Der Gaslobby-Verband Zukunft Gas propagiert gegenüber Öffentlichkeit und Politik, dass Deutschland weiter auf den Energieträger Gas setzen sollte – und geht dabei mit fragwürdigen Methoden vor.
Zukunft Gas trägt eine Mitverantwortung dafür, dass Deutschland eine zukunftsfähige Energie- und Wärmeversorgung ausgebremst hat – und sich stattdessen von russischem Gas abhängig gemacht hat. Das entspricht den Lobbyinteressen der Gaskonzerne, die bei Zukunft Gas Mitglied sind: u.a. Wintershall, Shell und die frühere Gazprom-Tochter Wingas.
Der Verband führt mit seiner Lobbyarbeit Verbraucher:innen in die Irre. So bewirbt er das Heizen mit Wasserstoff, obwohl sich Fachleute einig sind, dass dies viel zu teuer wäre. Außerdem bewarb Zukunft Gas noch das Heizen mit Gas als besonders günstig, als schon längst klar war, dass es auf absehbare Zeit immer teurer werden wird.
Zukunft Gas spannt Stadtwerke vor Lobby-Karren
Um seinen Lobby-Botschaften mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, hat der Verband um die Mitgliedschaft vieler Stadtwerke geworben. Denn diese genießen als lokale Versorgungsunternehmen in der Regel einen guten Ruf vor Ort. Noch immer sind über 50 Stadtwerke und kommunale Unternehmen Mitglied bei Zukunft Gas. Sie machen sich damit Lobbypositionen der Gasindustrie zu eigen.
Zukunft Gas spannt die Stadtwerke über Heizungsaustausch-Werbung oder die Plattform H2kommunal gezielt in seine Lobbystrategien ein. Dort wird den Stadtwerken vorgegaukelt, dass das Heizen mit Gas weiterhin zukunftsfähig sei. Dieses Versprechen wirkt wie ein Freibrief zum Nichtstun - und bremst die kommunale Energie- und Wärmewende aus.
Das ist äußerst problematisch, weil dies den Interessen ihrer Kundinnen und Kunden nach langfristig bezahlbaren und zukunftsfähigen Energiepreisen und ihrem Gemeinwohlauftrag widerspricht. Denn klar ist: Erdgas wird auf absehbare Zeit immer teurer werden, es drohen weitere Abhängigkeiten – und es schadet, anders als oft erzählt, enorm dem Klima.
Offener Brief an Stadtwerke
Wir haben einen offenen Brief an die Stadtwerke geschrieben, in dem wir an sie appellieren, aus Zukunft Gas auszutreten. Wir wollen nicht, dass Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Gasrechnung die Lobbyarbeit für langfristig teure und klimaschädliche Geschäftsmodelle unterstützen. Erste Stadtwerke sind schon aus Zukunft Gas ausgetreten, nun müssen weitere folgen.
Bitte helfen Sie mit, die Stadtwerke zum Austritt aus Zukunft Gas zu bewegen und so einen fragwürdigen Lobbyverband zu schwächen. Mehr als 40 Stadtwerke sind bereits aus Zukunft Gas ausgetreten. Nun müssen weitere Stadtwerke diesem guten Beispiel folgen. Unterzeichnen Sie jetzt unseren Appell an die Stadtwerke!
Sehr geehrte Verantwortliche in den Stadtwerken,
Ihr Unternehmen ist Mitglied im Gaslobbyverband Zukunft Gas. Dieser wirbt und lobbyiert mit fragwürdigen Methoden für die Fortsetzung des Geschäfts mit Erdgas. Das widerspricht dem gesamtgesellschaftlichen Ziel einer zukunftsfähigen, bezahlbaren und sicheren Energieversorgung.
Mit Ihrer Mitgliedschaft bei Zukunft Gas machen Sie sich die fossilen Lobbyinteressen großer Gaskonzerne wie Wintershall, Shell oder der früheren Gazprom-Tochter Wingas zu eigen. Zugleich erlauben Sie dem Lobbyverband, seine Eigeninteressen hinter dem guten Ruf der Stadtwerke zu verstecken.
Setzen Sie sich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger für eine zukunftsfähige kommunale Energie- und Wärmeversorgung ein, anstatt sich vor den Lobby-Karren der Gasindustrie spannen zu lassen: Treten Sie aus dem Gaslobbyverband Zukunft Gas aus!
Mit freundlichen Grüßen
Hintergrund
Wer ist der Gaslobbyverband Zukunft Gas?
Der Lobbyverband Zukunft Gas hat sich 2013 unter dem Namen Zukunft Erdgas gegründet. Er macht Lobby- und PR-Arbeit im Auftrag seiner Mitglieder aus der Gasindustrie. Dazu zählen große Gaskonzerne wie Wintershall DEA, VNG, Uniper Energy Sales, Shell und die frühere Gazprom-Tochter Wingas. Außerdem sind waren über 100 Stadtwerke und kommunale Gasversorger Mitglied in dem Verband. Der Verband kooperiert zudem mit Heizungsherstellern und deren Lobbyverband.
