Steffen Prößdorf - CC-BY-SA 4.0
Lobbyregister

Bundestag beschließt verbessertes Lobbyregister

Mit der für heute Nacht im Bundestag geplanten Abstimmung nimmt die Reform des Lobbyregister-Gesetzes die finale Hürde. Wir haben uns intensiv dafür eingesetzt, dass das Gesetz nachgeschärft wird.

von 19. Oktober 2023

Mit der Verschärfung des Lobbyregisters ist eines der zentralen Vorhaben der Ampelkoalition im Bereich Transparenz und Demokratie nun endlich auf der Zielgraden. Nach langen Verhandlungen haben sich SPD, Grüne und FDP letzte Woche auf eine umfassende Reform der Lobby-Regeln geeinigt, heute Nacht wird nun das Gesetz final abgestimmt und ab März 2024 tritt es in Kraft.

Die Verschärfung des Lobbyregisters war dringend nötig, um damit wirklich die erhoffte Transparenz über Lobbyist:innen, ihre Finanzierung und ihre Ziele zu erhalten. Dafür mussten Lücken im Gesetz gestopft und Schwächen ausgebessert werden, um die Angaben der Lobbyist:innen aussagekräftiger zu machen. Daher haben wir den Gesetzgebungsprozess zum Lobbyregister intensiv begleitet.

Dass die Ampelfraktionen sich nach zähen Verhandlungen unter Beteiligung der Bundesministerien – und den Einflussversuchen zahlreicher Lobbyakteure – einigen konnten, war nicht selbstverständlich. Trotz vieler Versuche, die Reform an wesentlichen Stellen aufzuweichen, kann sie sich im Ergebnis sehen lassen. Viele unserer Forderungen wurden aufgegriffen, wenn auch zum Teil mit Abstrichen.

Mehr Angaben werden verpflichtend

Alle Lobbyakteure müssen nun konkret angeben, auf welche Gesetze oder Entscheidungen ihre Lobbyarbeit zielt. Bisher war das lediglich freiwillig. Zudem müssen künftig auch Stellungnahmen, aus denen die grundlegende Position hervorgeht, direkt in das Register hochgeladen werden. Das gilt auch dann, wenn sich die Lobbyarbeit auf Gesetzgebung in der Europäischen Union bezieht. Dafür hatten wir uns besonders eingesetzt, denn welche Position die Bundesregierung in Brüssel bei wichtigen Fragen etwa in der Klima- und Energiepolitik, der Landwirtschaft oder der Regulierung von Chemikalien trifft, ist von großer Bedeutung – für uns alle, aber eben auch für Unternehmenslobbyist:innen.

Wenn Lobby-Agenturen, Kanzleien oder ehemalige Abgeordnete, die inzwischen als Lobbyist:innen arbeiten, sich im Auftrag Dritter in die Gesetzgebung einmischen, ist Transparenz über Ross und Reiter besonders wichtig. Das neue Gesetz sorgt nun für mehr Klarheit darüber, wer wen zu welchem Thema mit Lobbyarbeit beauftragt hat. Besonders umstritten war bis zuletzt, ob die Lobby-Dienstleister auch offenlegen müssen, wie viel Geld sie von ihren Auftraggebern erhalten. Es ist gut, dass die Ampel-Koalition dem Druck nicht nachgegeben hat und nun die Größenordnung eines Auftrags verpflichtend angezeigt werden muss.

Bei der öffentlichen Anhörung im zuständigen Bundestags-Ausschuss am 19. September mahnten wir weitere Verbesserungen an. (Screenshot, Bundestag.de)

Lobbyfinanzen müssen offengelegt werden

Eine weitere wichtige Verschärfung des Lobbyregisters ist, dass die Lobbyakteure Angaben zu ihrer Finanzierung oder zur Höhe ihrer Lobbyausgaben nicht mehr verweigern können. Alle Finanzangaben sind nun verpflichtend, die Finanzierungsstruktur muss offengelegt und weitere Einkommensquellen mit einbezogen werden. Das betrifft etwa Mitgliedsbeiträge. Für Spenden allerdings, wurden die Transparenzanforderungen gelockert.

Das war zwar richtig, da die bisherige Regelung unverhältnismäßig streng und zu pauschal war. Jedoch ist das Pendel nun etwas zu weit in die andere Richtung geschwungen. Mit der neuen Regelung bleiben in vielen Fällen auch sehr große Zuwendungen im Dunkeln, was die verdeckte Finanzierung von Lobbyinitiativen erleichtert und Interessenhintergründe verschleiert. Das ist einer der Punkte, mit denen wir nicht zufrieden sind. Zumindest bei Spenden/Schenkungen von Unternehmen und Verbänden sollten sehr hohe Zuwendungen transparent sein, und zwar auch dem absoluten Betrag nach und nicht nur gemessen am relativen Anteil der Gesamtspendeneinnahmen.

