Arne Müseler - CC-BY-SA 3.0
Macht der Digitalkonzerne

Apple und seine Lobby-Tarnorganisation ACT

Der Big-Tech-Konzern nutzt einen Verband, um die eigenen Interessen in der EU durchzusetzen. Beim EU-Transparenzregister haben wir deshalb Beschwerde eingereicht.

von 5. April 2023

Die großen Digitalkonzerne lobbyieren in der EU weiter mit allen Mitteln, um ihre Interessen durchzusetzen. Zur Lobbystrategie gehören auch Netzwerke aus Think Tanks, Agenturen und Verbänden, die die Positionen der Big-Tech-Giganten verbreiten. Immer wieder begegnen uns Verbände, die vermeintlich die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vertreten, dabei aber eigentlich für die Interessen der größten Tech-Konzerne lobbyieren, die den Markt dominieren. Ein besonders deutliches Beispiel ist ACT - The App Association: Die Organisation, die angeblich zahlreiche kleine App-Entwickler vertritt, wird zu über der Hälfte von Apple finanziert – und fällt gleichzeitig regelmäßig damit auf, sich in Gesetzgebungs- und Gerichtsprozessen klar im Interesse von Apple zu positionieren.

Ein Verband ohne genaue Angaben über seine Mitglieder

ACT wurde 1998 in den USA gegründet und vertritt laut eigenen Angaben kleine und mittlere Tech-Unternehmen in den USA, dem Vereinigten Königreich und allen Ländern der EU. Wer genau diese Mitglieder sind, wird auf ihrer Internetseite jedoch nicht transparent gemacht: Dort findet sich nur ein kleiner Ausschnitt von 38 Unternehmen, von denen die meisten in den USA oder Großbritannien sitzen. Apple wird hier zwar nicht gelistet, gibt aber seinerseits im EU-Transparenzregister an, Mitglied bei ACT zu sein.

Die Sponsoren, über die ACT sich finanziert, werden auf der Webseite genannt: Das sind ausschließlich große Konzerne wie Apple, Verizon, Intel, AT&T und Verisign. Zu früheren Sponsoren gehören u.a. Facebook, Microsoft und Paypal (Angaben von 2017). Doch auch hier bleiben Fragen, denn zu welchen Anteilen die Sponsoren ACT finanzieren, erklärt die Organisation weder auf seiner Internetseite, noch im Transparenzregister der EU.

Recherchen von Bloomberg zeigten kürzlich, dass ACT zu über der Hälfte von Apple finanziert wird. Auf Nachfrage bestätigte uns ACT diese Angaben. Zu den genauen Anteilen der Finanzierung machen sie aber nichts bekannt. So bleibt weiterhin verborgen, wie hoch der Anteil genau ist, oder ob Apple den Verband sogar fast vollständig finanziert. Trotz der hohen Finanzierung durch Apple beharrt ACT weiterhin darauf, vor allem die Interessen kleiner und mittlerer Tech-Unternehmen zu vertreten.

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Lobbyarbeit im Interesse von Apple

Auch wenn ACT leugnet, Lobbyarbeit für Apple zu betreiben, tritt die Organisation immer wieder als Stimme des Tech-Konzerns auf. Besonders deutlich wird das beispielsweise beim Gerichtsverfahren des französischen Handelsgerichts gegen Apple, in dem ACT die Seite von Apple unterstützt hat. Das Gericht ist hier gegen die Monopolstellung des französischen App-Stores vorgegangen. Apple wurde zu einer Strafzahlung von einer Millionen Euro verurteilt. ACT ist dem Verfahren an der Seite von Apple beigetreten und versuchte mit dem Verweis auf die vermeintlichen Interessen ihrer Mitglieder, die Position von Apple zu stärken. Laut dem Urteil, das LobbyControl vorliegt, erklärte die französische Regierung während des Prozesses, dass ACT und Apple „miteinander verbunden sind“. Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass ACT im Interesse von Apple handelt.

