Pressemitteilung

Bayer Monsanto-Fusion: Interessenkonflikte in der EU-Wettbewerbsbehörde

Bei der Fusion von Bayer und Monsanto im Jahr 2018 spielte möglicherweise ein Interessenkonflikt bei einem Mitarbeiter der EU-Wettbewerbsbehörde eine Rolle. Das legt eine gemeinsame Recherche von LobbyControl und Corporate Europe Observatory (CEO) nahe, über die der Spiegel heute berichtet. Seitdem sei das Problem von Seitenwechseln bei der Wettbewerbsbehöre DG Competition nicht beseitigt, sondern schreibe sich fort, so LobbyControl. Die Organisation fordert deshalb mehr Abstand und ein entschiedeneres Vorgehen gegen Interessenkonflikte.
von 23. Februar 2024

Bei der Fusion von Bayer und Monsanto im Jahr 2018 spielte möglicherweise ein Interessenkonflikt bei einem Mitarbeiter der EU-Wettbewerbsbehörde eine Rolle. Das legt eine gemeinsame Recherche von LobbyControl und Corporate Europe Observatory (CEO) nahe, über die der Spiegel heute berichtet. Seitdem sei das Problem von Seitenwechseln bei der Wettbewerbsbehöre DG Competition nicht beseitigt, sondern schreibe sich fort, so LobbyControl. Die Organisation fordert deshalb mehr Abstand und ein entschiedeneres Vorgehen gegen Interessenkonflikte.

2018 hat die EU-Wettbewerbsbehörde die Mega-Fusion von Bayer und Monsanto unter der Auflage genehmigt, dass Bayer Teile seines Saatgutgeschäfts an den Chemiekonzern BASF abtritt. Eine Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens Compass Lexecon hatte dargelegt, dass es in diesem Fall weiter ausreichend Konkurrenz auf den meisten Märkten geben werde - die marktbeherrschende Stellung weniger Konzerne über den Saatgut- und Pestizidmarkt spielte in der Bewertung keine Rolle. Kurz darauf wechselte nach den Recherchen von Lobbycontrol und Corporate Europe Observatory mindestens einer der Beamten, der an dem Verfahren beteiligt gewesen sein soll, in eine Führungsposition bei Compass Lexecon. Eine Antwort auf Anfragen von LobbyControl und Corporate Europe Observatory dazu verweigerte die Wettbewerbsbehörde.

Max Bank von LobbyControl kommentiert:

„Da unsere Fragen von der EU-Wettbewerbsbehörde unbeantwortet blieben, konnte unser Verdacht zu einem möglichen Interessenkonflikt nicht ausgeräumt werden. Im Gegenteil, er verhärtet sich durch fehlende Transparenz. Für uns bleibt unklar, ob der Beamte bei seiner Empfehlung für die Kommission aus Überzeugung oder aus persönlichem Interesse – dem Anreiz eines lukrativen Jobangebots – gehandelt hat“.

Die EU-Kommission wies die Kritik gegenüber dem Spiegel zurück und verwies auf ihrer Meinung nach funktionierende Verhaltenskodizes. Wie LobbyControl in mehreren Recherchen nachwies, fehlt jedoch sehr viel häufiger als in diesem Fall der Abstand zwischen Wettbewerbsbehörde und den Wirtschaftsberatungsfirmen, die Unternehmen bei ihren Fusionen beraten. Seitenwechsel finden in beide Richtungen statt. So ist das Team des Chefökonomen der Generaldirektion Wettbewerb regelmäßig mit Personal aus diesen Beratungsunternehmen besetzt. Aus öffentlichen Informationen geht hervor, dass von den 29 Beamten, die für den Chefökonomen der Kartellbehörde arbeiten, fast die Hälfte (13) früher als Wirtschaftsberater in der Privatwirtschaft tätig waren. Neun Beamte der Generaldirektion Wettbewerb waren früher bei Charles River Associates (CRAI), einer anderen großen Wirtschaftsberatung in Brüssel. Drei von ihnen waren die hochrangigen Beamten der Abteilung: der Chefökonom selbst und die beiden Referatsleiter.

Max Bank: „Während die Beratungsunternehmen über die Seitenwechsel in Pressemitteilungen frohlocken, sieht die EU-Bürgerbeauftragte durch die laxen Genehmigungen der Seitenwechsel die Integrität der EU-Verwaltung in Gefahr.“

Wie gering das Problembewusstsein ist, zeigen weitere Beispiele: Im Jahr 2023 wollte die EU-Kommission einer der Beratungsfirmen, dem Unternehmen RBB Economics, gar die Überprüfung des Erfolgs der EU-Fusionskontrolle in Auftrag geben. Die Wirtschaftsberatung hatte kurz zuvor das Unternehmen Google bei einer umstrittenen Fusion unterstützt. Nur durch die Skandalisierung durch LobbyControl und Corporate Europe Observatory zog Wettbewerbskommissarin Vestager den Auftrag zurück. Das Politik-Magazin Politico enthüllte zudem, dass die Wirtschaftsberatungsunternehmen Beamte der Kommission auch regelmäßig zu Büroeröffnungen oder exklusiven Konferenzen einluden – und dabei deren Kosten übernahmen.

Max Bank weiter: „Die Nähe zwischen EU-Wettbewerbsbehörde und den Brüsseler Beratungsfirmen, die Konzerne bei ihren Fusionen unterstützen, ist viel zu groß. Die EU-Kommission sollte endlich anerkennen, dass dies ein Problem darstellt, weil es zu Entscheidungen ihrer Wettbewerbsbehörde führen kann, die dem Gemeinwohl widersprechen. Sie muss dringend für Abstand sorgen. Dazu braucht es unter anderem ein entschiedeneres Vorgehen gegen die zahlreichen Seitenwechsel der Kartellwächter in die Beratungsbranche.“

Hintergrund:

Artikel im Spiegel zu problematischer Nähe von DG Competition und der EU-Wettbewerbsbehörde

Pressemitteilung der EU-Bürgerbeauftragten von März 2022.

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