Parteienfinanzierung

Offener Brief: Transparenz-Organisationen fordern Parteispendendeckel im Koalitionsvertrag

Zum Start der Koalitionsverhandlungen haben wir heute gemeinsam mit abgeordnetenwatch.de und Transparency Deutschland in einem offenen Brief an Union und SPD entschiedene Schritte zum Schutz vor problematischer Einflussnahme gefordert. Vordringlich dabei: Eine Deckel für Parteispenden

von 13. März 2025

Hier der Brief an die Verhandlungsführer:innen von CDU/CSU und SPD im Wortlaut:

Offener Brief zum Start der Koalitionsverhandlungen - Wahlen vor Einflussnahme und Verzerrung schützen

Sehr geehrter Herr Merz, Herr Söder und Herr Klingbeil, sehr geehrte Frau Esken, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Krings und sehr geehrter Herr Wiese,

wir wenden uns an Sie, weil wir uns als Organisationen der Zivilgesellschaft um die liberale Demokratie in Deutschland sorgen. Der vergangene Wahlkampf hat eine neue Dimension an fragwürdiger Einflussnahme durch ausländische Akteure und Superreiche offenbart. Die Zahl der Millionenspenden steigt immer rasanter an. 2021 sahen wir zum ersten Mal in diesem Jahrtausend eine Spende von über einer Million Euro. Seitdem gab es neun weitere, sieben davon seit Anfang 2024. Im Wahlkampf profitierte von diesen Spenden fast nur die extrem rechte AfD.

Diese Entwicklungen besorgen uns, denn derart hohe Spenden sind ein Einfallstor für problematische Einflussnahme und verzerren den politischen Wettbewerb im Interesse einzelner Superreicher oder Unternehmen. Wohin diese Entwicklung führen kann, lässt sich derzeit in den USA beobachten. Dort haben die Spenden von Elon Musk in Höhe von 277 Millionen US-Dollar vermutlich dazu beigetragen, dass er sich einen Platz in der Regierung sichern konnte. 

Doch auch hier sind wir vor so einer Entwicklung nicht ausreichend geschützt. 19 von 27 EU-Staaten haben eine Obergrenze für Parteispenden und das zeigt Wirkung - nirgends in der EU fließen noch so hohe Spenden wie in Deutschland. Hierzulande fehlt eine solche Obergrenze, die besonders problematische Einflussnahme verhindert.

Wir fordern Sie daher auf, als eine vordringliche Maßnahme die Regeln für die Wahlkampf- und Parteienfinanzierung umfassend zu modernisieren und insbesondere einen Deckel für Zuwendungen an Parteien einzuführen. Die deutsche Demokratie ist von innen wie von außen stark unter Druck. Ein Parteispendendeckel ist ein einfaches und zugleich wirkungsvolles Mittel, um ihre Resilienz und Integrität zu stärken.

Einflussnahme ausländischer Akteure auf den deutschen Wahlkampf
Im zurückliegenden Wahlkampf haben wir besorgniserregende Einmischungen ausländischer Akteure in einer völlig neuen Dimension beobachtet. Der US-amerikanische Milliardär Elon Musk hat wiederholt öffentlich die AfD unterstützt, auch mit den Ressourcen seiner Social-Media-Plattform X. Außerdem wurden mehrere gezielte Desinformationskampagnen aufgedeckt, die mutmaßlich von Russland aus gesteuert wurden. Aktuell gibt es zudem kaum Möglichkeiten, derartige Einflussnahmen oder sogar Geldflüsse von solchen Akteuren an Parteien zur Unterstützung ihres Wahlkampfes zu verhindern. Die AfD erhielt im Wahlkampf zwei Spenden im Gesamtwert von 3,35 Millionen Euro, bei denen es erhebliche Verdachtsmomente gibt, dass das Geld nicht von den angegebenen Spendern kommt.

Die derzeitige Gesetzeslage in Deutschland erlaubt es, dass Geldflüsse an Parteien ohne großen Aufwand anonymisiert werden oder auch von außerhalb der EU kommen können, obwohl das nicht legal ist. Besonders der Weg über Spendenvereine erweist sich dabei als gravierende Rechtslücke, die auch zunehmend für die Anonymisierung von Parteispenden ausgenutzt wird. Damit Superreiche, Unternehmen und ausländische Akteure den politischen Wettbewerb nicht in ihrem Interesse verzerren können, müssen wir also grundsätzlich verhindern, dass Spenden in Millionenhöhe von einzelnen Spender:innen an die Parteien fließen können.

Mehrheit für einen Parteispendendeckel

61 Prozent der Menschen in Deutschland befürworten eine Obergrenze für Parteispenden. Auch die Anhänger:innen Ihrer Parteien möchten mehrheitlich, dass Parteispenden gedeckelt werden. Das zeigt eine repräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa Anfang 2025 im Auftrag von abgeordnetenwatch.de durchgeführt hat. 91 Prozent der Befragten glauben sogar, dass Großspenden Einfluss auf politische Entscheidungen von Parteien haben, was ihr Misstrauen in die Parteien und die Demokratie verstärkt - insbesondere, wenn es um Spenden von Unternehmen und Unternehmer:innen geht.

Unsere Forderung: Einführung eines Parteispendendeckels

Die Bedrohungen für unsere Demokratie kommen von innen und außen und werden mit der aktuellen geopolitischen Lage nur zunehmen. Für eine resiliente Demokratie, die sich dieser Herausforderung stellen kann, ist eine gesetzliche Obergrenze für Parteispenden unverzichtbar.

Wir bitten Sie daher eindringlich, dieses Anliegen unter Ihrer Regierung umzusetzen und das Vorhaben entsprechend im Koalitionsvertrag zu verankern.

Für einen gemeinsamen Austausch zu diesem Thema stehen wir gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

LobbyControl e.V.

Abgeordnetenwatch.de

Transparency Deutschland

Weitere Informationen

Der offene Brief zum Download (pdf)

Gemeinsame Pressemitteilung zum offenen Brief

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