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Amazon hat seine Lobbyausgaben enorm gesteigert.
Macht der Digitalkonzerne

Amazon verstärkt Lobbyarbeit in der EU

Der Digitalkonzern sieht sich wachsender Kritik ausgesetzt - und intensiviert auch deshalb seine Lobbyarbeit.

von 24. November 2023

Der Digitalkonzern Amazon baut seine Lobbymacht und sein Lobbynetzwerk in Europa systematisch aus, wie unsere neue Recherche mit den EU-Partnern Coporate Europe Observatory (Belgien) und SOMO (Niederlande) zeigt. Der US-Konzern betreibt sowohl in Brüssel als auch in zentralen Mitgliedstaaten intensiv Lobbyarbeit und setzte dabei insbesondere auf die Zusammenarbeit mit Denkfabriken sowie auf Imagewerbung.

Hier die Kernergebnisse unserer Recherche:

  • Massive Lobbypower: Seit 2013 hat Amazon sein Lobbybudget in Brüssel von 450.000 Euro auf mindestens 2,75 Millionen Euro deutlich aufgestockt. Am höchsten waren die Ausgaben 2021 mit 3 Millionen Euro. 2022 war der Betrag wieder etwas niedriger, doch nach Lobbyausgaben lag Amazon mit 2,75 Mio Euro immer noch auf Platz 14 aller Einzelunternehmen .
  • Lobbyarbeit auf vielen Ebenen: Gleichzeitig hat Amazon seine Lobbyaktivitäten in den EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet. In seinen beiden größten Absatzmärkten, Deutschland und Frankreich, gab das Unternehmen 2022 insgesamt 3,6 Millionen Euro aus – allein 2,41 Millionen Euro für Lobbyarbeit in Berlin. Das ist mehr, als es laut eigenen Angaben auf EU-Ebene ausgegeben hat, und weist darauf hin, dass die Lobbyarbeit in den EU-Mitgliedstaaten für das Unternehmen von hoher Priorität ist. Zudem zeigt es, dass Amazon über die Ressourcen verfügt auch intensiv Lobbyarbeit in den EU-Mitgliedstaaten zu betreiben. Diese Ressourcen stehen etwa der Zivilgesellschaft nicht annähernd zur Verfügung.
  • Viel Unterstützung durch Agenturen: In den letzten beiden Jahren hat Amazon sehr viel häufiger auf die Dienstleistungen von Lobbyagenturen zurückgegriffen. Für 2022 gab das Unternehmen an, 13 solcher Agenturen beauftragt und dafür beachtliche 77 Prozent seines Gesamtlobbybudgets aufgewendet zu haben. Amazon kauft also zusätzliche Lobbyaktivitäten ein, um seine Lobbymacht zu verstärken.
  • Ausbau des Lobbynetzwerks: Seit 2021 hat Amazon sein Lobbynetzwerk massiv ausgebaut. Der Konzern ist Mitglied in mehr als 60 Unternehmensverbänden, hat Verbindungen zu 17 Denkfabriken sowie zu einer NGO. Die Verbindung zu zwei der Denkfabriken legt Amazon nicht offen. Der Konzern betreibt also teilweise intransparente Lobbyarbeit in Brüssel.
  • Rolle der Wirtschaftsberatungsfirmen: Zur Unterstützung seiner Bemühungen, die Wettbewerbspolitik und Fusionsentscheidungen der EU-Wettbewerbsbehörde zu beeinflussen, nutzt Amazon die Dienste einschlägiger Wirtschaftsberatungsunternehmen in Brüssel, darunter Charles River Associates und Compass Lexecon. Mehr zur Rolle der Wirtschaftsberatungsfirmen in unserem Blogartikel. Darüber hinaus finanziert Amazon eine der wichtigsten Fakultäten für Wettbewerbspolitik in Europa, die Toulouse School of Economics (TSE). Die Finanzierung dient nicht zuletzt auch der Imagepflege.
  • Lobbyarbeit in den USA am intensivsten: In Washington hat Amazon im Vergleich dazu sehr viel mehr für seine Lobbyarbeit ausgegeben – mehr als 19 Millionen Euro in 2022 und schon fast 14 Millionen Euro in 2023. Dort belegt der Techkonzern im Moment Platz eins der Einzelunternehmen mit den meisten Lobbyausgaben. In Brüssel hingegen werden seine Lobbybemühungen bislang von Meta, Apple, Google und Microsoft übertroffen. Gleichzeitig ist erkennbar, dass Amazon seine Kapazitäten in Europa stetig weiter ausbaut.
  • Millionenschwere Imagewerbung: Das Unternehmen zeigt immer häufiger Präsenz, indem es in millionenschwere Imagewerbung investiert, um seine Marke zu stärken und negativen Wahrnehmungen gegenzusteuern. In Frankreich startete das Unternehmen eine Imagekampagne namens „Ratatouille“, um seine Reputation zu verbessern. Allein 2022 schaltete Amazon zudem einen TV-Werbespot in Deutschland und Österreich im Wert von 19 Millionen Euro. In dem Spot stellte es sich als nachhaltiges Unternehmen und guter Arbeitgeber dar. Hinzu kommen Werbeausgaben für weitere TV-Spots und Social Media.

Das Image des Unternehmens hat zweifelsohne gelitten. Die europäische Öffentlichkeit ist sich immer deutlicher bewusst, welche Probleme Amazons Monopolstellung mit sich bringt. Der Techkonzern aus den USA weiß das ganz genau. Daher ist zu erwarten, dass das Unternehmen seine Lobbybemühungen noch ausbauen wird, um seine Monopolstellung zu verteidigen.

