Großspenden in Höhe von 6,3 Millionen Euro flossen 2017 an die aktuell im Bundestag vertretenen Parteien. Dabei zeigten Konzerne, Verbände und vermögende Gönner eine eindeutige Präferenz: 86 Prozent des Geldes ging an Schwarz-Gelb, nahezu die Hälfte landete bei der CDU. Die größte Einzelspende verbuchte die CSU.
In Wahljahren fließen Parteispenden stets besonders reichlich – und gerade die Finanzierung von Wahlkämpfen ist unter Demokratiegesichtspunkten ein sensibles Thema. In Deutschland herrscht dabei weitgehend Intransparenz: Nur Einzelspenden, die jeweils 50.000 Euro übersteigen, müssen von den Parteien umgehend gemeldet und dann vom Bundestag veröffentlicht werden. Dabei zeigt sich: 2017 war in mancherlei Hinsicht ein bemerkenswertes Jahr.
40 Prozent mehr Großspenden als 2013, vor allem Grüne und FDP legen zu
In 2017 sprudelte der Großspendenbrunnen deutlich kräftiger als bei vorangegangenen Bundestagswahlen. Insgesamt rund sieben Millionen Euro erhielten die deutschen Parteien an Großspenden im vergangenen Jahr. Bei den aktuell im Bundestag vertretenen Parteien waren es 6,3 Millionen Euro, rund zweieinhalb Millionen Euro mehr als 2013. Die größte reguläre Einzelspende betrug 650.000 Euro (vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie an die CSU). Auf Platz 2 folgt die Überweisung von 1&1-Milliardär Ralph Dommermuth an die CDU in Höhe von 500.000 Euro. Solche Mega-Spenden sind kein neues Phänomen: 2013 überwies die BMW-Eignerfamilie Quandt-Klatten zusammen fast eine Million Euro an CDU und FDP. (Alle Spenden finden Sie in unserer Lobbypedia-Datenbank.)
Spitzenreiter bei den Parteien war die CDU, die fast die Hälfte aller Großspenden (2,9 Millionen Euro) bekam. Unter den Spendern waren die Familie Oetker, Daimler, Arbeitgeberverbände wie Südwestmetall oder der Verband der Chemischen Industrie. Bei SPD und CSU gingen die Großspenden leicht zurück. Die Grünen hingegen haben 2017 mit 483.000 Euro mehr als achtmal so viele Großspenden bekommen wie in den Wahlkämpfen 2013 oder 2009. Unter ihren Spender waren der Investor Jochen Wermuth (200.000 Euro) und der Arbeitgeberverband Südwestmetall (110.000 Euro). Die FDP wiederum kassierte 2017 ihre Rekordsumme von 1,9 Millionen Euro und damit mehr als doppelt so viel wie 2013. Einige Finanzinvestoren begünstigten die Liberalen, größte Einzelspender waren mit je 300.000 Euro Helios-Kliniken-Gründer Lutz Helmig und die FKH Beteiligungs SE in München (das ARD-Magazin Panorama beleuchtete jüngst die Hintergründe der FKH).
Mega-Spenden untergraben die Demokratie
Gigantische Summen wie diese übersteigen das Einkommen, das viele Menschen in ihrem gesamten Arbeitsleben erzielen. Solche Großspenden verändern die politische Wettbewerbssituation und untergraben das demokratische Prinzip, dass jede Stimme gleich viel zählen soll. Sie können abhängig machen und bei den Empfängern das Gefühl von Dankbarkeit und den Drang erzeugen, sich mit politischen Gefälligkeiten zu revanchieren. Wir fordern deshalb eine Obergrenze für Parteispenden von 50.000 Euro. In vielen anderen Ländern sind solche Grenzen bereits üblich, in Frankreich liegt sie zum Beispiel bei 7.500 Euro, wobei Unternehmen und Verbände dort überhaupt nicht spenden dürfen. In anderen Ländern sind die Obergrenzen wiederum an die Entwicklung der Mindest- oder Durchschnittslöhne gekoppelt.
Konzerne und Vermögende setzen auf Schwarz-Gelb
Betrachtet man die Verteilung der Großspenden auf die politischen „Lager“, so ergibt sich ein eindeutiges Bild: Schwarz-Gelb strich 86 Prozent ein, Rot-Grün teilte sich die restlichen 14 Prozent. Die Linke lehnt Spenden von Unternehmen ab und ging bei den Großspenden ebenso leer aus wie die AfD, die jedoch durch andere Quellen massive Wahlkampfunterstützung erhielt.
Was ist mit den AfD-Wahlkampfmillionen?
