Parteienfinanzierung

Lammert fordert Transparenz beim Parteisponsoring

Für unsere Forderung nach mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung haben wir bemerkenswerte Unterstützung bekommen: In seinem aktuellen Bericht zur Parteienfinanzierung fordert Bundestagspräsident Norbert Lammert mehr Transparenz beim Parteiensponsoring. Der Europarat ermahnte Deutschland im Dezember ebenfalls erneut zu mehr Transparenz. Ein Rückblick auf das Wahljahr 2013 und seine brisanten Großspenden zeigt, wo die Probleme bei der Parteienfinanzierung liegen und welche Schritte jetzt unternommen werden müssen.
von 24. Januar 2014

Für unsere Forderung nach mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung haben wir bemerkenswerte Unterstützung bekommen: In seinem aktuellen Bericht zur Parteienfinanzierung fordert Bundestagspräsident Norbert Lammert mehr Transparenz beim Parteiensponsoring. Der Europarat ermahnte Deutschland im Dezember ebenfalls erneut zu mehr Transparenz. Ein Rückblick auf das Wahljahr 2013 und seine brisanten Großspenden zeigt, wo die Probleme bei der Parteienfinanzierung liegen und welche Schritte jetzt unternommen werden müssen.

Lammert: mehr Transparenz und bessere Kontrolle notwendig

Der Bericht des Bundestagspräsidenten über die Entwicklung der Parteienfinanzierung erscheint alle zwei Jahre und bilanziert sowohl die Entwicklung der Parteienfinanzierung als auch deren rechtlichen Rahmen. Es ist erfreulich, dass Lammert im aktuellen Bericht auf das Problem des Parteiensponsoring eingeht.

Lammert Ausschnitt

Für die Aufsicht über die Parteienfinanzierung zuständig: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Bild: © Deutscher Bundestag / Achim Melde

Beim Parteisponsoring ließe sich „der Verdacht, dass sich in auffällig hohen Anzeigenpreisen oder Standmieten verdeckte Spendenanteile befinden“ meist weder beweisen noch vollständig ausräumen, so Lammert in seinem Bericht. Es läge daher im „Eigeninteresse der Parteien“ für mehr Transparenz zu sorgen.“ Konkret fordert Lammert, das Parteisponsoring eigens in den jährlichen Rechenschaftsberichten auszuweisen. Außerdem solle eine „namentlich Ausweisung der Sponsoren erwogen werden“.

Das Parteiensponsoring steht schon seit mehreren Jahren in der Kritik. Die Rent-a-Rüttgers-Affäre sorgte im Jahr 2010 für viel Empörung: Damals wurden Sponsoren nicht nur teure Stände auf einem Parteitag angeboten, sondern gleich noch ein Gespräch mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers verkauft. Bis heute müssen Parteien nicht offenlegen, welcher Sponsor den Parteien welche Summen zukommen lässt. Parteisponsoring bleibt ein Schlupfloch für intransparente Geldflüsse an Parteien. Lammerts Vorstoß weist somit in die richtige Richtung: Wir fordern, das Parteisponsoring den gleichen Transparenzpflichten zu unterwerfen wie die Parteispenden und beides auch in der Höhe zu begrenzen.

Prüfen sollte nicht der Bundestagspräsident

Lammert regt zudem an, die Aufsicht über die Parteienfinanzierung auf eine andere Institution zu übertragen. Da der Bundestagspräsident in der Regel Mitglied einer Fraktion und einer Partei ist, seien Zweifel an seiner Objektivität unvermeidlich (S. 6/7). Wir begrüßen diese Initiative des Bundestagspräsidenten. LobbyControl fordert schon länger, die Kontrolle des Parteiengesetzes auf ein unabhängiges Gremium zu verlagern. Dieses Gremium bräuchte umfassende Ermittlungskompetenzen und müsste die Ergebnisse von Prüfverfahren der Öffentlichkeit transparent darlegen.

Dies ist bislang nicht der Fall: Die Bundestagsverwaltung gibt nur eine kurze Pressemitteilung heraus, ohne das Prüfergebnis inhaltlich zu begründen. Das haben wir 2012 beispielsweise bei den Geschäften zwischen FDP-Tochterfirmen und der Gauselmann-Gruppe (Glückspielautomaten) kritisiert. Lammert geht darauf in dem aktuellen Bericht kurz ein (S. 38ff). Aber auch in dieser Erläuterung wird nicht recht deutlich, wie umfassend die Überprüfung war und welche Zahlen tatsächlich herangezogen wurden. Es klingt so, als hätte sich die Bundestagsverwaltung vor allem auf die Angaben des Wirtschaftsprüfers der FDP verlassen. Das ist aus unserer Sicht unzureichend.

Auch vom Europarat hagelt es erneut Kritik

Neben Lammert macht auch der Europarat weiter Druck für Reformen bei der Parteienfinanzierung: Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats (GRECO) hatte bereits im Jahr 2009 gefordert, das Parteisponsoring zu überdenken und die Aufsicht über die Parteienfinanzen zu verbessern. Das zwischenstaatliche Gremium mahnte außerdem mehr Transparenz insbesondere bei Spenden in Wahljahren an. Doch auch hier herrscht Stillstand – der Innenausschuss des Bundestages zuletzt kam zu dem Schluss, dass kein Handlungsbedarf bestehe.