Folgende Maßnahmen gegen die Macht von Amazon sind dringend geboten:

  • Schutzmaßnahmen für den demokratischen Prozess einführen, wie z. B. bessere Transparenzregeln und Verhaltenskodizes;
  • den Einfluss von Lobbyisten, die über große Ressourcen verfügen, aktiv in Frage stellen und sich proaktiv um Akteure der Zivilgesellschaft bemühen, die über geringe Ressourcen verfügen, wie z. B. Gewerkschaften, kleine Unternehmen und Umweltorganisationen;
  • die übermäßige Konzentration von Monopolmacht bekämpfen: die Macht von Amazons Lobbyisten ist auch Folge der übermäßigen Ressourcen, die durch Monopolmacht entstehen. Um den demokratischen Prozess angemessen auszugleichen, müssen die politischen Entscheidungsträger gegen die Marktmacht selbst vorgehen. Dies erfordert eine Aufwertung und bessere Durchsetzung der EU-Kartellvorschriften;
  • Der Digital Markets Act (DMA) ist zwar ein großer Schritt nach vorn, um den Missbrauch von Marktmacht zu bekämpfen, aber es muss noch mehr getan werden, um die Macht von Amazon einzudämmen, einschließlich des Einsatzes struktureller Abhilfemaßnahmen wie Zerschlagung, um eine weitere Machtkonsolidierung zu verhindern. Das könnte die deutsche Kartellbehörde, das Bundeskartellamt, durchsetzen, wie unser Rechtsgutachten zur Zerschlagung von Amazon zeigt.

Die Macht von Amazon

Amazon ist einer der größten und mächtigsten Digitalkonzerne der Welt. Der Techkonzern hat aktuell einen Börsenwert von mehr als 1,49 Billionen Dollar und ist mit seinen rund 1,46 Millionen direkt Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber der Welt.

Bekannt ist Amazon in erster Linie als Online-Shop. Doch das ist längst nicht mehr alles: Amazons Geschäft besteht inzwischen aus einer ganzen Reihe verschiedener Sparten. Neben dem klassischen Online-Einzelhandel bietet es Logistik-Dienstleistungen für andere Verkäufer (Versand durch Amazon), die Connected Devices und den persönlichen Assistenten Alexa, Social Media und Video-Streaming per Twitch und Amazon Prime Video, Cloud-Speicher und Software-as-a-Service (SaaS) über die Amazon Web Services, Werbung und Breitband-Internet per Satellit über Kuiper.

Amazons Geschäft in der EU ist für das Unternehmen unglaublich lukrativ, stößt von Seiten der Beschäftigten, Umweltschützer:innen, Wettbewerbs- und Datenschutzbehörden jedoch immer häufiger auf Kritik. Vor allem kleine Unternehmen, Konsument:innen und seine Beschäftigten spüren die Monopolmacht des Konzerns in der EU immer deutlicher. Als Reaktion darauf hat Amazon seine Lobbyarbeit in der EU und den Mitgliedstaaten intensiviert.

Ein Sprecher von Amazon erklärte auf Anfrage allgemein: "Wir setzen uns für eine Reihe von Themen ein, die für unsere Kunden, Verkäufer und die verschiedenen Unternehmen, die wir betreiben, wichtig sind. Wir arbeiten mit Organisationen wie Handelsverbänden und Think Tanks zusammen und kommunizieren mit Beamten der EU-Institutionen. Wir aktualisieren regelmäßig unseren Eintrag im EU-Transparenzregister gemäß den Leitlinien."

Amazon in Europa weithin bekannt

In den 25 Jahren seit der Eröffnung seines ersten internationalen Internet-Shops in Deutschland hat Amazon seine Präsenz in der EU stetig ausgebaut. Mittlerweile erstreckt sich sein komplexes Netzwerk von Geschäftsstellen, Logistik- und Rechenzentren über ganz Europa.

Amazons Geschäfte in Europa
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Amazons Geschäfte in Europa
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Amazons Geschäfte in Europa
Amazons Geschäfte in Europa

Seine Online-Shops in der EU werden pro Monat von schätzungsweise durchschnittlich 181 Millionen Nutzer:innen besucht, wie aus dem Transparenzbericht des Unternehmens hervorgeht (EU Store Transparency Report). Das entspricht 40 Prozent der EU-Bevölkerung. Im Vergleich dazu erreicht sein nächstgrößter Konkurrent, eBay, nicht einmal 45 Millionen Nutzer:innen.

Die Vielzahl der angebotenen Dienstleistungen und Produkte lässt zuweilen nur sehr schwer erkennen, womit genau das Unternehmen eigentlich sein Geld verdient. Analysiert man die Jahresabschlüsse der in Luxemburg registrierten europäischen Tochtergesellschaften von Amazon, kann man die wichtigsten Einnahmequellen des Unternehmens in Europa nachverfolgen.

Der Onlinehandel ist das wichtigste Geschäft von Amazon
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Der Onlinehandel ist das wichtigste Geschäft von Amazon
Der Onlinehandel ist das wichtigste Geschäft von Amazon

Der Online-Einzelhandel, wo Amazon der wichtigste Anbieter ist, bleibt auch weiterhin die wichtigste Einnahmequelle des Unternehmens. Hinzu kommen jedoch auch die Gebühren, die unabhängige Onlineshops zahlen müssen, um die Plattform sowie zusätzliche Dienstleistungen wie Lagerung, Lieferung und Support nutzen zu können.

Hier können wohl auch die stetig wachsenden Werbeeinnahmen dazugerechnet werden. Laut Schätzungen der niederländischen Nichtregierungsorganisation SOMO werden diese nämlich mindestens zur Hälfte erwirtschaftet, indem man Händler dazu drängt, zusätzlich für Ihre Sichtbarkeit auf Amazons Plattform zu zahlen.

Zugleich hat das Unternehmen auch sein Cloud-Geschäft, die Amazon Web Services, stetig ausgebaut. Amazon beherrscht mittlerweile ein Drittel des weltweiten Cloudmarktes. Über diese bietet es anderen Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen Dienstleistungen wie Speicherung und Software, sowie neuerdings KI-Produkte an.

Amazons weitläufiges Geschäftsmodell ist zwar enorm lukrativ, basiert jedoch auf einer Reihe von Praktiken, die immer mehr in die Kritik geraten und zunehmend Gegenstand von Regulierungsbemühungen sind. So waren Amazon und sein Marketplace in mehreren Gerichtsverfahren Ziel von Untersuchungen, Geldstrafen und Prozessen wegen Missbrauchs der Marktmacht und der illegalen Beibehaltung einer Monopolstellung. In Deutschland und Italien haben Beschäftigte Maßnahmen ergriffen, um gegen schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne vorzugehen. Auch die Art und Weise der Datenerhebung und -verarbeitung sind unter Beschuss geraten, da sie gegen die EU-Datenschutzgesetze verstießen. Lokale Bürgerinitiativen und Beschäftigte haben darüber hinaus die Nachhaltigkeit der Unternehmensaktivitäten hinterfragt, von den ökologischen Auswirkungen seiner Logistikzentren bis hin zur CO2-Bilanz des Unternehmens.

