Ganz Deutschland ist in der Sommerpause – ganz Deutschland? Nein. Eifrige Lobbyisten gehen fleißig ihrer Arbeit nach. Aber glücklicherweise gibt es auch einige kritische Berichte. Und Regierungsmitglieder müssen feststellen, dass fragwürdige Vorgehensweisen auch in der Sommerpause nicht immer unentdeckt bleiben.
Atomlobby macht Druck
Die Energieversorger machen massiv Druck für Laufzeitverlängerungen und gegen die Brennelementesteuer. Hinter den Kulissen verhandelt sie mit der Regierung über einen Fonds, mit dem sie sich frei kaufen will und dessen Geldzahlungen daran geknüpft sind, dass die Atomkraftwerke ungestört weiter laufen und Gewinne abwerfen. Jetzt will die Bundesregierung die Entscheidung über die Steuer erstmal verschieben. Da das Thema breit in den Medien ist, hier nur ein Hinweis auf einen Artikel in der Frankfurter Rundschau mit unserer Kritik an dem angedachten „Energiewirtschaftsvertrag“. Außerdem noch ein Nachtrag zu einer hochproblematische Personalie: Bruno Thomauske, Ex-Atommanager und Seitenwechsler, soll am Gorleben-Gutachten mitwirken (siehe u.a. Tagesspiegel). Aktuell hat er einen von RWE gesponsorten Lehrstuhl an der Technischen Hochschule Aachen. Die Netzwerkpflege der Energieversorger zahlt sich aus.
Bundesfamilienministerin lässt Pflegezeitmodell von Versicherungsberatern ausarbeiten
Das Prestigeprojekt der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, die Familienpflegezeit, wird auch für die Versicherungsbranche profitabel. ArbeitnehmerInnen müssen, bevor sie in Pflegezeit gehen, eine Versicherung abschließen für den Fall, dass sie dem Arbeitgeber den Lohnvorschuss nach Ablauf der Pflegezeit nicht zurückzahlen können. Dass sie das Konzept für ein solches Modell dann ausgerechnet an das schillernde Beraterduo für die Versicherungs- und Finanzwirtschaft, MaschmeyerRürup AG vergeben, findet nicht nur LobbyControl äußerst problematisch. Auch der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim hält es für eine „Bankrotterklärung der Ministerialbürokratie“, dass hier ohne Not externer Sachverstand eingekauft werde. Und das nicht von irgendjemandem, wie wir hinzufügen möchten. Die gängigen Kunden der MaschmeyerRürup AG sind Versicherungen und Finanzdienstleister – also eben jene, die an einer solchen Versicherung verdienen könnten. Und Bernd Rürup ist ein alter Bekannter – sowohl für die Politik als auch für die Versicherungsbranche. Lange Jahre war er enger Berater verschiedener Bundesregierungen und saß beispielsweise von 2005 bis 2009 dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor. Seine engen Kontakte in die Politik zahlen sich jetzt aus. Er hat sich unter anderem mit der Rürup-Rente als eine der treibenden Kräfte der zunehmenden Privatisierung von sozialer Sicherung einen Namen gemacht. 2009 wechselte er zum Finanzberater AWD.
Bayerische Staatskanzlei finanziert strategische Nachhilfe für die CSU
Die bayerische Staatskanzlei hat offenbar in den letzten Jahren die Trennung von Landes- und Parteipolitik nicht so eng genommen – oder kann selbst nicht mehr zwischen beidem trennen. Wie die Financial Times berichtete, hat sie aus Steuergeldern Resonanzstudien erstellen lassen, wie die CSU ihre Beliebtheit beim Wahlvolk erhöhen kann.
Grüne und Linke für verpflichtendes Lobbyregister
Die Bundestagsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen fordern in getrennten Anträgen die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters. Die Linke fordert in ihrem Antrag vom 9.6.2010, zur Führung des Registers und zur Durchsetzung von Sanktionsmöglichkeiten eine „Stelle mit Ombudsmann-Funktionen“ beim Bundestag einzurichten, laut Grünen-Antrag vom 7.7.2010 soll der Bundestagspräsident das Register führen. LobbyControl freut sich auf die weitere Diskussion!
Methode Bertelsmann
Am 9. August ist ein neues, kritisches Buch über die Bertelsmann-Stiftung erschienen. „Bertelsmann Republik Deutschland“ ist von dem freien Journalisten Thomas Schuler verfasst, der seit langem zur Bertelsmann-Stiftung recherchiert. These: Die Bertelsmann-Stiftung regiert Deutschland mit. Dabei ist sie undemokratisch und dient als Steuersparmodell. Die taz druckte eine gekürzte Fassung des Epilogs.
Investmentbranche intensiviert seine Lobbyarbeit
Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) erweitert seine Geschäftsführung laut dem Job-Portal „IZ-Jobs“ um einen Lobbyprofi. Thomas Richter (44), derzeit Geschäftsführer bei der Fondsgesellschaft DWS und Mitglied im Vorstand des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI), tritt zum 1. Oktober 2010 in die Geschäftsführung des BVI ein. Laut dem Job-Portal war dem BVI zuletzt vorgeworfen worden, bei der Gesetzgebung zur Reform offener Immobilienfonds nicht aktiv genug mit den Entscheidern im Bundesfinanzministerium kommuniziert zu haben – nun wolle er seine eigene Lobbyarbeit intensivieren.
Bleiben Sie informiert über Lobbyismus.
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter.
Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur Datenschutzerklärung.