Zukunft Gas macht massiv Druck dafür, dass Deutschland noch möglichst lange und in vielen Bereichen auf das klimaschädlich und absehbar immer teurere Erdgas setzt. Durch seine Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit hat der Verband dazu beigetragen, dass Deutschland von russischem Gas abhängig und der Umstieg auf eine bezahlbare und zukunftsfähige Energie- und Wärmeversorgung ausgebremst wurde.
Zukunft Gas inszeniert das fossile Erdgas als vermeintliche Zukunftsenergie und führt Öffentlichkeit und Politik damit in die Irre. Der Verband führt dazu u.a. Anzeigen-Kampagnen durch, sponsert Parteitage und Journalisten-Kongresse und bindet Politiker:innen über seinen Beirat in seine Lobbyarbeit ein. Aufsichtsratsvorsitzender ist der frühere CDU-Politiker und heutige einflussreiche Gaslobbyist Friedbert Pflüger.
Warum ist der Verband Zukunft Gas problematisch?
Zukunft Gas betreibt Greenwashing, indem er fossiles Gas als vermeintlich „grün“ oder „kohlenstoffarm“ darstellt. Er bewirbt zudem Wasserstoff zum Heizen, obwohl laut Fachleuten längst klar ist, dass dies in aller Regel viel zu teuer und kaum praktikabel sein wird. Das eigentliche Interesse dahinter ist klar: Die Gaskonzerne, die bei Zukunft Gas Mitglied sind, wollen noch möglichst lange weiter Erdgas verkaufen und dafür auch die entsprechende Infrastruktur erhalten. Und die Heizungsunternehmen, die mit Zukunft Gas zusammenarbeiten, wollen noch möglichst lange ihre Gaskessel verkaufen. Das ist eine Irreführung der Verbraucher:innen und widerspricht deren Interesse an einer langfristig bezahlbaren und zukunftsfähigen Energie- und Wärmeversorgung.
Noch im Herbst 2021 bewarb der Verband Gas in großflächiger Außenwerbung als preisgünstig, obwohl schon damals Preissteigerungen zu erwarten waren. Selbst im Herbst 2022 warb der Verband noch für den Einbau neuer Gaskessel, während gleichzeitig die Gaspreise bereits explodierten. Dies war Teil einer finanzschweren Kampagne zum Verkauf weiterer Gasheizkessel und dem Erhalt der bestehenden fossilen Gasinfrastruktur.
Warum sollten Stadtwerke aus Zukunft Gas austreten?
Die meisten Stadtwerke sind mehrheitlich in kommunaler Hand und deshalb dem Gemeinwohl und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort verpflichtet. Die Aufgabe von Stadtwerken ist es, die Verbraucher:innen vor Ort zuverlässig zu versorgen – u.a. mit Energie und Wärme. Sie sind außerdem vielfältig vor Ort engagiert und genießen deshalb in aller Regel einen guten Ruf. Zudem sind Stadtwerke wichtige Akteure bei der Gestaltung der Energie- und Wärmeversorgung der Zukunft. Deshalb ist es auch richtig und notwendig, dass Stadtwerke ihre Interessenvertretung gegenüber der Politik bündeln, etwa im Verband der kommunalen Unternehmen (VKU).
Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum Stadtwerke Teil eines Lobbyverbands sind, der sich entgegen den Verbraucherinteressen für die langfristige Fortsetzung von Erdgas-Geschäften einsetzt – und dabei auch noch irreführende Kampagnen organisiert. Das widerspricht dem Gemeinwohlauftrag der Stadtwerke. Die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sollten darauf vertrauen können, dass ihre Stadtwerke mit voller Kraft daran arbeiten, in der Energie- und Wärmeversorgung von Erdgas unabhängig zu werden und so langfristig eine sichere, bezahlbare und zukunftsfähige Versorgung zu gewährleisten. Dieses Ziel ist kaum mit den Lobbyinteressen der Gaskonzerne und der Arbeit von Zukunft Gas vereinbar.
Sind Stadtwerke bereits aus Zukunft Gas ausgetreten?
Ja, zahlreiche Stadtwerke sind bereits aus Zukunft Gas ausgetreten, nachdem es erste Anfragen gab, warum sie dort Mitglied seien. Das Stadtwerk Enercity in Hannover ist nach einer Neuorientierung auf Erneuerbare Energien bereits 2016 ausgetreten. Seit August 2022 sind 44 weitere Stadtwerke von der Mitglieder-Webseite von Zukunft Gas verschwunden, die meisten haben ihren Austritt bestätigt. Die Stadtwerke Bonn erklärten beispielsweise gegenüber LobbyControl, dass ihre Mitgliedschaft für ihre „Agenda der CO2-Neutralität bis 2035 keinen Mehrwert geboten“ habe. Die Stadtwerke Elmshorn sagten der Schleswig-Holsteinischen Zeitung, dass sie aus fossilen Brennstoffen aussteigen wollen und deshalb keine Gaslobby-Verband brauchen. Offenbar haben einige Stadtwerke bereits verstanden, dass ihre Mitgliedschaft in einem Gaslobby-Verband nicht im Interesse ihrer Kundinnen und Kunden ist und ihrem guten Ruf schaden kann.