In der EU wird derweil schon seit Längerem über neue Regelungen zur Kontrolle der Plattformen, zur Steuerpolitik, der Rechenschaftspflicht von Unternehmen und zum Klimawandel nachgedacht. Neuerungen in diesen Bereichen könnten einen Einfluss darauf haben, wie Amazon sein Geld verdient und an seiner Macht festhalten kann.

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Amazons Lobbymacht

Amazon verfügt über immense Lobbymacht, die in den letzten Jahren weiter gewachsen ist. Zahlen unseres Onlinedatenportals Lobbyfacts.eu zeigen, dass die Lobbyausgaben des Unternehmens zwischen 2019 und 2021 von 1,875 Millionen auf 3 Millionen Euro gestiegen sind, wohl im Vorgriff auf den Fokus der neuen EU-Kommission auf die Regulierung der digitalen Wirtschaft.

Zwar sind 2022 die Ausgaben wieder leicht gesunken, doch liegt Amazon mit seinen 2,75 Millionen Euro immer noch auf Platz 14 der Unternehmen mit den höchsten Lobbyausgaben in der EU. Seit 2013 hat das Unternehmen mindestens 18,8 Millionen Euro für Lobbyarbeit gegenüber den europäischen Institutionen ausgegeben.

Da die Informationen über Lobbyausgaben auf den Selbstauskünften der Unternehmen beruhen, ist nicht bekannt, wofür genau die Gelder ausgegeben werden. Doch sind darin wohl zumindest die Kosten für die eigenen Angestellten und die Miete für die Büros im Brüsseler EU-Viertel enthalten, sowie die Kosten der für Entscheidungsträger:innen organisierten Veranstaltungen und für das externe Netzwerk, das von Amazon finanziert und beauftragt wird.

Die Lobbyarbeit der Tochtergesellschaften in der EU

Amazon ist ein riesiger Konzern mit Hunderten von Tochtergesellschaften und maßgeblichen Beteiligungen an vielen weiteren Unternehmen, die wiederum selbst aktiv Lobbyarbeit betreiben:

Twitch: Das Live-Streaming-Videoportal, das 2014 von Amazon für fast 1 Mrd. Dollar übernommen wurde, gab 2022 in der EU mindestens 25.000 Euro für Lobbyarbeit aus. Sitzungsprotokolle zeigen, dass es dem Unternehmen dabei hauptsächlich um das Gesetz über digitale Dienste (DSA), die laufenden Verhandlungen um die Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie um den Verhaltenskodex für Desinformation ging.

Twilio: Die Plattform ermöglicht die cloud-basierte Kommunikation per Textnachricht, Anruf und Video-Telefonie. Mit 18,4 Prozent der Anteile ist Amazon ein wichtiger Investor des Unternehmens. Twilio betreibt aktiv Lobbyarbeit in der EU und gab dafür 2022 mindestens 300.000 Euro aus. Das Unternehmen hatte mehrere Treffen mit hochrangigen Bediensteten der EU zum AI Act, zum Data Act und zum Datenverkehr zwischen der EU und den USA.

Deliveroo: Amazon ist mit 12,39 Prozent der größte Anteilseigner an dem Online-Lieferdienst. Im Vereinigten Königreich war Amazons Investition Gegenstand einer einjährigen Untersuchung durch die britische Wettbewerbsbehörde CMA. Diese kritisierte den Anteilserwerb, da „der Markt der Online-Lieferdienste im Vereinigten Königreich bereits hochgradig konzentriert“ sei. Amazon wurde sogar zu einer Geldstrafe in Höhe von 55.000 Pfund verurteilt, da das Unternehmen „ohne triftigen Grund“ versäumt hatte, Dokumente rechtzeitig einzureichen.

Aufgrund der Corona-Pandemie und der drohenden Insolvenz von Deliveroo genehmigte die CMA dann vorerst Amazons Investition. Deliveroo hat ein jährliches Lobbybudget von mindestens 100.000 Euro. Doch genau wie andere digitale Plattformen hat sich das Unternehmen bisher standhaft allen Versuchen der EU widersetzt, die Rechte seiner Beschäftigten besser zu schützen.

Amazons Lobbyarbeit in den Mitgliedstaaten

Die Einflussnahme des Unternehmens bei den EU-Institutionen ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Amazon dominiert inzwischen in den größten europäischen Märkten den Onlinehandel, so in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Italien und Spanien. In vielen dieser Länder sind die Transparenzbestimmungen nur unzureichend, wodurch sich der Umfang von Amazons Lobbyarbeit in den EU-Mitgliedstaaten und die damit verbundenen Ausgaben nur schwer erfassen lassen. Unbestritten ist jedoch, dass mit Amazons Macht auf diesen Märkten auch sein Einfluss zugenommen hat.

Deutschland

In Deutschland haben Amazon und seine Tochtergesellschaften AWS und Twitch 2022 mehr als 2,4 Millionen Euro ausgegeben. Damit zählt das Unternehmen hier mit seinen Lobbyausgaben zu den obersten 3 Prozent. Auch gibt Amazon ungleich viel mehr für Lobbyarbeit aus als seine Konkurrenten im Onlinehandel Ceconomy, Otto and Zalando.

Die Lobbyausgaben der Ecommerce-Händler
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Die Lobbyausgaben der Ecommerce-Händler

In Berlin lässt Amazon seine Interessen auch von etlichen Lobbyfirmen vertreten: SUB Erste Lesung, 365 Sherpas, BCW, ALP und FGS Global.

Das Unternehmen kann darüber hinaus in Deutschland auf ein weitreichendes Lobbynetzwerk zurückgreifen: insgesamt ist Amazon Mitglied in 39 Verbänden, Netzwerken und Initiativen, darunter in der Bitkom, dem größten Branchenverband der deutschen Digitalwirtschaft, sowie im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW). Zudem ist Amazon zwei weiteren wichtigen Verbänden beigetreten, dem Spitzenverband des deutschen Einzelhandels HDE und dem Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI.

Auch drei parteinahen Wirtschaftsvereinigungen gehört Amazon an:

  • dem Wirtschaftsrat der CDU
  • dem Wirtschaftsforum der SPD
  • dem Grünen Wirtschaftsdialog

Diese Verbände ermöglichen den Unternehmen über speziell organisierte Veranstaltungen einfachen Zugang zu den jeweiligen Parteien. LobbyControl kritisiert seit langem ihren stetig wachsenden Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse. Mehr über die Lobbyarbeit von Amazon in Deutschland können Sie hier erfahren.

