Pressemitteilung

Unions-Fraktionschef: Besetzung mit Spahn wäre schlechtes Signal

LobbyControl kritisiert den Vorschlag, Jens Spahn zum Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag zu wählen. Die Transparenzinitiative bemängelt Spahns unzureichenden Umgang mit Fragen von Integrität und weist auf einseitige Lobbynähe hin.

von 24. April 2025

Christina Deckwirth, LobbyControl-Sprecherin, kommentiert:

„Seien es Maskendeals, Immobiliengeschäfte zu seinen Gunsten oder einseitige Nähe zu Lobbyakteuren und deren Interessen während der Corona-Pandemie: Jens Spahn ist immer wieder durch fragwürdige Geschäfte mit persönlichen Bekanntschaften oder enge Lobbykontakte aufgefallen. Er hat nicht dazu beigetragen, diese Fälle ausreichend aufzuklären. Das zeigt: Spahn hat einen völlig unzureichenden Umgang mit Interessenkonflikten oder Fragen von Integrität. Das disqualifiziert ihn für den hohen Posten des Fraktionschefs der größten Regierungspartei.

Es ist ein schlechtes Signal, wenn Politiker, die in der Vergangenheit durch Lobbyverstrickungen und fragwürdige Entscheidungen mit großem Schaden für öffentliche Kassen aufgefallen sind, nun Spitzenpositionen im neuen Bundestag bekommen. Wir werden genau beobachten, ob Spahn Fragen von Integrität zukünftig ernster nimmt, und das entsprechend einfordern. Das gilt für ihn selbst – aber auch für die gesamte Unionsfraktion und die zukünftige Bundesregierung."

Union: wenig Fingerspitzengefühl bei Personalbesetzung

Deckwirth weiter: „Die Union beweist wenig Fingerspitzengefühl bei der Besetzung des neuen Koalitionspersonals. Schon Julia Klöckner war eine Fehlbesetzung für das Amt der Bundestagspräsidentin. Auch sie ist immer wieder durch übergroße Lobbynähe aufgefallen. Zudem ist es problematisch, wenn die vorherige Schatzmeisterin einer Partei nun die Aufsicht über die Parteienfinanzierung übernimmt.

Die zukünftige Koalition hat mit Blick auf Fragen von Transparenz und Integrität bislang einen Fehlstart hingelegt. Im Koalitionsvertrag fehlen diese Themen vollständig. Das ist gerade angesichts der zunehmenden Bedrohungen unserer Demokratie von innen und außen höchst gefährlich. Hier muss die Bundesregierung dringend nachlegen. Es braucht vor allem endlich einen Parteispendendeckel, um unsere Demokratie vor dem übermäßigen Einfluss von finanzstarken Lobbyakteuren und Superreichen zu schützen – aus dem In- und Ausland.

Spahns aktuelle Äußerungen über den Umgang mit der AfD im neuen Bundestag lassen zudem daran zweifeln, dass er unsere Demokratie entschieden vor antidemokratischen Kräften schützen will. Auch das spricht gegen seine Qualifikation für das Amt des Fraktionschefs, insbesondere wenn demokratische Werte wie aktuell stark angegriffen werden.“


Hintergrund

  • Lobbypedia zu Spahn
  • Maskenaffäre: Unter Spahn als Gesundheitsminister kaufte die Bundesregierung Corona-Schutzmasken für 5,9 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der Masken wurde nicht gebraucht und daher vernichtet. Für diese unwirtschaftliche Beschaffungspolitik stand und steht Spahn in breiter Kritik (DLF). Hinzu kommen einzelne fragwürdige Deals wie die überteuerte Beschaffung von Masken über das Unternehmen Emix (tagesschau.de). Spahn hatte den Deal freigegeben, die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier hatte mitgeholfen ihn einzufädeln.
  • Fragwürdige Kontakte zu Benko während der Pandemie: Im Mai 2020 tauschte sich Spahn mit dem österreichischen Ex-Immobilienmilliardär René Benko aus, dessen Firma Signa als Eigentümerin der Kaufhauskette Galeria-Karstadt Kaufhof von den Schließungen während der Corona-Pandemie betroffen war. Neue Recherchen u.a. vom Focus haben aufgedeckt, dass Benko sich bei Spahn persönlich über die Maßnahmen beschwerte. Kurze Zeit später kam es zu einer Wiedereröffnung von großen Geschäften. Eine vertrauliche Vorlage zu der Entscheidung schickte Spahn Benko bereits vorab per Mail.
  • „Spendendinner“ während der Corona-Pandemie: Im Herbst 2020 traf sich Spahn auf ein angeblich privates Abendessen mit u.a. Unternehmer:innen. Im Nachgang gingen bei Spahns Kreisverband Spenden in Höhe von 9.999 Euro ein. Damit lagen sie verdächtig knapp unter der Veröffentlichungsgrenze für Parteispenden von 10.000 Euro. Es ist äußerst problematisch, dass sich Unternehmer:innen offenbar Zugänge zu einem Minister kaufen konnten.
  • Äußerungen zu Trump und Vance: Spahn nahm im Juli 2024 während des US-Wahlkampfes am Parteitag der US-amerikanischen Partei der Republikaner teil. Er äußerte sich damals verhalten positiv über Trump – obwohl schon damals dessen anti-demokratische Äußerungen bekannt waren. Dafür wurde er auch aus der CDU heraus scharf kritisiert. (RND)

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