Dazu muss man wissen: Anders als in anderen Ländern gibt es in Deutschland keine gesonderte Rechenschaftspflicht für Wahlkampfzeiten. In Großbritannien etwa müssen die Parteien Spenden normalerweise vierteljährlich, in Wahlkampfzeiten jedoch wöchentlich veröffentlichen. Das gilt nicht nur für die Parteien selbst, sondern auch für Dritte, die zu ihrer Unterstützung Kampagnen organisieren. Dadurch sollen Wählerinnen und Wähler über die finanziellen Hintergründe, mögliche Interessenskonflikte und Einflussnahmen Bescheid wissen. In Deutschland fehlt eine solche Regelung, was nicht nur die Staatengruppe des Europarats gegen Korruption (GRECO), sondern kürzlich auch die OSZE-Wahlbeobachtermission zur Bundestagswahl bemängelte.
Der OSZE-Bericht kritisiert auch die intransparent finanzierte Wahlkampagne zugunsten der AfD. Über den „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ und die Schweizer Werbeagentur Goal AG profitierte die AfD von einer millionenschweren Unterstützung bei der Bundestagswahl und sieben Landtagswahlen in 2017 und 2016. Für Massenzeitungen („Deutschlandkurier“, „Extrablatt“), Großplakate und Internetwerbung wurden dabei mindestens sechs Millionen Euro ausgegeben. Der Front-Verein betrieb dafür kein nennenswertes Crowdfunding – das Geld stammt von einem oder einer Handvoll Großspendern. Wären diese Gelder als reguläre Parteispenden verbucht worden, würde die AfD das Großspendenranking 2017 mit großem Abstand anführen.
Dass ganze Wahlkampagnen serienmäßig von anonymen Großspendern finanziert werden, ist ein in der Geschichte der Bundesrepublik wohl beispielloser Vorgang, der die Demokratie beschädigt und Bürger/innen hinter die Fichte führt. Wir fordern deshalb, auch Wahlkampagnen, die von Dritten wie beispielsweise einem Verein gesteuert werden, einer gesetzlichen Transparenzpflicht zu unterwerfen.
Großspenden sind nur ein Bruchteil des „politischen Geldes“
Ein anderes Problem ist, dass die vom Bundestag veröffentlichten Großspenden nur ein Teil des politischen Geldes sind. So sind immer mehr Großspender inzwischen auf das Schlupfloch Sponsoring umgestiegen und tauchen in den offiziellen Geberlisten überhaupt nicht mehr auf. So hat beispielsweise BMW in 2009 über eine halbe Million Euro gespendet, 2013 immerhin noch knapp 200.000 Euro – und ist dann komplett von Spenden auf das intransparente, steuerbegünstigte Sponsoring umgestiegen. Dessen Höhe ist unbekannt. Auch von zahlreichen anderen Akteuren weiß man, dass sie Parteien sponsern – ohne dass der finanzielle Umfang offengelegt wird. Wir fordern deshalb, das Transparenzschlupfloch Sponsoring endlich per Gesetz zu schließen und Sponsorzahlungen ab 2000 Euro namentlich bekannt zu machen.
Hinzu kommt, dass der Löwenanteil der Parteispenden – erfahrungsgemäß rund drei Viertel der Gesamtsumme – erst Mitte 2019 bekannt wird. Dann veröffentlicht der Bundestag die Rechenschaftsberichte der Parteien für 2017, und damit die Namen aller Spender, die im Jahresverlauf mehr als 10.000 Euro an eine einzelne Partei überwiesen. Erst mit fast zwei Jahren Verzögerung wird also beispielsweise sichtbar, wenn Spender sechsstellige Beträge in mehreren Tranchen überwiesen, die für sich genommen unter 50.000 Euro lagen. Solche Fälle gibt es immer wieder. Beispielsweise wurde seit 2011 keine einzige Großspende der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) zeitnah veröffentlicht, obwohl sie in diesem Zeitraum mehrere Millionen Euro spendete, größtenteils an die CDU (siehe die DVAG-Übersicht in der Lobbypedia).
Eine öffentliche Diskussion über diese Spenden und ihren etwaigen Zusammenhang mit politischen Entscheidungen oder Wahlversprechen wird durch die laschen Transparenzregeln weitestgehend vermieden. Das ist ein Unding in einer Demokratie. Wir fordern deshalb, die Schwelle, ab der Spenden sofort veröffentlicht werden müssen, auf 10.000 Euro abzusenken, und in den Rechenschaftsberichten alle Spenden ab 2.000 Euro namentlich auszuweisen.
Mehr Informationen
- Parteispenden-Datenbank (Lobbypedia)
- Rechtslage, Hintergrund, Fallbeispiele zu Parteispenden (Lobbypedia)
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