Lobbyismus und Klima

Thomas Bareiß: Wie nah steht er den Aserbaidschan-Lobbynetzwerken?

Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär der CDU im Wirtschaftsministerium, pflegte engere Kontakte mit den Akteuren des Aserbaidschan-Lobbyskandals als bisher bekannt. Jahrelang hat Bareiß nicht öffentlich gemacht, dass er im Kuratorium eines Lobbyverbands war, der das Image des autokratisch geführten Staats aufpoliert.
von 2. Mai 2021

Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär der CDU im Wirtschaftsministerium, pflegte engere Kontakte mit den Akteuren des Aserbaidschan-Lobbyskandals als bisher bekannt. Jahrelang hat Bareiß bei den Angaben zu seinen Nebentätigkeiten im Bundestag nicht öffentlich gemacht, dass er im Kuratorium eines Lobbyverbands war, der das Image des autokratisch geführten Staats aufpoliert. Ein Strippenzieher der Aserbaidschan-Connection hatte ihn schon 2007 angeworben – gemeinsam mit zentralen Figuren im Aserbaidschan-Lobbyskandal. Bareiß bestreitet, dass er die Kuratoriums-Mitgliedschaft tatsächlich damals schon angenommen hat. Doch die Vereinsunterlagen legen eine andere Lesart nahe.

Die Aserbaidschan-Connection der Union: mehr als nur Einzelfälle

Seit langem kritisieren Menschenrechtsorganisation die mangelnde Pressefreiheit und Demokratiedefizite in Aserbaidschan. Das Land im Südkaukasus wird seit fast 20 Jahren von Präsident Ilham Aliyev autokratisch regiert. Dieser investiert enorme Summen dafür, das Image seines Landes von derartigen Vorwürfen reinzuwaschen. Auch deutsche Abgeordnete haben dafür Geld genommen.

Bareiß und die Aserbaidschan-Connection. (Grafik mit Klick vergößern)

In den vergangenen Wochen hat sich gezeigt, dass es in der CDU/CSU-Fraktion ein gut gepflegtes Netzwerk mit fragwürdigen Verbindungen nach Aserbaidschan gibt: Mark Hauptmann, Karin Strenz, Axel Fischer und Eduard Lintner sind nur einige der Namen. Gegen alle ermittelt die Staatsanwalt wegen Verdacht auf Korruption oder prüft Ermittlungen. Eduard Lintner erhielt rund vier Millionen Euro aus Aserbaidschan. Das Geld setzte er für Lobbyarbeit zugunsten des Regimes ein und verteilte einen Teil an weitere Politiker:innen in Deutschland und Belgien, die sich regimefreundlich verhielten oder äußerten. Bis heute ist nicht bekannt, wer alles Gelder erhalten hat. Die Fraktion der CDU/CSU lässt dennoch die Aufklärung schleifen

Thomas Bareiß‘ ungute Nähe zu regimefreundlichen Netzwerken

Welche Rolle spielt nun der parlamentarische Staatssekretär Thomas Bareiß in diesem Netzwerk? Das Magazin Vice zeichnete kürzlich nach, dass Bareiß seit 2007 fünf Mal nach Aserbaidschan gereist ist. Eine der Reisen unternahm er auf Initiative von Eduard Lintner, einem der Hauptstrippenzieher im Aserbaidschan-Skandal. Bei vier weiteren Reisen begleitete ihn ein Geschäftsmann und Ex-Politiker, der immer wieder die Menschenrechtssituation und die Demokratie in dem Land beschönigt hat: Otto Hauser. Bekannt ist auch, dass Bareiß mit mehreren Personen des Skandals über den CDU-Landesverband eng verbunden ist. Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle fragte er außerdem im Auftrag Aserbaidschans bei einem deutschen Hersteller von Medizintechnik den Stand einer Lieferung von rund 150 Beatmungsgeräten ab.

Noch unbekannte Unterlagen zeigen nun: Bareiß wurde bereits 2007 als Mitglied im Kuratorium des regimefreundlichen Lobbyforums Deutsch-Aserbaidschanisches Forum angeworben. Doch das hatte er bei seinen veröffentlichungspflichtigen Nebentätigkeiten nicht angegeben – ein Verstoß gegen die Transparenzpflichten des Bundestags. Er wurde damals gleichzeitig mit zentralen Figuren des Aserbaidschan-Skandals angeworben. Außerdem zeigen unsere Recherchen, dass Bareiß in den vergangenen Jahren regelmäßig auf den staatlichen aserbaidschanischen Öl- und Gaskonzern „State Oil Company of Azerbaijan Republic“ (SOCAR) traf und sich für Aserbaidschan als Transit- und Förderland für Gas starkmachte.