Frankreich

In Frankreich haben Amazon und Amazon Web Services (AWS) 2022 mindestens 1,2 Millionen Euro für Lobbyarbeit ausgegeben. Das sind 1100 Prozent mehr als 2017, als erstmals Zahlen offengelegt wurden. Insgesamt kümmern sich bei Amazon und AWS 14 Lobbyist:innen um Lobbyarbeit zu künstlicher Intelligenz und Gesichtserkennung, Besteuerung, Urheberrecht und der EU-Gesetzgebung.

Allein 2022 hatte das Unternehmen 21 Treffen mit Beamten der französischen Regierung, häufiger als französische Industrieriesen wie Total (17 Treffen), Renault (3) oder der Rüstungskonzern Thales (6).

Irland

Zwar erhebt das irische Lobbyregister keine Daten zu Lobbyausgaben, doch Informationen über Treffen werden erfasst. Demnach hatte Amazon seit 2017 mindestens 101 Treffen mit irischen Entscheidungsträger:innen. Darunter sind die Treffen von Amazon Web Services, Amazon Irland und Amazon Großbritannien. Dabei konzentrierten sich die Bemühungen hauptsächlich auf den weiteren Ausbau der Rechenzentren im Land. Mit seinen schätzungsweise 82 Datencentern ist Irland ein bedeutender Standort für Rechenzentren. Obwohl das irische Stromnetz bereits stark belastet ist, da die Rechenzentren ganze 18 Prozent des gesamten Bedarfs verbrauchen, hat Amazon trotz öffentlichen Drucks kürzlich angekündigt, drei neue Zentren bauen zu wollen.

Ein Schwerpunkt der Lobbybemühungen in den Mitgliedstaaten ist erwartungsgemäß die nationale Politik. Darüber hinaus haben wir jedoch erlebt, dass Unternehmen über die Lobbyarbeit in den Hauptstädten der EU ebenfalls versuchen, die Position der nationalen Regierungen im Rat zu beeinflussen. Das war unter anderem der Fall bei den Verhandlungen zum Gesetz über digitale Dienste (DSA) und zum Gesetz über digitale Märkte (DMA), wie wir für Lobbyarbeit in Schweden und Estland belegen konnten.

Die goldene Gans der Lobbyindustrie

Amazon erledigt seine Lobbyarbeit bei den EU-Institutionen nicht allein. Der Techkonzern greift dafür in zunehmendem Maße auch auf Lobbyagenturen zurück, um seine Reichweite zu erhöhen.

Die auf Lobbyfacts.eu veröffentlichten Zahlen zeigen, dass Amazon 2021 Kunde bei 10 Lobbyfirmen war und dafür 1,36 Millionen Euro ausgegeben hat. Nur ein Jahr später war dieser Betrag schon auf 2,12 Millionen Euro gewachsen, verteilt auf 13 Lobbyagenturen. Außer Apple gibt keiner der anderen Internetgiganten so viel Geld für Lobbyagenturen aus wie Amazon. Nicht weniger als 77 Prozent seines gesamten Lobbybudgets zahlte Amazon 2022 an PR-Firmen. 2021 waren es nur 45 Prozent.

Auch wenn bisher für 2023 noch keine Zahlen über Ausgaben für PR-Firmen vorliegen, ist aus den Informationen über Amazon auf Lobbyfacts.eu bereits erkennbar, dass die Zahl der Agenturen inzwischen auf 14 gestiegen ist. Dabei sind zwei der von Amazon aufgelisteten Lobbyfirmen nicht im EU-Transparenzregister eingetragen: Leading Edge Global Communications und Telage (mehr dazu weiter unten).

Die Agenturen, die laut eigener Angaben im abgeschlossenen Geschäftsjahr für Amazon tätig waren, meldeten 69 Themenbereiche. Für einige Politikfelder kamen mehrere Lobbyagenturen zum Einsatz. Für einige dieser Agenturen ist Amazon inzwischen der größte Kunde.

GesetzesvorschlagAnzahl der Lobbyagenturen
Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit4
Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit3
Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte3
Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH)2
Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug2
Verordnung über das Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten2
KI-Gesetz2
Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden2
Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe2
Zählung der verkehrsbedingten Emissionen2
Den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen2

In welchen Politikfeldern betreibt Amazon Lobbyarbeit bei der EU?

Daten über Treffen mit hochrangigen EU-Beamten zeigen, dass Amazon Lobbyarbeit zu einer Vielzahl von Themen betreibt, die sein Geschäftsmodell direkt betreffen. Dazu gehören Themen wie Unternehmensverantwortung, der europäische Green Deal, Digitalpolitik, Beschäftigung und vieles mehr. Es ist offensichtlich, dass Amazons Lobbyarbeit so umfangreich ist wie sein Geschäft.

Die Digitalpolitik ist eines der Hauptziele der Lobbyarbeit von Amazon. Das Unternehmen hat umfangreiche Lobbyarbeit bei der EU in Bezug auf den Digital Services Act, den Digital Markets Act, den Datenschutz und der Regulierung von Künstliche Intelligenz betrieben.

Gegen einige dieser Vorschriften hat sich das Unternehmen heftig gewehrt. Amazon war das erste Unternehmen, das seine Einstufung als sehr große Online-Plattform (Very Large Online Platform, VLOP) im Rahmen des Digital Services Act vor Gericht anfocht. Das Unternehmen wehrt sich insbesondere gegen die Verpflichtung, Werbung transparent zu machen und den Nutzern die Möglichkeit zu geben, sich gegen die Erstellung von Profilen zu entscheiden. Amazon hat auch eine Rolle bei der Aushöhlung der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation gespielt und Lobbyarbeit gegen ein Verbot von Überwachungswerbung betrieben. Dies ist nicht überraschend, da die Werbeabteilung des Unternehmens eines der am schnellsten wachsenden Geschäftsfelder ist.

