ampel-Koalition diese durch Blockaden zum Platzen gebracht werden.
Die Chefredaktion der Bild dementierte auf Anfrage von NDR Panorama, dass eine Beeinflussung stattgefunden habe. Dennoch sind solche Ansagen aufgrund der Machtposition von Döpfner im Springer-Konzern gewichtig. Eine Auswertung der Bild-Berichterstattung im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 durch ZDF Panorama, zeigte, dass „nach diesen Textnachrichten und im Vorfeld der Bundestagswahl überwiegend positive Berichte über die FDP in der ‚Bild‘ erschienen.“
Doch was ist mit KKR? KKR hat wichtige Positionen im Konzern – und zieht nach eigenen Aussagen mit Konzernchef Döpfner an einem Strang. Doch Belege dafür, dass KKR entweder direkt oder indirekt über Mathias Döpfner redaktionelle Inhalte beeinflusst hat, gibt es nicht. Eine Sprecherin des Unternehmens Springer sagte zu LobbyControl, dass die „journalistische Unabhängigkeit“ eine „unverzichtbare Grundlage“ von Springer sei und durch Leitlinien und einen Code of Conduct abgesichert seien. Die Vermutung, dass KKR in redaktionelle Entscheidungen eingreifen könne, seien „absurd, und klar zurückzuweisen“. Weiter heißt es: „Wirtschaftliche Interessen bzw. die Interessen Dritter spielen in der Berichterstattung unserer Medien keine Rolle.“
Fazit: Medienkonzerne als mögliches Einfallstor für Lobbyinteressen
Zusammengesetzt ergeben die verschiedenen Puzzleteile nun folgendes Bild:
- KKR hat erheblichen Einfluss im Springer-Konzern und zieht mit Konzernchef Döpfner an einem Strang
- KKR hat ein Portfolio, indem fossile Investitionen eine große Rolle spielen - besonders auch LNG-Terminals
- KKR hat ein starkes Interesse am deutschen Markt
- KKR-Manager haben Geld an die FDP gespendet, die wiederum eine zentrale Rolle in der Abschwächung des Heizungsgesetzes spielte
- KKR lobbyiert aktiv in Deutschland – auch zu energiepolitischen Fragen
- Springer hat sich besonders gegen das Heizungsgesetz auffällig eingesetzt – politisch durchgesetzt wurde der Widerstand gegen das Heizungsgesetz durch die FDP
- Die „Döpfner-Leaks“ dokumentieren eine gewisse inhaltliche Beeinflussung durch den Konzernvorstand auf redaktionelle Inhalte. Auch hier sollte die FDP gestärkt werden.
Konkrete Belege, dass KKR den Springer-Konzern für politische Einfluss nutzt, sind das nicht. Um im Puzzle-Bild zu bleiben: Die Puzzleteile lassen sich allerdings durchaus so aneinander legen, dass sich Verbindungen und Auffälligkeiten zeigen. Der Medienkonzern macht Stimmung gegen das Heizungsgesetz und stärkt damit die FDP. Dies entspricht den Interessen der fossilen Gaslobby, zu der auch KKR zählt – und gerade die FDP war ihr wichtigstes Sprachrohr in der scheidenden Bundesregierung.
Auch wenn KKR den Springer-Verlag jetzt abstößt, bleibt ein Kernproblem bestehen: Medienkonzerne sind extrem wichtig für die politische Meinungsbildung und damit auch für unsere Demokratie. Wenn Medienkonzerne in Privatbesitz so enorme Machtkonzentration aufbauen wie beim Springer-Konzern, dann bildet das ein gefährliches Einfallstor für Lobbyinteressen. Allein nur das hypothetische Szenario, dass die fossile Lobby einen solchen Konzern übernehmen und für die Durchsetzung ihrer Interessen verwenden könnte, ist besorgniserregend.
Lobbyismus findet nicht nur im dunklen Hinterzimmer statt, sondern auch in der Öffentlichkeit. Lobbyakteure spielen hier praktisch über Bande: Sie verschieben mithilfe eigener Öffentlichkeitsarbeit zunächst den öffentlichen Diskurs in eine gewisse Richtung. Das hilft den Lobbyist:innen dann, ihre Interessen besser durchzusetzen, wenn sie bei Entscheidungsträger:innen anklopfen. Die Initiative Soziale Marktwirtschaft (INSM) ist das beste Beispiel für eine solche Form des „indirekten Lobbyismus“, mit der sie die klassische direkte Lobbyarbeit ihrer Geldgeber aus Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie flankiert. Hier werden Medien – neben politischen Entscheidungsträgern - selbst zum Adressaten und Mittel von Lobbyarbeit.
Politiker:innen sind abhängig von Medienberichterstattung und verfolgen diese eng. Kurz: Eine Politikerin wird es schwer haben, gegen starke mediale Kampagnen zu handeln – das hat die Auseinandersetzung um das Heizungsgesetz deutlich gezeigt. Das macht Medienkonzerne, in denen viel Meinungsmacht konzentriert ist, zu einem Druckmittel und Einfallstor für Lobbyinteressen. Auch hier wird Konzernmacht also zur Demokratiefrage.
Lobbykritische Recherchen kosten Zeit – und Geld.
Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit ihrer Fördermitgliedschaft.
Jetzt Fördermitglied werden!