Nach Recherchen des ARD-Magazins MONITOR soll ein enger Berater des Glückspielautomaten-Herstellers und Lobbyisten Paul Gauselmann bis zu 2,5 Mio. Euro in Tochterunternehmen der FDP investiert haben. Ein Teil des Geldes soll letztlich an die Partei geflossen sein. Die Recherchen erwecken den Verdacht, dass es sich dabei um eine besonders raffinierte Form der verdeckten Parteienfinanzierung handelt. Die Rechercheergebnisse wurden heute bekannt gegeben und werden morgen Abend im Rahmen der Sendung „Exklusiv im Ersten: Die Einflüsterer“ vorgestellt (ARD, 21:45 Uhr).
Den Recherchen zufolge investierte der enge Vertraute Gauselmanns 2007 rund 1,1 Mio. Euro in eine Druckerei der FDP, die anschließend das zuvor in Parteibesitz befindliche Firmengrundstück und -gebäude kaufte – nach Einschätzung von MONITOR zu einem deutlich überhöhten Preis. Ob das Geld für die Investitionen in FDP-Firmen von Gauselmann stammt, ist noch unklar.
Gauselmanns gestückelte Parteispenden
Die unheilvolle Nähe zwischen der Glückspiellobby und der FDP sowie anderen Parteien hat bereits in der Vergangenheit für Diskussionen gesorgt. Zuletzt fiel Gauselmann auf, als bekannt wurde, dass er Führungskräfte der Gauselmann AG seit 1990 regelmäßig dazu aufgefordert hatte, ausgewählte Abgeordnete und Parteigliederungen finanziell zu unterstützen. In Begleitschreiben wurden die Spendenempfänger darüber informiert, wem sie die Spenden letztlich zu verdanken hatten. Da die Einzelspenden jeweils unter der Veröffentlichungsgrenze von 10.000 Euro lagen, konnte das Geld an den Augen der Öffentlichkeit vorbei unbehelligt fließen. Für diese Stückelungstaktik und die damit verbundene Umgehung der Transparenzregeln des Parteiengesetzes war die Gauselmann AG 2011 für die Lobbykratie-Medaille nominiert.
Die Gauselmann AG trat zudem bei zahlreichen FDP-Veranstaltungen als Sponsor auf. So wurden unter anderem zwei Spenden-Dinner der Bundespartei finanziell unterstützt sowie Treffen der FDP mit Journalisten. Auch bei einem Geburtstagsempfang für den Schatzmeister der FDP und heutigen Vizepräsidenten des Bundestages, Hermann Otto Solms, war Gauselmann finanziell involviert . Pikant ist dabei, dass die Sponsoring-Verträge über die FDP-eigene Agentur „ProLogo Gesellschaft für Veranstaltungsorganisation mbH“ eingefädelt wurden, an der Herbert Schlottmann, Vorstandsmitglied der Gauselmann Stiftung und langjähriger Vertrauter Gauselmanns, knapp ein Drittel der Anteile hält.
Mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung dringend notwendig
Die FDP sollte nun schleunigst Klarheit über die Beteiligungen und Finanzströme bei den parteieigenen Firmen herstellen. „Wenn sich der Verdacht aufdrängt, dass hier ein Unternehmen missbraucht wird, um Geldströme am Parteienrecht vorbei in die Kasse der Partei zu befördern, dann besteht natürlich eine Aufklärungspflicht“, erklärt der Staatsrechtprofessor Ulrich Battis von der Berliner Humboldt-Universität gegenüber MONITOR.
Der Verdacht der verdeckten Parteienfinanzierung in diesem neuen Fall, aber auch Gauselmanns gestückelte Spenden und die Sponsoring-Aktivitäten der Glückspiellobby, illustrieren deutlich, dass die bisherigen Transparenzregeln im Parteiengesetz nicht ausreichen. Gerade die FDP gehört zu den Parteien, die bisher bessere Regelungen bei Parteispenden und -sponsoring blockiert. Die Lücken im Parteienrecht, die immer wieder kreative Umgehungsstrategien ermöglichen, müssen dringend geschlossen werden. Dazu gehört, dass die Veröffentlichungsschwellen bei Parteispenden abgesenkt werden müssen, um Stückelungen zu erschweren. Das Parteiensponsoring muss endlich transparent geregelt werden. Es muss ersichtlich sein, wer einer Partei durch Sponsoring wieviel Geld hat zukommen lassen und welche Gegenleistung dafür vereinbart wurde. Der neue Verdachtsfall legt nahe, dass auch die Finanzströme bei parteieigenen Unternehmen transparenter gemacht werden müssen. Beteiligungen von Parteien an Unternehmen dürfen kein Einfallstor für verdeckte Parteienfinanzierung sein.
Lobbyerfolge der Glückspielindustrie
Bereits 2006 gelang es der Glückspiellobby eine Aufweichung der Spielverordnung (SpielV) zu erreichen. So wurde die Zahl der zulässigen Geldspielgeräte pro Spielhalle erhöht und die Mindestdauer pro Spiel von 12 auf 5 Sekunden verkürzt. Die Anzahl der aufgestellten Spielautomaten stieg in der Folge von 183.000 im Jahr 2005 auf 242.500 im Jahr 2011. Der Bruttospielertrag wuchs im selben Zeitraum um 76,2 Prozent von 2,35 Mrd. Euro auf 4,14 Mrd. Euro (Quelle, pdf). Offiziell gelten Spielautomaten nicht als Glücksspiel und fallen daher nicht unter das staatliche Glücksspiel-Monopol, sondern in den Zuständigkeit der Bundeswirtschaftsministeriums. Als die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, eine FDP-Frau, 2011 forderte, Spielautomaten aus Gaststätten, Einkaufszentren und Flughäfen zu verbannen, wurde sie kurz darauf vom damaligen Gesundheitsminister Rösler zurück gepfiffen. Aktuell schlägt Rösler, nun als Wirtschaftsminister, die Einführung einer „Spielerkarte“ vor, die sich Automatenspieler bei den Spielhallen oder Gaststätten abholen müssen, um die Automaten nutzen zu können. Kritiker halten diese nicht-personalisierte Karte für reine „Symbolpolitik“. Die Glückspiellobby hat mit der Karte dementsprechend wenig Probleme. So äußerte sich ein Sprecher Gauselmanns gegenüber dem Spiegel: „Wenn es sich um eine nicht personengebundene Karte handelt, können wir uns damit anfreunden.“
LobbyControl wird die Aktivitäten von Gauselmann und Co weiter im Auge behalten und über neue Entwicklungen berichten, insbesondere was den neuen von MONITOR aufgedeckten Verdachtsfall betrifft.
Link zur Pressemitteilung des WDR
Bild Geldscheine: Maik Meid, CC BY 2.0
Bild Automat: Pcb21, CC BY-SA 3.0
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