Vielleicht weniger bekannt ist die intensive Lobbyarbeit von Amazon in Bezug auf den europäischen Green Deal. Von den 46 Treffen der Von der Leyen-Kommission drehten sich dreizehn um verschiedene Aspekte des Green Deal, von der Verpackung bis zur Kreislaufwirtschaft. Amazon wurde für die Verwendung von nicht recycelbaren Verpackungen kritisiert - laut Aktionären ist es eines der größten Unternehmen, das flexible Plastikverpackungen verwendet -, für die massive Vernichtung von zurückgeschickten Paketen und unverkauften Waren und für seinen enormen CO2-Fußabdruck. Obwohl Amazon sich zuvor verpflichtet hatte, seine Umweltauswirkungen zu reduzieren, hat das Unternehmen inzwischen einige seiner Versprechen zurückgenommen.

Im Gegensatz zur Digital- und Umweltpolitik hat Amazon auch Lobbyarbeit bei der Europäischen Beschäftigungsagentur betrieben (4 Treffen). Dort diskutierte das Unternehmen über Plattformarbeit und den sozialen Dialog zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Ein Informationsfreiheitsantrag von Global Witness zeigt, dass das Unternehmen ein Treffen mit Beschäftigungskommissar Schmidt nutzte, um Kritik an seinen Arbeitsbedingungen abzuwehren.

Zu diesen Firmen zählt beispielsweise Fleishman-Hillard. Das ist insofern von Bedeutung, als kein anderes Unternehmen, keine Beratungsfirma und kein Unternehmensverband in der EU ein ähnlich großes Lobbybudget hat wie Fleishman-Hillard. Die Agentur gibt jährlich 10,17 Millionen Euro für die Lobbyarbeit aus und beschäftigt 69 akkreditierte Lobbyist:innen, die Zugang zum Europäischen Parlament haben. Auch wenn die Agentur eine gut gefüllte Kundenkartei hat, ist Amazon mit einem Budget von 500.000 Euro einer ihrer wichtigsten Kunden. Für Amazon kümmert sich Fleishman-Hillard um eine ganze Reihe von Themen, darunter das Gesetz über digitale Märkte, die Richtlinie für Erneuerbare Energien, die Nachhaltigkeit im Finanzsystem und die Sorgfaltspflicht von Unternehmen.

Ähnlich namhaft ist FTI Consulting, die Beratungsfirma mit den zweithöchsten Lobbyausgaben in der EU. Auch diese zählt Amazon zu ihren wichtigsten Kunden. Mit einem Budget von 400.000 Euro ist Amazon der drittgrößte Auftraggeber der Firma. In den Vereinigten Staaten geriet die Zusammenarbeit der beiden 2022 auf den Prüfstand: Dort hatte man mithilfe eines Gesetzes die Monopolmacht des Unternehmens einschränken wollen, woraufhin Amazon FTI in einer E-Mail vorschlug, gezielt Minderheiten für den Widerstand gegen das Gesetz zu instrumentalisieren.

Auch andere große Lobbyagenturen waren 2022 für Amazon tätig, darunter Kreab Gavin Anderson (mit einem Vertrag über 400.000 Euro), Flint (400.000 Euro), Landmark Public Policy Advisors (300.000 Euro) und APCO (50.000 Euro).

Doch nicht alle der von Amazon beauftragten PR-Firmen gehören hinsichtlich ihrer Mittel und Reichweite zu den ganz Großen. Amazon arbeitet auch mit mehreren kleinen Agenturen mit begrenzten Budgets zusammen. So gab das Unternehmen an, weniger als 10.000 Euro an Leading Edge Global Communications gezahlt zu haben. Daniel Dalton, einer der nur zwei Mitarbeiter der Firma, saß früher für das Vereinigte Königreich im Europäischen Parlament. Dort beschäftigte er sich mit verschiedenen Digital-Dossiers, darunter Blockchain, künstliche Intelligenz und Verbraucherschutz. Dalton ist derzeit Mitglied des UK Regulatory Policy Committee. Diese Behörde berät die Regierung des Vereinigten Königreichs, indem es „die Qualität der Informationen und Analysen bewertet, die der Regierung als Grundlage für ihre Gesetzesvorschläge dienen“. Darüber hinaus berät er als Senior Advisor den Unternehmensverband Allied for Startups (siehe unten), der in die Kritik geraten war, weil er Sponsorengelder von Big-Tech-Unternehmen wie Amazon entgegengenommen und seine Lobbypositionen an die seiner Sponsoren angepasst hatte.

Breit aufgestellt: Mitgliedschaften in Unternehmens- und Interessenverbänden

Amazons Einfluss wird auch durch die vielen Unternehmensverbände weiter verstärkt, in denen der Konzern Mitglied ist. Laut EU-Lobbyregister gehört der Onlinehändler mehr als 60 Unternehmensverbänden und Branchenbündnissen an.

Einige davon verfügen über massive Lobbypower. Der Branchenverband der Digitalindustrie DigitalEurope hatte beispielsweise 2021 ein Lobbybudget von 1,75 Millionen Euro sowie 186 Treffen mit hochrangigen Bediensteten der EU-Institutionen.

In einigen Fällen ist Amazon nicht einfach nur Mitglied der Verbände, sondern gibt auch die Linie vor. So sitzt Amazons Director for Public Policy, Daniel O’Connor, im Vorstand des Verbands der Computer- und Kommunikationsindustrie (CCIA). Der CCIA spielte eine zentrale Rolle beim Widerstand gegen Gesetzesinitiativen, mit denen gesellschaftliche Schäden durch die Techkonzerne verhindert werden sollten. Während der Verhandlungen zum Gesetz über digitale Dienste (DSA) schalteten sowohl Amazon als auch der CCIA Werbung auf Twitter, um einer Beschränkung überwachungsbasierter Werbung entgegenzuwirken. Darüber hinaus sprach sich der CCIA zum Gesetz über künstliche Intelligenz dagegen aus, dass die Entwickler von KI-Systemen (also hauptsächlich die Big-Tech-Unternehmen) den Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte unterworfen werden.

2020 bekam Politico Europe Einblick in geleakte Lobbydokumente von Amazon, die deutlich belegten, wie wichtig Unternehmensverbände für den Online-Riesen sind. Demnach brüstete sich Amazon darin, die Position des Europäischen Parlaments zur ePrivacy-Verordnung geschwächt zu haben, deren Ziel die Überarbeitung der Datenschutzregelungen war. Das Dokument beschreibt, wie das Unternehmen die eigenen Positionen „durch mehrere verschiedene Lobbygruppen lenkte, darunter Technologie-Verbände wie CCIA und DigitalEurope, sowie der Marketing-Verband FEDMA.“

Obwohl der erste Vorschlag für die Verordnung bereits 2017 vorgelegt wurde, haben es die EU-Institutionen bis heute nicht geschafft, das E-Privacy-Dossier zum Abschluss zu bringen. Grund dafür ist bis zu einem gewissen Grad auch der Widerstand der Techlobby.