Eine Reisegruppe wird zum Kuratorium des deutsch-aserbaidschanischen Forums

Laut Satzung widmet sich das Deutsch-Aserbaidschanische Forum (DAF) dem Austausch und der Pflege der Beziehungen zwischen Deutschland und Aserbaidschan. Faktisch hat der Verein sich wohl eher dem Ziel gewidmet, dem System eine weiße Weste zu verschaffen und Geschäftsbeziehungen zu ermöglichen. Das DAF agiert de facto als regimefreundliches Lobbyforum. Vorsitzender des Verein war 2007 Otto Hauser – ein Mann mit guten Beziehungen zum aserbaidschanischen Regime. Der Geschäftsmann aus Göppingen, ehemaliger parlamentarischer Staatssekretär und in den 1990er Jahren kurzzeitig Regierungssprecher unter Helmut Kohl, gilt als einer der Strippenzieher in dem Beziehungsgeflecht zwischen Unions-Abgeordneten, Lobbyisten und dem aserbaidschanischen Regime. Neuen Recherchen der Süddeutschen Zeitung zufolge flossen auch an ihn Zahlungen aus Aserbaidschan.

Im August 2007 reiste Thomas Bareiß in Begleitung der Unionsabgeordneten Andreas Schockenhoff, Axel Fischer und Eduard Lintner nach Aserbaidschan. Gegen Fischer und Lintner ermittelt mittlerweile die Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsverdacht. Im Gespräch mit LobbyControl sagte Axel Fischer, dass die Reise von Otto Hauser initiiert worden sei. Die Reise machte bei den Teilnehmern offenbar Eindruck: Nur einen Monat später, im September, warb Hauser die Mitglieder der Reisegruppe erfolgreich als Kuratoriumsmitglieder für sein Forum an, wie das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 4.12.2007 zeigt – auch Thomas Bareiß.

Screenshot des Protokolls der Mitgliederversammlung von September 2007 zum Top Bericht über das Kuratorium. (Mit Klick vergrößern)

 

Unterschlug Bareiß seine Mitgliedschaft im Kuratorium?

Diese Mitgliedschaft im Kuratorium des regimefreundlichen Vereins gab Bareiß aber erst 2013 an, also Jahre später. Es gibt zunächst keinen Anlass, die Korrektheit der Angaben aus dem Sitzungsprotokoll anzuzweifeln. Das bedeutet, dass Bareiß damals gegen die Veröffentlichungspflichten des Deutschen Bundestags verstieß, denen zufolge alle Nebentätigkeiten angegeben werden müssen, auch ehrenamtliche.

Wir haben bei Thomas Bareiß nachgefragt, warum er seine Kuratoriumsmitgliedschaft jahrelang nicht angegeben hat. Bareiß bestätigt uns, dass er 2007 an einer Kuratoriumssitzung teilgenommen hat – seiner Aussage nach aber als „Gesprächsgast“ in seiner damaligen Funktion als Mitglied im Europa-Ausschuss des Bundestags. Damals sei laut Bareiß auch über eine  „mögliche Kuratoriumsmitgliedschaft meinerseits“ gesprochen worden, diese sei aber „nicht formal vollzogen worden“. Die „formale Aufnahme“ sei erst auf der Mitgliederversammlung 2013 erfolgt, woraufhin er seine Mitgliedschaft auch korrekt beim Bundestag angegeben habe.

In den Unterlagen zur Vereins-Mitgliederversammlung 2013, die uns vorliegen, wurde aber damals kein Kuratorium formal eingerichtet oder gewählt. Es wurden lediglich neue, ungenannte Mitglieder aufgenommen. Wurde Bareiß 2013 formal als Mitglied aufgenommen und gibt er dies nun als Beleg dafür an, dass er vorher ja gar nicht „formal“ im Kuratorium gewesen sei? Die Frage einer ordentlichen Vereinsmitgliedschaft ist aber ein separater Vorgang. Nach LobbyControl-Informationen gibt es in der Satzung keine Anforderung, dass Kuratoriumsmitglieder auch Vereinsmitglieder sein müssen. Demnach war die Aufnahme von Bareiß in das Kuratorium bereits 2007 wirksam, so wie das auch formal im Protokoll der Mitgliederversammlung festgehalten wurde. Belege, die die Korrektheit des Sitzungsprotokolls von 2007 widerlegen, gibt es bislang keine.

