Parteienfinanzierung

Gestückelt und geschleust: Skandale um Parteispenden belasten die GroKo

Ein Jahr vor der Bundestagswahl belasten zwei Parteispendenskandale die Große Koalition. SPD und CDU sollen illegale Spenden angenommen haben, auch gegen die CSU wird ermittelt. Beide Fälle wurden durch Schwachstellen im Parteiengesetz ermöglicht – und beide flogen nur durch Zufall auf.
von 13. Oktober 2016

Ein Jahr vor der Bundestagswahl belasten zwei Parteispendenskandale die Große Koalition. SPD und CDU sollen illegale Spenden angenommen haben, auch gegen die CSU wird ermittelt. Beide Fälle wurden durch Schwachstellen im Parteiengesetz ermöglicht – und beide flogen nur durch Zufall auf.

Verschleiern durch Stückeln: Der SPD-Fall

Ein Geldbündel wechselt per Händedruck den Besitzer

(Foto: axelle b CC0 1.0)

In Regensburg soll Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) für seinen Wahlkampf rund 600.000 Euro von drei Bauunternehmen erhalten haben. Das Geld soll teils über Strohleute geflossen sein, in Tranchen unter 10.000 Euro – also unterhalb der Schwelle, ab der Parteien die Namen von Spendern veröffentlichen müssen. Die Bundestagsverwaltung prüft, ob die SPD gegen das Parteiengesetz verstoßen hat. Dies besagt, dass Parteien keine Spenden annehmen dürfen, die offensichtlich zur Umgehung der Transparenzpflicht gestückelt wurden. Der SPD drohen Strafzahlungen von mehr als einer Million Euro.

Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Korruption. Die von ihr beschlagnahmten Unterlagen sollen dabei auch jahrelange Spenden derselben Bauunternehmen an die bis 2014 regierende CSU betreffen. Der Verdacht: Durch Spenden und die Vergabe lukrativer Posten entstand ein besonders dichter Bau-Filz made in Regensburg. So erhielt der frühere CSU-Oberbürgermeister Schaidinger nach dem Ausscheiden aus dem Amt einen gut dotierten Beratervertrag bei einer der Baufirmen. Und noch nach Beginn des Ermittlungsverfahrens machte OB Wolbergs den mutmaßlichen „Architekten“ (Spiegel) des Spendensystems zum neuen Technischen Leiter der kommunalen Wohnungsgesellschaft Stadtbau GmbH – obwohl es zwei Bewerberinnen mit höherer Qualifikation gab.

Offenlegungsschwellen sind zu hoch

Der Fall belegt erneut, dass die Offenlegungsschwellen für Parteispenden in Deutschland viel zu hoch sind. Selbst riesige Summen können leicht auf Beträge knapp unterhalb 10.000 Euro gestückelt und über Strohleute verteilt werden, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern. Eine Absenkung auf 2.000 Euro ist dringend notwendig. Auch dann wäre Stückelung im Prinzip zwar noch möglich, aber es bräuchte fünfmal so viele Strohleute, um Großspenden zu verschleiern – bei einer Gesamtsumme von 600.000 Euro müssten sich beispielsweise 300 Personen dafür zur Verfügung stellen. Eine extrem hohe Hürde.
Deutlich macht der Fall auch: Transparenz ist kein Selbstzweck. Die Herkunft von Großspenden offenzulegen ist notwendig, um Korruption zu bekämpfen. Das gilt auch für den Fall, dass sich der Korruptionsverdacht in Regensburg nicht weiter erhärten sollte.

Verschleiern durch Schleusen: der CDU-Fall

Auch im zweiten Fall blieben die Spendenbeträge stets knapp unterhalb der 10.000-Euro-Schwelle: Über mindestens acht Jahre flossen illegale Spenden des legendären Geheimagenten Werner Mauss an die CDU.  Das Geld soll aus einer in Panama angesiedelten Briefkastenfirma stammen und wurde über eine Eisenacher Anwaltskanzlei geschleust, die offiziell als Spender auftrat. Begünstigter war hier insbesondere der CDU-Kreisverband Cochem, dessen Bundestagsabgeordneter Peter Bleser zugleich als CDU-Landesschatzmeister und parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium amtiert. Auch Blesers CDU-Landesverband erhielt zweimal falsch deklariertes Auslandsgeld von Mauss.

Die Weiterleitung von Spenden oder die Annahme einer Spende aus dem Ausland sind nicht per se verboten. Dennoch hat die CDU bei den Mauss-Spenden in zweierlei Weise gegen das Parteiengesetz verstoßen, wie die Auszüge aus den Buchungsunterlagen zeigen:

  • Eine Spende mit dem Überweisungsvermerk „Spende Mandant“ hätte die CDU auf keinen Fall angenehmen dürfen, weil es sich deutlich „erkennbar um die Weiterleitung einer Spende eines nicht genannten Dritten handelt“, wie das Parteiengesetz (§ 25 (2) Ziffer 3) formuliert.
  • Und auch mehrere Spenden mit dem Vermerk „Spende Nolilane“ hätte die CDU nicht annehmen dürfen – denn die Briefkastenfirma Nolilane hat ihren Sitz in Panama. Das hätte die CDU mit einer einfachen Internetsuche herausfinden können und müssen. Ausländische Firmen, die Deutschen gehören, dürfen zwar an deutsche Parteien spenden. Doch dies nur dann, wenn sie dieses Geld direkt der Partei zukommen lassen – nicht aber über Mittelspersonen (PartG §25 (2) Ziffer 3a)

Nur bei einer einzigen Spende könnte die CDU tatsächlich reklamieren, getäuscht worden zu sein. In diesem Fall nennt der Überweisungsbetreff zwei Anwälte als Spender sowie als Spendenzweck „Wahlkampf Peter Bleser“. Es gibt keinerlei Hinweis auf einen Dritten, der hinter der Zuwendung stecken könnte. Die Anwälte sagen, sie hätten „vergessen“, diesen Hinweis einzutragen. Doch auch hier hätte die CDU mindestens Verdacht schöpfen müssen – denn dieser Spende gingen schon zwei offensichtlich illegale Spenden derselben Absender voraus. 