Einige der von Big Tech finanzierten Verbände werden zunehmend kritisch hinterfragt, insbesondere dann, wenn sie angeblich die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen vertreten, gleichzeitig jedoch in hohem Maße auf die Ressourcen von Amazon, Google & Co angewiesen sind und deren Standpunkte getreu wiederholen. So reichten 2022 drei Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament Klage gegen mehrere Unternehmen und Verbände wegen Täuschung der Gesetzgeber ein.

Amazon tritt aktuell als Sponsor für ACT | The App Association, SME Connect und Allied for Startups auf. Alle drei Verbände sind bereits in die Kritik geraten. So erhält ACT mehr als die Hälfte seiner Gelder von Apple und wurde von vier ehemaligen Mitarbeitern beschuldigt, die Position des Unternehmens selbst dann zu vertreten, wenn diese den Interessen der App-Entwickler zuwiderläuft. So geschehen beim Widerstand gegen die Bestimmungen des Gesetzes über digitale Märkte, die Apples Marktmacht beschränken sollten. Amazon unterstützt den Verband seit Sommer 2023.

Amazon baut Finanzierung von Denkfabriken massiv aus

In den letzten beiden Jahren hat Amazon auch das Netzwerk der von ihm finanzierten Think Tanks erheblich ausgebaut. Als wir 2021 die Lobbymacht von Big Tech untersucht haben, hatte Amazon relativ wenige Verbindungen zu Think Tanks.

Nur Google arbeitet noch mehr als Amazon mit Think Tanks zusammen.
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Nur Google arbeitet noch mehr als Amazon mit Think Tanks zusammen.
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Nur Google arbeitet noch mehr als Amazon mit Think Tanks zusammen.
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Während Google, Meta, Apple und Microsoft weitreichende Beziehungen zu Think Tanks aufgebaut hatten, arbeitete Amazon nur mit zwei von ihnen zusammen, dem European Policy Centre (EPC) und dem Centre on Regulation in Europe (CERRE).

Inzwischen unterhält Amazon Beziehungen zu 15 Think Tanks auf EU-Ebene, darunter führende Brüsseler Denkfabriken wie Bruegel. Es unterstützt auch eine Nichtregierungsorganisation, das Centre for Democracy and Technology. Dieses lässt es sich dennoch nicht nehmen, Amazon zum Beispiel für die Arbeitsplatzüberwachung in dessen Logistikzentren anzuprangern.

Amazon arbeitet bei der Lobbyarbeit inzwischen mit sehr vielen Denkfabriken.
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Amazon arbeitet bei der Lobbyarbeit inzwischen mit sehr vielen Denkfabriken.
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Leider legt Amazon jedoch nicht alle Beziehungen zu Denkfabriken offen. So listet der Onlinehändler das Centre for European Policy Studies (CEPS) und das Centre for European Reform (CER) beide nicht im EU-Lobbyregister auf, obwohl beide Think Tanks auf ihren Webseiten ihre Verbindungen zu Amazon offenlegen.

Lobbying in Brüssel

Durch seine 110 Treffen mit hochrangigen Bediensteten der Europäischen Kommission kennt Amazon das Brüsseler Berlaymont-Gebäude inzwischen sehr gut. Seit Beginn der Kommission von der Leyen hatte das Unternehmen bereits 46 Treffen mit Vertretern der Kommission, davon 19 mit Kommissar:innen.

Die Sitzungsprotokolle belegen, dass es Amazon dabei auf eine Vielzahl von Generaldirektionen abgesehen hatte. Am häufigsten waren Treffen mit der GD Justiz (6) zum Thema Produktsicherheit und Datenschutz; gefolgt von der GD Umwelt (4) zum europäischen Grünen Deal; der GD Binnenmarkt (4) zum Thema Regulierung der Plattformen, insbesondere das Gesetz über digitale Dienste und das Gesetz über digitale Märkte; der GD Beschäftigung (4) zur Arbeit der Plattformen und zum Sozialen Dialog; sowie der GD Mobilität und Verkehr (4).

Doch die Lobbyist:innen von Amazon wurden nicht nur bei der Kommission vorstellig. Wie Informationen von ParlTrack zeigen, hatte Amazon darüber hinaus 106 Treffen mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEP), hauptsächlich von Renew (32), S&D (28) und EVP (24).

Doch das ist nur ein Bruchteil von Amazons Kontakten zu den EU-Institutionen. Schließlich erfasst die Kommission lediglich die Treffen ihrer 300 wichtigsten Beamt:innen. Auch die Berichte über Lobbykontakte der MdEP sind äußerst lückenhaft, da nur etwas mehr als die Hälfte aller MdEP ihre Treffen überhaupt melden. Darüber hinaus sind nur MdEP mit bestimmten legislativen Funktionen, wie Berichterstatter und Vorsitzende, zur Meldung ihrer Treffen verpflichtet. Berater:innen der politischen Parteien und Assistent:innen sind in den Daten nicht enthalten.

Diese Lücken sind ganz besonders problematisch, da Amazon seine Lobbyarbeit ganz gezielt auf parlamentarische Assistent:innen richtet. So organisierte das Unternehmen 2022 eine Veranstaltung speziell für Assistent:innen des Europäischen Parlaments: ein informelles Networking-Event mit gratis Essen und Cocktails. Laut Einladung, die ein MdEP an CEO weiterleitete, bot die Veranstaltung „die Möglichkeit zum Netzwerken und zur Begegnung mit den Public-Policy-Teams von Amazon“.

Beistand durch Wirtschaftsberatungen

Amazon ist berüchtigt für seine Monopolstellung. Das Unternehmen hat diese Macht dazu genutzt, um im Marketplace Drittanbieter unter Druck zu setzen, hat durch strategische Aufkäufe von Wettbewerbern seine Marktstellung ausgebaut und neue Märkte erschlossen und hat mit Kampfpreisen seine Wettbewerber unterboten. Doch diese Machtposition gerät immer mehr unter Druck. Neue Fusionen wie die von iRobot werden von den Wettbewerbsbehörden und der Zivilgesellschaft ganz genau beobachtet. Im September 2023 hat die US-Regierung gar Klage gegen Amazon eingereicht. Sie wirft dem Unternehmen vor, seine Monopolstellung illegal aufrechtzuerhalten. Auch in Deutschland geht das Bundeskartellamt gegen Amazon vor.