Wo finde ich Informationen darüber, ob mein Stadtwerk Mitglied bei Zukunft Gas ist?
Auf der Webseite von Zukunft Gas sind die Mitglieder des Lobbyverbands in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet, dort können Sie nach Ihrem Stadtwerk suchen. Sie können natürlich auch bei Ihrem Stadtwerk vor Ort nachfragen. Außerdem gibt es hier eine interaktive Karte, auf der Sie prüfen können, ob Ihr Stadtwerk Mitglied ist oder vielleicht sogar schon ausgetreten ist: https://zukunft-gasfrei.de/. Dort gibt es auch Hinweise für Gruppen, die sich lokal engagieren wollen, die Organisation 350.org unterstützt dabei.
Was steht im offenen Brief an die Stadtwerke?
An die Stadtwerke, die Mitglied im
Gas-Lobbyverband Zukunft Gas sind
Berlin, 20. April 2023
Appell für einen Austritt aus dem Gas-Lobbyverband Zukunft Gas
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihr Unternehmen ist Mitglied im Gas-Lobbyverband Zukunft Gas, wie wir dessen Webseite entnehmen. Zukunft Gas vertritt die Interessen der Gasindustrie und setzt sich vor allem für die Fortsetzung des Geschäfts mit dem fossilen Gas ein. Das steht sowohl im Konflikt mit den Pariser Klimazielen als auch einer langfristigen und bezahlbaren Versorgungssicherheit mit Wärme - und widerspricht damit auch den Interessen Ihrer Kundinnen und Kunden. Mit Ihrer Mitgliedschaft unterstützen Sie die Lobbyinteressen der Erdgasindustrie. Deswegen fordern wir Sie höflichst auf: Treten Sie aus dem Lobbyverband Zukunft Gas aus!
Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler plädieren dafür, möglichst schnell aus dem Erdgas auszusteigen – auch in der Wärmeversorgung. Zukunft Gas hat dagegen dazu beigetragen, Deutschland langfristig von Erdgas abhängig zu machen und damit auch den Umstieg auf zukunftsfähige Alternativen auszubremsen - und propagiert weiterhin, dass Deutschland noch möglichst lang und breit auf Erdgas setzen sollte. Bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine hat der Verband auch die Interessen der russischen Gaswirtschaft mitvertreten, wie die Verbandsmitgliedschaft von früheren Tochterfirmen von Gazprom Germania zeigt. Die Methoden von Zukunft Gas sind häufig fragwürdig: Noch im Herbst 2021 hat Zukunft Gas das Heizen mit Gas als besonders preisgünstig angepriesen - trotz schon damals drohender Preissteigerungen. Der Verband propagiert auch den Einsatz vermeintlich „klimafreundlicher Gase“, obwohl etwa laut Sachverständigenrat für Umweltfragen tatsächlich klimafreundliche Gase zum Heizen viel zu teuer und ineffizient sind.
Stadtwerke genießen traditionell einen guten Ruf - dank ihrer Verpflichtung auf das Gemeinwohl und ihres regionalen Engagements. Stadtwerke sind zudem zentrale Akteure für die zukunftsfähige Entwicklung der kommunalen Versorgung. Deshalb ist es wichtig und notwendig, dass Stadtwerke ihre Interessenvertretung gegenüber der Politik bündeln, so etwa über den VKU oder den BDEW. Nicht nachvollziehbar ist es jedoch, dass Ihr Stadtwerk durch seine Mitgliedschaft bei Zukunft Gas die spezifischen Eigeninteressen der Gasindustrie fördert. Damit machen Sie sich nicht nur die Lobbyinteressen des Verbands und der Gasindustrie zu eigen, sondern erlauben es dem Verband auch, sich mit der Mitgliedschaft und dem guten Ruf von Stadtwerken zu schmücken. Lassen Sie sich nicht vor den Lobby-Karren der Gasindustrie spannen!
Ihre Kundinnen und Kunden dürfen erwarten, dass ihre Stadtwerke mit voller Kraft daran arbeiten, in der Wärmeerzeugung von Erdgas unabhängig zu werden und eine nachhaltige, sichere Versorgung mit Wärme auch in Zukunft zu gewährleisten. Wir appellieren deshalb an Sie: Fokussieren Sie sich auf die Interessen Ihrer kommunalen Eigentümer und Ihrer Kundinnen und Kunden an zukunftsfähiger Wärmeversorgung. Ziehen Sie sich aus dem Erdgas-Lobbyverband Zukunft Gas zurück!
Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung und stehen bei Fragen gern jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Imke Dierßen
Politische Geschäftsführerin LobbyControl e.V.