Drehtür zu Lobbyjobs wird sichtbar

Eine besonders wichtige Verbesserung ist, dass es nun mehr Transparenz darüber gibt, wer aus dem Bundestag oder den Bundesministerien in einen Lobbyjob wechselt oder einer Lobby-Nebentätigkeit nachgeht. Das ersetzt zwar keine verbesserte und ausgeweitete Karenzzeit-Regelung wie wir sie insbesondere für das Leitungspersonal in den Ministerien fordern. Aber es erhöht deutlich die Transparenz darüber, welche ehemaligen Abgeordneten, Ministerialbeamten oder Parlaments-Mitarbeitenden inzwischen als Lobbyist:innen tätig sind.

Dass zusätzlich auch aktuelle politische Amts-, Mandats- und Funktionsträger ausgewiesen müssen, ist ebenfalls eine gute Ergänzung zu bestehenden Regeln für Nebentätigkeiten etwa bei Abgeordneten. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang auch, dass künftig nicht mehr nur für die unmittelbare Interessenvertretung eingesetzte Beschäftigte namentlich benannt werden müssen, sondern auch Personen, die zum Beispiel in Aufsichtsräten sitzen und als solche Interessenvertretung betreiben. „Durch die Offenlegung werden wichtige Strukturen der Einflussnahme auf politische Willensbildung sichtbar“, schreibt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung. Dem können wir zustimmen.

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Bessere Kontrolle des Lobbyregisters

Ein kritischer Punkt bei jedem Gesetz ist, wie gut die Einhaltung der Vorschriften kontrolliert wird und ob die Sanktionen bei Regelverstößen wirksam genug sind. Wie bereits vom EU-Transparenzregister bekannt, leidet auch das deutsche Register seit Einführung unter vielen Einträgen, die nicht ganz korrekt, unvollständig oder völlig unplausibel sind.

Das hat auch der Gesetzgeber festgestellt und formuliert in der Gesetzesbegründung recht diplomatisch: „In der bisherigen Anwendungspraxis des Lobbyregisters ist aufgefallen, dass Registereinträge ein sehr unterschiedliches Niveau der Datenqualität haben.“ Mit der Reform erhält die Bundestagsverwaltung als registerführende Stelle mehr Kompetenzen, unrichtigen Einträgen auch selbstständig nachzugehen und auch mehr personelle Ressourcen. Künftig kann sie auch unabhängig von externen Hinweisen Einträge auf Plausibilität prüfen und von den Lobbyakteuren Nachweise für die Angaben verlangen.

Ausnahme-Regelungen schwächen das Lobbyregister

Leider bleibt es bei der pauschalen Ausnahme für Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Kirchen, die sich nicht ins Register eintragen müssen. Dass die Ampel in diesem Punkt so wenig Mut bewies, ist ärgerlich und nicht nachvollziehbar. Insbesondere Grüne und FDP hatten genau diesen Punkt in der letzten Wahlperiode aus der Opposition heraus noch scharf kritisiert. Und selbst im Koalitionsvertrag ist noch die Rede davon, die Ausnahmen reduzieren zu wollen. Das ist offensichtlich nicht gelungen.


Auch das andere im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, die Lobbyarbeit gegenüber den Bundesministerien bis hinunter zur Ebene der Referent:innen, in das Register einzubeziehen, hat die Koalition verfehlt. Und das, obwohl die vom Kabinett beschlossene Fassung noch genau das vorsah. Nun sind die Ministerien immerhin bis zur Ebene der Referatsleitungen einbezogen. Damit sind die Fachreferate, in denen die meisten Gesetzentwürfe geschrieben werden, zumindest grundsätzlich erfasst.

Es ist schon bemerkenswert, dass die Ampel es geschafft hat, die beiden konkreten Ziele des Koalitionsvertrags zu verfehlen, aber dennoch eine an vielen Stellen durchaus gelungene Reform vorzulegen, die viele unserer Forderungen aufgreift.

Lobby-Fußspur fehlt weiterhin

Die Verschärfung des Lobbyregisters war nötig. Es wird nun deutlich aussagekräftiger und Lücken werden geschlossen. Entspannt zurücklehnen kann sich die Ampelkoalition bei der Lobbyregulierung aber noch nicht, denn die im Koalitionsvertrag angekündigte Lobby-Fußspur für Gesetze fehlt weiterhin. Wir erwarten von SPD, Grünen und FDP , dass sie bei dieser wichtigen Ergänzung zum Lobbyregister nun zügig vorankommen!

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