Update vom 8.7.2021:

Das Deutsch-Aserbaidschanische Forum hat uns inzwischen bestätigt: Die Mitgliederversammlung hat 2006 der Einrichtung eines Kuratoriums zugestimmt, die Benennung der einzelnen Mitglieder obliegt aber dem Vorstand, nicht der Mitgliederversammlung. Zwar sei diese Berufung 2007 tatsächlich nicht formal erfolgt, dies sei aber gar nicht weiter aufgefallen. Der Vorstand selbst ging 2007 auf der Mitgliederversammlung davon aus, das Kuratorium berufen zu haben – Bareiß hätte seine Rolle damals angeben müssen.

Herr Bareiß hat nicht auf unsere Nachfragen geantwortet, wann er selbst erfahren habe, dass die Berufung nicht den formalen Anforderungen genügt habe. Er hat ja gesagt, dass 2007 seine Mitgliedschaft Thema war. Laut MV-Protokoll 2007 wurde er auch berufen. D.h. er muss der Mitgliedschaft zugestimmt haben. Aber auch eine explizite Nachfrage dazu hat er nicht beantwortet. Ende des Updates

Bareiß schreibt außerdem, er habe „zwischen 2007 und 2013 auch an keiner Kuratoriumssitzung oder einer anderen Veranstaltung des deutsch-aserbaidschanischen Forums teilgenommen“. Wurde also das Kuratorium 2007 ernannt, nahm aber erst 2013 richtig seine Arbeit auf? Ungeachtet aller formalen Fragen ist klar: Bareiß war schon 2007 von Hauser angefragt und bereit, Mitglied in den deutsch-aserbaidschanischen Netzwerken zu werden, Dies war aber wegen der fehlenden Offenlegung für die Öffentlichkeit und Wählerinnen und Wähler bis 2013 nicht sichtbar. Auch jenseits formaler Kuratoriumssitzungen blieben die Kontakte zwischen Bareiß und der Aserbaidschen-Connection rund um das Deutsch-Aserbaidschanische Forum, Otto Hauser und Eduard Lintner eng.

Reisen mit den zentralen Strippenziehern Otto Hauser und Eduard Lintner

Das belegt vor allem die rege Reisetätigkeit von Thomas Bareiß. Im Jahr 2010 reiste der damalige Bundestagsabgeordnete erneut nach Aserbaidschan, die Reisekosten übernahm der Bundestag, wie Bareiß selbst angibt. Mit dabei wieder: Strippenzieher Otto Hauser. Dieser war im gleichen Jahr von der Republik Aserbaidschan zum Honorarkonsul ernannt worden. Vorher, im Jahr 2008, hatte er auf eigene Faust die Präsidentschaftswahlen beobachtet. Während zahlreiche Organisationen fairen Wettbewerb bemängelten, kam Hauser zu dem Ergebnis, dass die Wahl „frei, fair und demokratisch“ gewesen sei und internationalen Regeln entsprochen habe.

Weitere Kontakte gab es auch zu Eduard Lintner – Bareiß‘ Reisegefährte auf seiner ersten Aserbaidschan-Reise, mit dem er im Anschluss gemeinsam für das Kuratorium des Deutsch-Aserbaidschanischen Forum angeworben wurde. Lintner ist eine Schlüsselfigur der Aserbaidschan-Connection: Der frühere CSU-Abgeordnete erhielt über seine eigene Lobbyfirma „Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen“ (kurz GEFDAB) etwa vier Millionen Euro aus Aserbaidschan. Mit diesen Geldern berichtete er positiv über Staatspräsident Alijew und dessen Regime und leitete Teilsummen an andere regimefreundliche Politiker:innen weiter. Von eben jener Lobbyfirma ließ sich Bareiß im Jahr 2012 eine Reise nach Aserbaidschan finanzieren – ein fragwürdiger Vorgang.