Genau hier kommen die Wirtschaftsberatungsunternehmen ins Spiel. Sie sind darauf spezialisiert, den Regulierungsbehörden positive wirtschaftliche Argumente zu liefern und damit Fusionen zu legitimieren. So soll „bewiesen“ werden, dass Verbraucher:innen aus diesen Fusionen keine Nachteile entstehen und dass die Unternehmen nicht gegen den Wettbewerb verstoßen. Wirtschaftsberatungsunternehmen werden oft als „neutrale Vermittler“ angesehen, während sie in Wirklichkeit maßgeblich an der Gestaltung der EU-Fusionspolitik beteiligt sind und mit fragwürdigen Methoden Fusionen vorangetrieben haben. Amazon macht ausgiebig Gebrauch von der Unterstützung durch diese Firmen und hat in den letzten Jahren mindestens zwei von ihnen beauftragt.

Charles River Associates International (CRAI) hat besonders enge Beziehungen zu Amazon. Die Firma vertrat den Onlinehändler beispielsweise bei der Investition in Deliveroo (siehe oben). Doch CRAI hat das Unternehmen nicht nur bei Fusionen und Wettbewerbsverfahren vertreten.

Die Firma hat darüber hinaus versucht, die öffentliche und akademische Debatte um Amazons Monopolstellung zu beeinflussen. So finanzierte Amazon einen Artikel mit Argumenten gegen die von der EU und Italien eingeleiteten Untersuchungen zu Amazons missbräuchlicher Behandlung von Drittanbietern auf seiner Plattform. Autoren der Veröffentlichung waren ein Berater von CRAI und ein Wissenschaftler der Universität Toronto, die darüber hinaus „auch Amazons Perspektive“ in die öffentliche Debatte einbeziehen wollten.

Im Laufe des von der EU eingeleiteten Verfahrens griff Amazon auch auf die Dienste von Compass Lexecon zurück. Der Fall wurde Ende 2022 schließlich abgeschlossen, nachdem der Onlinehändler eine Reihe von Änderungen am Marketplace angeboten hatte. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie SOMO und das Balanced Economy Project kritisierten die Vereinbarung jedoch für ihre „vielen Schlupflöcher“.

Compass Lexecon hingegen wurde von der Fachzeitschrift für Kartellrecht und Wettbewerbsrecht „Global Competition Review“ für seine zweifelsohne lukrative Beratung in dem Fall ausgezeichnet. Ein Team von 20 Personen war damit beschäftigt gewesen.

Förderung von Universitäten

Doch Amazon arbeitet nicht nur mit Wirtschaftsberatungsunternehmen zusammen. Genau wie andere Big-Tech-Unternehmen fördert das Unternehmen Fakultäten der Wettbewerbsökonomie verschiedener Universitäten, deren Absolventen dann später Positionen in Wettbewerbsbehörden und Wirtschaftsberatungsunternehmen besetzen. Auf diese Weise kann das Unternehmen die Forschungsarbeit langfristig mitprägen und sich die weitreichenden politischen Netzwerke dieser Universitäten zunutze machen.

Ein solches Beispiel ist die Toulouse School of Economics (TSE), eine der renommiertesten Fakultäten für Wettbewerbspolitik in Europa. Sie erhält reichlich finanzielle Unterstützung aus privaten Spenden. Laut Jahresbericht erhalten ihre sechs Fachbereiche 4,609 Millionen Euro an Förderung, davon 3,852 Millionen Euro aus privaten Mitteln. Das Digital Centre ist mit einem Budget von ca. 1,6 Millionen Euro der am besten ausgestattete Fachbereich und hat Partnerschaften mit mehreren Unternehmenssponsoren, darunter Amazon, Meta und Microsoft. Laut Webseite der TSE bietet diese Unterstützung „den Partnern die Möglichkeit, eine bevorzugte Beziehung mit einem Forscherteam aufzubauen“.

Diese Förderung bietet darüber hinaus einzigartige Möglichkeiten für Lobbying und Networking. So organisierte die TSE 2022 ein Gipfeltreffen zum Netzwerken mit den Partnern. Neben „Führungskräften aus der Wirtschaft“, von Amazon, AXA und BNP Paribas, war auch EU-Kommissarin Vestager anwesend. Am Ende des ersten Veranstaltungstages hatten die Unternehmenspartner die Möglichkeit, auf einer privaten Cocktailparty mit den Vortragenden zusammenzukommen.

Die TSE ist jedoch nicht die einzige Fakultät im Bereich Wettbewerbsökonomie, die von Amazon gefördert wird. Auch das Florence Competition Programme, das Teil des European University Institute ist, zählt Amazon zu seinen wichtigsten Geldgebern. Für die Förderer ist die Unterstützung mit umfangreichen Vorteilen verbunden. Wie auf der Webseite der Einrichtung zu lesen ist, können sich Spender am Beirat des Programms beteiligen, der „über Fachveranstaltungen, Weiterbildung und Forschungsaktivitäten“ entscheidet. Darüber hinaus werden Spender bei der Suche nach Rednern für Fachveranstaltungen „bevorzugt in Betracht gezogen“.

Imagewerbung: Auch so will Amazon für ein positives Image sorgen

Wie bereits erwähnt, wird Amazon schon seit Jahren für die schlechten Arbeitsbedingungen in seinen Logistikzentren kritisiert. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen hat sich Amazon bisher Tarifverhandlungen widersetzt. Nachforschungen des Journalist:innen-Netzwerks Correctiv haben erneut gezeigt, wie schlecht die Bedingungen bei Amazon tatsächlich sind: Die Arbeit wird rund um die Uhr überwacht, der Zeitdruck ist immens und es bleibt fast keine Zeit für Pausen und Entspannung.Amazon hat in den letzten Jahren mit einer millionenschweren Imagekampagne darauf reagiert. Die Kosten dafür liegen weit über dem, was das Unternehmen für direkte Lobbyarbeit ausgibt. In Frankreich zum Beispiel hat das Unternehmen die Kampagne "Ratatouille", benannt nach dem gleichnamigen Disney-Film, gestartet, um sein öffentliches Image zu verbessern. Laut Bloomberg umfasst diese Kampagne eine Reihe von Fernsehspots, Werbung für französische Produkte und die Beauftragung von Studien, die positiven Auswirkungen des Unternehmens aufzeigen sollen.