Wozu dient der Weg über die Kanzlei?

Werner Mauss hätte ganz legal direkt spenden können oder – als Privatperson unter Namensnennung – auch indirekt über die Anwaltskanzlei. Auch seine Firma Nolilane hätte – direkt aus Panama – Geld an die CDU überweisen können. In all diesen Fällen wäre die Legalität gewahrt. Weder „Deutschlands geheimster Geheimagent“ (Zeit Online) noch seine Firma wären als Spender öffentlich geworden, denn die Beträge lagen ja stets knapp unter der 10.000-Euro-Schwelle.

Allerdings wäre dann die Firma oder Mauss zumindest CDU-intern – oberhalb der Kreis- und Landesebene – als Gönner Blesers und der Partei bekannt geworden. Auch diese eingeschränkte Publizität galt es offenbar zu vermeiden. Es wirft schließlich viele Fragen auf, wenn jemand Geld von einer so dubiosen wie schillernden Figur wie Mauss annimmt. Geld, das zudem aus dem Steuerbetrugs-Paradies Panama fließt. Dort verfügt Mauss nach eigener Aussage unter anderem über einen dubiosen, 23 Millionen Dollar schweren Fonds, der von verschiedenen Geheimdiensten bestückt werde.

Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung könnten die Spenden in einem Zusammenhang mit der Ausstellung falscher Papiere für Mauss stehen. Mauss behauptet, der Cochemer CDU-Landrat Manfred Schnur sei gebeten worden, dabei behilflich zu sein. Die Spenden könnten als Schmiergeld oder als Dankeschön fungiert haben. Schnur weist solche „Unterstellungen“ zurück. Mauss nutzt allein in Deutschland neben seiner echten Identität noch mindestens drei falsche, wie im Rahmen des laufenden Verfahrens wegen Steuerhinterziehung bekannt wurde.

Auch andere Spekulationen wuchern. So wird gemutmaßt, ob Mauss über die – schon mehrfach in Spendenskandale verwickelte – rheinland-pfälzische CDU Geld gewaschen oder „uraltes Schwarzgeld“ (FAZ) geschleust habe. Ob die bekannt gewordenen Spenden nur die „Spitze des Eisbergs“ darstellen, bleibt zumindest vorerst im Dunkeln. Möglicherweise spendete Mauss schon vor 2008 – doch die CDU sagt, sie habe ihre Spendenunterlagen nach der gesetzlichen Aufbewahrungsvorgabe von zehn Jahren vernichtet.

Bleser behauptet, von den Spenden nichts gewusst zu haben und bezeichnet sich und seine Partei nun als „Opfer“. Doch das ist unglaubwürdig. Derart hohe und kontinuierliche Zuwendungen an den eigenen Wahlkreisverband dürften wohl keinem Bundestagsabgeordneten verborgen bleiben. Zudem ist Bleser auch persönlich mit Mauss bekannt, der ein Anwesen im Bleser-Wahlkreis besitzt. Dort besuchte ihn Bleser auch – gemeinsam mit CDU-Landeschefin Julia Klöckner. Als Landesschatzmeister der CDU hat Bleser die wiederholten und auf den Bankbelegen dokumentierten Gesetzesverstöße auf jeden Fall zu verantworten.

Anleitung zur Spendenwäsche

Nachweisbar ist der Fall Mauss nur, weil die Anwälte in ihren Spendenbetreffs deutliche Hinweise gaben. Aber warum dürfen Anwälte überhaupt Parteispenden weiterleiten? Warum gilt das Weiterleitungsverbot nur für Spenden aus Auslandsvermögen?

Die Möglichkeit, über Dritte zu spenden, eröffnet auch die Möglichkeit, dabei anonym zu bleiben – und ist damit ein Einfallstor für verdeckte Einflussnahme und Korruption. Der Mauss-Fall liefert die Anleitung dafür: Strohleute überweisen und „vergessen“, den tatsächlichen Absender des Geldes anzugeben. Aus unserer Sicht sollte das Verbot der Weiterleitung deshalb auf alle Spenden ausgedehnt werden – oberhalb einer Bagatellgrenze für kleine Barspenden. Jedem Spender größerer Beträge ist zumutbar, Parteispenden vom eigenen Konto zu überweisen und somit keine Zweifel an der Herkunft des Geldes aufkommen zu lassen.

SPD und CDU müssen jetzt liefern

In Regensburg und Rheinland-Pfalz zeigen Union und SPD derzeit mit dem Finger aufeinander. Doch sie haben es gemeinsam in der Hand, die Missstände abzustellen. Beide aktuellen Fälle bestätigen erneut das Misstrauen, das viele Bürgerinnen und Bürger nach den Spenden- und Lobbyskandalen der letzten Jahre den Parteien und der Politik insgesamt entgegenbringen. Die Große Koalition sollte die Schlupflöcher im Parteiengesetz schnell schließen – zum Schutz der Demokratie und aus Eigeninteresse, um im Jahr der Bundestagswahl nicht noch weiter an Glaubwürdigkeit zu verlieren.

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