Bareiß' Praktikantin wird Aserbaidschan-Lobbyistin

Eine weitere Personalie aus Bareiß‘ Netzwerk führt zu Karin Strenz, der kürzlich verstorbenen CDU-Bundestagsabgeordneten, gegen die bis zu ihrem Tod wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit Aserbaidschan ermittelt wurde. Ellada Matsoukatidou hatte im Jahr 2006 vier Wochen lang als Praktikantin für Thomas Bareiß gearbeitet, bevor sie einige Jahre später für Eduart Lintners Lobbyfirma GEFDAB arbeitete.

Dort war sie Mitarbeiterin, als Thomas Bareiß im Jahr 2012 auf Kosten der Firma in den Südkaukasus reiste. Einige Jahre später im Jahr 2015 gründete Matsoukatidou gemeinsam mit Karin Strenz die Beratungsfirma Extent. Bis heute ist ungeklärt, für welche Kunden die Firma arbeitete oder welche Aufträge sie anstrebte. Klar ist aber, dass Strenz zuvor Gelder von Lintner für angebliche Beratungstätigkeiten erhalten hatte – und ebenfalls daran beteiligt war, das aserbaidschanische Regime reinzuwaschen.

Auf unsere Anfrage erklärte Bareiß, dass Matsoukatidou sich initiativ beworben habe. Da sie keine aserbaidschanische Staatsbürgerschaft hatte und es auch sonst keine erkennbaren Verbindungen gab, habe er zum Zeitpunkt ihres Praktikums 2006 keinerlei Anlass gehabt, eine Verbindung nach Aserbaidschan anzunehmen. Die Rolle Matsoukatidous in Bareiß‘ Netzwerk bleibt nebulös. Das Magazin Vice hat in einem aktuellen Artikel recherchiert, wie gut ausgebildete, regimenahe Praktikant:innen, die überwiegend bereits vor ihrem Praktikum in Deutschland lebten, im Rahmen des internationalen Praktikanten-Programm des Bundestags Praktikumsplätze bei Abgeordneten erhielten. Schlüssel hierzu waren fragwürdig besetzte Auswahlgremien.

Energiepolitiker und Gas-Verfechter trifft auf den staatlichen Öl- und Gaskonzern Socar

Eine wichtige Verbindungslinie zwischen Aserbaidschan und Bareiß scheint das Geschäft mit den fossilen Energien zu sein. Kritiker zählen Bareiß zu den zentralen Energiewende-Bremsern in der Bundesregierung. Besonders auffällig ist, wie er sich für den Einsatz von Gas als „Brückentechnologie“, das noch lange gebraucht werde, stark macht. Dazu pflegt er auch in Deutschland gute Kontakte zur Gasindustrie – so etwa durch seine langjährige Beiratstätigkeit in der Gaslobbyorganisation Zukunft Erdgas (heute Zukunft Gas).

Aserbaidschan ist ein Schlüsselstaat für Gasgeschäfte – sowohl als Liefer- als auch als Transitstaat. Die Interessen der deutschen Gasindustrie an Aserbaidschan sind daher hoch, ebenso wie die Interessen Aserbaidschans, noch lange Öl und Gas in die EU zu transportieren. Zu Bareiß‘ Terminen in Aserbaidschan, aber auch in Deutschland, gehörten zahlreiche Begegnungen mit dem staatlichen aserbaidschanischen Öl- und Gaskonzern „State Oil Company of Azerbaijan Republic“ (SOCAR).

So organisierte Bareiß 2016 als Beauftragter für Energiepolitik einen „Energiepolitischen Dialog“ für die Unions-Bundestagsfraktion – mit dabei: Elmar Mamedov, der Leiter der deutschen Repräsentanz von SOCAR sowie ein Vertreter des Erdölkonzerns BP, der an Öl- und Gasprojekten in Aserbaidschan beteiligt ist.

SOCAR war außerdem Sponsor des „1. deutsch-aserbaidschanischen Wirtschaftsdialogs“ im Jahr 2018, zum dem der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann gemeinsam mit der aserbaidschanischen Botschaft eingeladen hatte. Bareiß trat dort als Hauptredner auf. Hauptmann musste kürzlich sein Mandat niederlegen, weil in seiner Wahlkreiszeitung fragwürdige Werbeanzeigen aus Aserbaidschan erschienen und er in Maskendeals verwickelt war. Weitere Unterstützer der Veranstaltung waren das Gasunternehmen UNIPER und Herrenknecht, ein großer Hersteller u.a. von Bohranlagen für Öl und Gas.