Laut unserer Berechnungen hat Amazon in Deutschland im Jahr 2021 Printanzeigen im Wert von 8,1 Millionen Euro (Bruttowerbeaufwendungen) geschaltet, um sein Image aufzupolieren. Allein 2022 schaltete Amazon zudem einen TV-Werbespot in Deutschland und Österreich im Wert von 19 Millionen Euro . In dem Spot stellte es sich als nachhaltiges Unternehmen und guter Arbeitgeber dar. Der Berechnung basiert auf Untersuchungen von AdVision digital, einem Dienstleister für Medienbeobachtung.

Er entspricht den Bruttowerbeaufwendungen und nicht der Gesamtsumme, die Amazon tatsächlich dafür ausgegeben hat. So lässt er außer Acht, dass das Unternehmen wahrscheinlich Rabatte ausgehandelt hat (über deren Höhe nur zu spekulieren ist) oder die Tatsache, dass Unternehmen normalerweise externe Dienstleister mit der Entwicklung solcher Anzeigenkampagnen beauftragen, die ebenfalls bezahlt werden müssen.

Außerdem decken diese Kosten nur einen Teil der Ausgaben für diese Werbekampagnen ab, zu denen nämlich auch Onlinewerbung gehörte, insbesondere in den sozialen Netzwerken. Darüber hinaus werden diese Anzeigen auch in anderen Ländern geschaltet. Somit ist es sehr wahrscheinlich, dass die Gesamtausgaben von Amazon für die Imagekampagnen in ganz Europa noch bedeutend höher liegen.

Im EU-Lobbyregister werden Ausgaben für derartige Imagekampagnen nicht erfasst. Aus der Höhe der Ausgaben für diese Einflusskampagne wird deutlich, dass Amazon damit über seine klassische Lobbyarbeit hinausgeht. Das Kalkül hinter solchen Aktionen ist einfach: mit einem positiven Image und der Akzeptanz der Bevölkerung lassen sich Politiker:innen sehr viel einfacher im Sinne der eigenen Interessen beeinflussen. So will man Politik und Bevölkerung davon überzeugen, dass hinsichtlich der Arbeitsbedingungen gar kein Handlungsbedarf besteht. Derartige Aktionen, die den Ruf des Unternehmens verbessern sollen, sind also durchaus als Teil von Amazons Lobbystrategie anzusehen.

Amazon besorgt um sein Image

Wie die meisten großen Online-Plattformen hat auch Amazon seinen Hauptsitz nicht in der EU. Die Unternehmenszentrale ist in Seattle und von dort aus unterhält man enge Beziehungen zur US-Regierung. In Europa werden die großen Technologieunternehmen zwar nicht länger nur als mutige Außenseiter gesehen, sondern sind zu vertrauten Namen geworden, jedoch müssen sie hier noch intensiv an ihren Beziehungen zu den Regierungen der Mitgliedstaaten und den EU-Institutionen arbeiten.

Das Geschäftsmodell der großen Online-Plattformen wie Amazon basiert oft darauf, die Grenzen dessen, was akzeptabel und legal ist, immer wieder zu testen. Zudem ist Amazons Ruf durch die kontroversen Arbeitsbedingungen in den Logistikzentren, die fehlende Nachhaltigkeit aufgrund der Zerstörung zurückgesendeter Waren sowie Steuerhinterziehung bereits leicht angeschlagen. Amazon muss es also unbedingt schaffen, in der Öffentlichkeit ein gutes Image zu wahren, das nicht noch weiter leiden darf. Das Unternehmen weiß sehr wohl, dass ansonsten Regulierung droht und das Geschäftsmodell scheitern könnte.

Die Lobbyarbeit, der Aufbau eines Netzwerks von externen Partnern, über das die eigene Botschaft verbreitet werden kann, und die Förderung eines positiveren Markenimages sind daher zentraler Bestandteil von Amazons Strategie zum Machterhalt.

Wir erwarten, dass Amazon in den kommenden Jahren seine Lobbyarbeit bei der EU und den Mitgliedstaaten noch weiter intensivieren wird. Jetzt ist es an Politik, Medien, Belegschaft und Aktivist:innen, diese Strategie zu durchschauen und das Unternehmen weiterhin zur Verantwortung zu ziehen.

Amazons Lobbymacht und Marktmacht schaden dem demokratischen Prozess

Die Mischung aus Markt- und Lobbymacht von Amazon sind für den demokratischen Prozess schädlich . Wir fordern die politischen Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden auf EU- und nationaler Ebene auf:

  • Schutzmaßnahmen für den demokratischen Prozess einzuführen, wie z. B. bessere Transparenzregeln und Verhaltenskodizes;
  • den Einfluss von Lobbyisten, die über große Ressourcen verfügen, aktiv in Frage zu stellen und sich proaktiv um Akteure der Zivilgesellschaft zu bemühen, die über geringe Ressourcen verfügen, wie z. B. Gewerkschaften, kleine Unternehmen und Umweltorganisationen;
  • die übermäßige Konzentration von Monopolmacht zu bekämpfen: die Macht von Amazons Lobbyisten ist auch Folge der übermäßigen Ressourcen, die durch Monopolmacht entstehen. Um den demokratischen Prozess angemessen auszugleichen, müssen die politischen Entscheidungsträger gegen die Marktmacht selbst vorgehen. Dies erfordert eine Aufwertung und bessere Durchsetzung der EU-Kartellvorschriften;
  • Der Digital Markets Act (DMA) ist zwar ein großer Schritt nach vorn, um den Missbrauch von Marktmacht zu bekämpfen, aber es muss noch mehr getan werden, um die Macht von Amazon einzudämmen, einschließlich des Einsatzes struktureller Abhilfemaßnahmen wie Zerschlagung, um eine weitere Machtkonsolidierung zu verhindern. Und der DMA muss durchgesetzt werde.

Haben Sie Hinweise zur Lobbyarbeit der Digitalkonzerne?

Dann können Sie sich anonym und vertraulich an LobbyControl wenden!

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