In einem Ende Dezember veröffentlichten Bericht hagelt es nun erneut Kritik vom Europarat: Mit Blick auf die Empfehlungen der Staatengruppe sei der Stand der Umsetzung weiterhin „allgemein unbefriedigend“. Es ist eine Blamage für die letzte Bundesregierung, wenn sie die Kritik der Staatengruppe – Deutschland ist Gründungsmitglied – vier Jahre lang an sich abperlen lässt. Die große Koalition muss sich nun endlich ernsthaft mit der internationalen Kritik an der deutschen Parteienfinanzierung auseinandersetzen. Bis zum 31. Juli 2014 muss die neue Bundesregierung nun dem Europarat über Fortschritte berichten.

Rückblick: Parteispenden im Wahljahr 2013

Kurz vor Jahresende erhielten CDU, SPD, FDP und Grüne noch einmal einen warmen Geldsegen für ihre Parteifinanzen. Damit sind nun wohl die letzten Großspenden des Jahres 2013 auf der Webseite des Bundestags veröffentlicht. Die Bilanz zeigt, dass im Vergleich zum Wahljahr 2009 die Großspenden zwar deutlich zurückgegangen sind. Auf der anderen Seite wird ein neuer Trend sichtbar: Die meisten Großspenden gingen bei den Parteien erst nach der Bundestagswahl ein. Das war 2009 noch anders (siehe Tabelle).

spenden 2013

Quelle: bundestag.de, LobbyControl/eigene Berechnung

Dieser Trend, Spenden erst nach der Wahl fließen zu lassen, ist fragwürdig. Er lässt vermuten, dass Großspenden bewusst aus dem Wahlkampf herausgehalten werden sollen. Den Wählerinnen und Wählern werden damit wichtige und womöglich wahlentscheidende Informationen vorenthalten. Hier muss die Große Koalition prüfen, wie sie die Veröffentlichungspflichten im Parteiengesetz anpassen kann.

Einzelspenden sorgten für Diskussionen – Obergrenzen notwendig

Vor allem die hohen Summen aus dem Hause Quandt/Klatten, den Mehrheitseignern der BMW AG, sorgten kurz nach der Bundestagswahl für viel Aufregung. Zu recht: Es ist wenig demokratisch, wenn eine einzige vermögende Familie einen solch hohen Einfluss auf die finanzielle Ausstattung einzelner Parteien nehmen kann. Der Zeitpunkt der Spenden fiel mit dem Engagement der Bundesregierung in Brüssel gegen strengere CO2-Grenzwerte zusammen, die vor allem den deutschen Herstellern von schweren Limousinen der Oberklasse ein Dorn im Auge waren.

Fragwürdig war auch die Spende des Chemie- und Energiekonzerns Evonik. Sie floss während der laufenden Koalitionsverhandlungen, als dort energiepolitische Weichen gestellt wurde.

Die brisanten Großspenden im letzten Jahr haben zu heftigen Auseinandersetzungen über Einflussnahme von Großspenden geführt. Sie haben außerdem gezeigt, dass nur wenige Unternehmen und Einzelpersonen überhaupt die Möglichkeit haben, die Wahlkampffinanzierung einzelner Parteien substantiell zu verändern. Obergrenzen für Parteispenden sind eine Möglichkeit, um solch undemokratische Einflussnahme zu begrenzen. Werden Großspenden gedeckelt, stärkt das die Unabhängigkeit der Parteien gegenüber finanzstarken Einzelpersonen, Unternehmen oder Interessengruppen. Bislang gibt es in Deutschland keine Obergrenzen für die Parteienfinanzierung. Wir fordern eine Deckelung auf 50.000 Euro pro Spender und Jahr

Intransparenz: Was wir noch nicht wissen

Der Rückblick über die Parteienfinanzierung im letzten Jahr muss unvollständig bleiben. Selbst nach einem Wahljahr, in dem traditionell hohe Summen fließen, müssen wir noch bis Frühjahr 2015 warten, um genauere Informationen über die Parteienfinanzierung im Jahr 2013 zu bekommen. Erst dann werden die Rechenschaftsberichte der Parteien veröffentlicht, in denen die Gesamtspenden verzeichnet sind und auch Spenden über 10.000 Euro einzeln und mit den Namen der Spender aufgeführt sind. Im Jahr 2011 – neuere Daten sind noch nicht verfügbar –  lag der Anteil der Großspenden gerade einmal bei 3,4 Prozent des gesamten Spendenaufkommens. Das ist so skandalös wie reformbedürftig. Wir fordern, Parteispenden schon ab 10.000 Euro sofort zu veröffentlichen. In den Rechenschaftsberichten sollten alle Spenden ab 2.000 Euro offengelegt werden.

 

Weitere Informationen zum Thema:

FAZ: „Strafgelder in den Bundeshaushalt“

Abgeordnetenwatch: Parteispenden legten 2013 um 160 Prozent zu

LobbyControl: Die Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption im Detail

Lobbypedia: Parteispenden

 

 

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