Unter dem Deckmantel der KMU, die der Verband angeblich vertritt, gibt ACT immer wieder Stellungnahmen ab, die die Positionen von Apple unterstützen. So hat die Organisation insbesondere gegen den Digital Markets Act (DMA) lobbyiert, der den Machtmissbrauch der großen Internetplattformen begrenzen soll. In ihren Stellungnahmen betont ACT, dass die Regulierung der großen Plattformen auch negative Auswirkungen für kleine und mittlere Tech-Unternehmen habe. Dabei ist es gerade die Übermacht von Big Tech, durch die KMU und Start-ups im Digitalbereich vom Markt gedrängt werden oder den Bedingungen der großen Plattformen ausgeliefert sind. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass ACT primär nicht die Interessen von KMU vertritt.

Verdeckte Lobby-Netzwerke als Lobbystrategie

Neben dieser direkten Lobbyarbeit gründete und betreibt ACT zwei Initiativen, die einen Bezug zu Big Tech haben. In der sogenannten Connected Health Initiative, die sich mit der Regulierung von Gesundheit und Technologie beschäftigt, sitzen u.a. Apple und Intel im Steuerungskreis und bestimmen die Agenda mit. Die Patentrecht-Initiative All Things Frand wird zudem von Apple, Cisco, Intel und Microsoft unterstützt. Auch hier sind auf der Webseite weniger die angeblichen KMU Mitglieder sichtbar, sondern die Big Tech Unternehmen.

Diese verdeckte Einflussnahme ist eine Lobbystrategie von Big Tech, die wir häufiger beobachten. Bereits in unserer Studie zur Lobbymacht von Big Tech in der EU haben wir gezeigt, dass die großen Techkonzernein Brüssel ein breites Netzwerk an Agenturen, Think Tanks und KMU bzw. Start-up-Verbänden aufgebaut haben. Es soll der Eindruck erweckt werden, dass die Positionen der Unternehmen von vordergründig unabhängigen Fürsprechern unterstützt werden. Politische Interessen lassen sich so leichter durchsetzen. Weitere Beispiele sind die Verbände SME Connect und Allied for Startups.

Vorhandene Regeln reichen nicht aus

Die Verbindungen von ACT zu Apple sind kein Geheimnis. Immer wieder wurde in der Vergangenheit dazu von verschiedenen Personen und Organisationen Kritik geäußert. Auch andere Verbände im Digitalbereich haben schon darauf hingewiesen, dass ACT nicht die Interessen von KMUs vertritt. Durch die hohe Finanzierung durch Apple und die genannten Lobbyaktivitäten wird klar, dass der Verband als Stimme des Techkonzerns handelt.

Allerdings macht ACT im Transparenzregister der EU keinerlei Angaben über seine Verbindungen zu Apple: Laut dem Verhaltenskodex des Registers sind die eingetragenen Organisationen dazu verpflichtet, ihre Mitglieder oder Mandanten namentlich zu nennen, in deren Interesse sie handeln. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit unserer Partnerorganisation CEO Beschwerde beim europäischen Transparenzregister eingereicht.

Das Sekretariat hat unsere Beschwerde aber als unzulässig abgewiesen. Die Begründung: ACT gibt seine Mitglieder mit dem Link zur Webseite an und ist zur Angabe von Finanzierung durch andere Organisationen nicht verpflichtet. Das zeigt, dass wesentliche Informationen im Transparenzregister fehlen, um die verdeckte Lobbyarbeit von Big Tech sichtbar zu machen. Um Tarnorganisationen wie ACT als solche zu erkennen, sollten die Regeln des Transparenzregister so geändert werden, dass wesentliche Geldgeber von Lobbyakteuren angegeben werden müssen.

Die Lobbymacht von Big Tech

Unsere Studie über die geballte Lobbymacht der Digitalkonzerne


Die Lobbymacht von Big Tech
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