Nebeneinkünfte

Bundestag: Mehr Transparenz? Ohne uns!

Ob bei Nebeneinkünften, Parteispenden, Sponsoring oder dem Drehtüreffekt – mehr Transparenz und Regeln zur Lobbykontrolle sind mit dem derzeitigen Bundestag nicht zu machen. Nachdem sich in den vergangenen Wochen alle Parteien mit Beteuerungen, sich für mehr Transparenz einsetzen zu wollen, geradezu überboten, wurden entsprechende Anträge gestern von Schwarz-Gelb klar abgelehnt. SPD, Grüne und Linke hatten […]
von 9. November 2012
Jakob Huber/ Campact CC-BY-NC

Bild: Jakob Huber/ Campact CC-BY-NC CC-BY-NC

Ob bei Nebeneinkünften, Parteispenden, Sponsoring oder dem Drehtüreffekt – mehr Transparenz und Regeln zur Lobbykontrolle sind mit dem derzeitigen Bundestag nicht zu machen. Nachdem sich in den vergangenen Wochen alle Parteien mit Beteuerungen, sich für mehr Transparenz einsetzen zu wollen, geradezu überboten, wurden entsprechende Anträge gestern von Schwarz-Gelb klar abgelehnt. SPD, Grüne und Linke hatten gleich mehrere Anträge eingebracht, die zum Teil zu erheblichen Fortschritten bei der Begrenzung von Lobbyeinflüssen auf die Politik geführt hätten.

Worum ging es im Einzelnen?

SPD und Grüne bekräftigten ihre Forderung nach einer Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten auf „Euro und Cent“. Dies wurde mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition abgelehnt. Bereits am gestrigen Vormittag waren entsprechende Beratungen in der Rechtstellungskommission erneut vertagt worden. Schwarz-Gelb möchte an einem Stufenmodell festhalten, allerdings mit zehn statt den bisherigen drei Stufen.

Rechtsanwälte und Berater weiter intransparent

Neben der Frage der betragsgenauen Offenlegung von Nebeneinkünften wurde in den vergangenen Wochen auch über die Sonderrolle von Rechtsanwälten und Unternehmensberatern im Bundestag diskutiert. Hier setzen vertragliche oder gesetzliche Verschwiegenheitspflichten dem Transparenzanspruch Grenzen, sodass Mandanten oder Klienten nicht offengelegt werden können. Seit langem fordern wir, dass daher zumindest die Branche, aus der Klienten stammen, angezeigt werden muss. Das ist mit den aktuell geltenden Verhaltensregeln für Abgeordnete bereits möglich, wurde aber von Bundestagspräsident Lammert in den zugehörigen Ausführungsbestimmungen nicht umgesetzt. SPD und Grüne brachten gestern einen entsprechenden Antrag ein, in dem gefordert wird, die Möglichkeit zur Offenlegung der Branchen endlich zu nutzen. Auch er wurde von der Mehrheit des Bundestags abgelehnt.

Karenzzeiten finden keine Mehrheit

Die Diskussion über Transparenz in der Politik beschränkt sich inzwischen nicht mehr nur auf das Thema Nebeneinkünfte. Dass heute auch Karenzzeiten für ausscheidende Minister und Staatssekretäre debattiert wurden, ist erfreulich. Weniger erfreulich ist allerdings, dass drei verschiedene Anträge zur Einführung einer solchen Karenzzeit ebenfalls abgelehnt wurden. Die SPD hatte sich bei ihrem Antrag dazu an den geltenden Regeln für EU-Kommissare orientiert, die 18 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Amt ihrer ehemaligen Dienststelle nicht als Lobbyisten gegenüber treten dürfen. Sie müssen sich innerhalb dieses Zeitraums die Aufnahme von beruflichen Tätigkeiten genehmigen lassen. Die Grünen gingen in ihrem Antrag dazu noch weiter und forderten eine Abkühlphase von drei Jahren. Das entspricht unserer Forderung nach einer dreijährigen Karenzzeit, in der Lobbytätigkeiten für politisches Spitzenpersonal untersagt sein sollten. Die Linke forderte in ihrem Antrag unter anderem eine fünfjährige Karenzzeit, wie es sie etwa in Kanada gibt.

Spenden und Sponsoring begrenzen?

Zwei weitere, bereits aus dem Jahr 2010 stammende, Anträge der Linksfraktion, Parteisponsoring und Parteispenden von Unternehmen und Verbänden zu verbieten, wurden – nicht nur von Schwarz-Gelb – abgelehnt. Die Grünen setzten sich mit einem eigenen Antrag dafür ein, Sponsoring zumindest transparenter zu gestalten, was auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) im Jahr 2009 forderte. Dies wurde ebenfalls von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Darüber hinaus forderten die Grünen, Parteispenden auf 100.000 Euro pro Jahr und Spender zu begrenzen. Dies wurde bei Enthaltung von SPD und Linksfraktion mit den Stimmen von Schwarz-Gelb abgelehnt.

Insgesamt zeigte sich, dass der Wille der schwarz-gelben Koalition zu mehr Transparenz und Lobbyregulierung sehr schwach ist. Bei der Ablehnung der Anträge folgte das Plenum des Bundestags einer Beschlussempfehlung des Innenausschusses, die sich folgendermaßen zusammenfassen lässt: „Nein, nein und nochmals nein!“

Wir werden uns angesichts der zwar enttäuschenden, aber nicht unerwarteten Beschlüsse des gestrigen Tages weiterhin für eine weitergehende Offenlegung von Nebeneinkünften, ein verpflichtendes Lobbyregister, mehr Transparenz und Grenzen bei Parteispenden und -sponsoring sowie eine dreijährige Karenzzeit einsetzen. Dass diese Themen überhaupt auf der Tagesordnung stehen und vermehrt diskutiert werden, ist nicht zuletzt auch ein Erfolg unserer Arbeit. Im anstehenden Bundestagswahlkampf werden die Parteien nicht darum herum kommen, Gesicht zu zeigen und deutlich zu machen, wo sie in Bezug auf die Stärkung der Demokratie durch mehr Transparenz und Schranken für Lobbyismus stehen. Die gestrigen Anträge und dazugehörigen Beschlüsse geben darauf einen deutlichen Hinweis.

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