2019 nahm Bareiß am von SOCAR unterstützten und vom Deutsch-Aserbaidschanischen Forum organisierten Symposium zu „Sicherheit und Stabilität im Südkaukasus“ teil. Und natürlich gehörte auch bei der Delegationsreise, die er als Staatssekretär 2019 nach Aserbaidschan leitete, ein Besuch bei SOCAR dazu. Mit dabei war wieder Otto Hauser, der mit SOCAR-Deutschlandchef Mamedov auch gemeinsam im Vorstand des Deutsch-Aserbaidschanischen Forum sitzt. Hier schließen sich die bekannten Kreise wieder.

Hat Bareiß wirklich nichts gewusst?

Welche Rolle spielt Bareiß in der „Aserbaidschan-Connection“, wie viel wusste er von den dubiosen Geldflüssen und den fragwürdigen Aktivitäten zugunsten des aserbaidschanischen Regimes? Es ist schwer zu glauben, dass er wirklich nichts von den Geschäften Lintners gewusst hat – er müsste die Augen schon fest vor der Wahrheit verschlossen haben oder äußerst uninformiert auf diese Reisen gegangen sein. Beides wirft kein gutes Licht auf ihn.

Denn unter Experten galt Eduard Lintner schon 2012 befangen – also zum Zeitpunkt Bareiß‘ zweiter Reise, die sich Bareiß von Lintners Lobbyfirma bezahlen ließ. Der Spiegel berichtete bereits im Januar 2012, dass Lintners Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen (Gefdab) von Aserbaidschan bezahlt werde. Im Mai zeichnete die Denkfabrik "European Stability Initiative" (ESI) nach, wie Aserbaidschan mit „Kaviar-Diplomatie“ Politiker:innen im Europarat gefügig machte und identifizierte Eduard Lintner als deutsche Schlüsselfigur des Netzwerks.

Doch Bareiß bestreitet im Nachhinein, von diesen Vorwürfen gewusst zu haben. Gegenüber dem taz-Journalisten Malte Kreutzfeldt, erklärte er: „Zum Zeitpunkt, als ich 2012 die Reise angetreten habe, waren mir keine Meldungen über Kritik, Unregelmäßigkeiten bzw. Vorwürfe bekannt. Ich bin mir sicher, wären mir die später öffentlich gewordenen Vorwürfe bereits bekannt gewesen, hätte ich mich damals sicher anders entschieden“. Auch wir haben Thomas Bareiß gefragt, ob ihm die Vorwürfe gegen Lintner nicht bekannt gewesen seien. Seine Antwort: Er habe zum Zeitpunkt der Reise keine Kenntnis über die Rolle Lintners als Aserbaidschan-Lobbyist gehabt. Die Finanzierung der Gefdab durch Aserbaidschan sei ihm nicht bekannt gewesen.

Bareiß und Aserbaidschan: Aufklärung weiter notwendig

Als Bareiß im März 2018 Staatssekretär im Wirtschaftsministerium wurde, beendete er verschiedene Nebentätigkeiten, darunter auch seine Mitgliedschaft im Deutsch-Aserbaidschanischen Forum. Doch seine engen Kontakte setzte er fort. Noch 2019 lobte Thomas Bareiß die „verlässlichen Beziehungen“ mit Aserbaidschan und stellte sich als „Freund Aserbaidschans“ dar.

Nachdem im Zuge der CDU-Maskenaffäre auch vermehrt über die Aserbaidschan-Affäre der Union berichtet wird, sind auch von Bareiß zerknirschte Stimmen zu hören. Doch die Karten liegen bei Weitem noch nicht alle auf dem Tisch. Ist Bareiß wirklich so arglos, oder hat er die fragwürdigen Geschäfte seiner Aserbaidschan-Connection billigend in Kauf genommen? Welche Rolle spielt er in dem Netzwerk und was führt ihn immer wieder nach Aserbaidschan und zu Treffen mit dem staatlichen Energiekonzern? Wo Gelder fließen, damit Abgeordnete Berichte über Menschenrechtsverletzungen zum Verstummen bringen oder die Weste autokratischer Regime reinwaschen, dürfen die Kolleg:innen nicht wegschauen. Sowohl Thomas Bareiß als auch die CDU müssen endlich selbst die Aufklärung der Aserbaidschan-Connection vorantreiben – und nicht erst unter Druck stückchenweise Informationen herausgeben.

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