Nach Recherchen von LobbyControl, dem Handelsblatt und dem Spiegel haben sich in den letzten Tagen die Vorwürfe der Günstlingswirtschaft im Verkehrsministerium erhärtet. LobbyControl begrüßt, dass das Verkehrsministerium nun endlich erste Konsequenzen zieht. Zugleich kritisiert LobbyControl, dass das Ministerium bei der Aufklärung des Falls nicht ausreichend transparent und nur zögerlich vorgegangen ist. Die Transparenz-Initiative fordert nun von Wissing und der Bundesregierung modernisierte Compliance-Verfahren und eine unabhängige Kontrolle der Regeln für alle Bundesministerien.
Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl kommentiert:
"Endlich zieht das Ministerium Konsequenzen aus den Vorwürfen der Günstlingswirtschaft. Es ist angemessen und folgerichtig, wenn Abteilungsleiter Bonhoff nun entlassen wurde und ein Referatsleiter versetzt wird. Allerdings wirft es kein gutes Licht auf den Umgang mit Interessenkonflikten im Verkehrsministerium, wenn wichtige Dokumente wie in diesem Fall erst durch journalistische Recherchen an die Öffentlichkeit geraten. Das Ministerium muss nun auch erklären, warum eine monatelange interne Prüfung der Vorwürfe offenbar zentrale Informationen nicht zu Tage förderte. Hierfür trägt Minister Volker Wissing die Verantwortung, auch wenn die kritisierten Vorgänge rund um die Fördermittelvergabe noch vor seiner Amtszeit passierten.
Angemessener Umgang mit Interessenkonflikten nötig
Es ist gut, wenn öffentlicher Druck durch Recherchen wirkt. Besser wäre es aber, wenn es ausreichend Regeln und einen angemessenen Umgang mit Interessenkonflikten gäbe, damit es gar nicht erst so weit kommen muss. Fälle wie diese beschädigen immer wieder die Glaubwürdigkeit der Politik. Die Wasserstoff-Affäre zeigt erneut deutlich: Es braucht dringend modernisierte Compliance-Verfahren in den Ministerien. Dafür haben wir bereits Vorschläge vorgelegt und werden uns weiter dafür starkmachen.“
Hintergrund
Das Verkehrsministerium steht im Verdacht der Günstlingswirtschaft, weil ein Abteilungsleiter die Fördermittelvergabe an den Lobbyverband eines engen Freundes befürwortet hatte und eng in die Kommunikation dazu eingebunden war. Das Handelsblatt hatte im Sommer 2023 erstmals über den Fall berichtet, woraufhin das Ministerium eine Untersuchung einleitete. Immer wieder beteuerte das Verkehrsministerium, dass der Vorgang aus Compliance-Sicht nicht zu beanstanden sei.
Neue Recherchen des Spiegels und von LobbyControl haben nun den Verdacht erhärtet, dass Abteilungsleiter Bonhoff enger in die Kommunikation zu der Fördermittelvergabe eingebunden war als bislang bekannt. Zudem haben Recherchen von LobbyControl aufgezeigt, dass rund um die Wasserstoff-Fördermittel ein ganzes Netzwerk aus Freundschaftsbeziehungen zwischen Geldgebern und Geldempfängern besteht.
Nun musste das Ministerium zugeben, dass brisante Mails zu dem Fall zurückgehalten wurden und es tatsächlich Ungereimtheiten gegeben hätte. Es folgte die Entlassung des Abteilungsleiters Bonhoff und die Versetzung eines ebenfalls beteiligten Referatsleiters. Zudem teilte das Ministerium mit, dass es Compliance-Regeln im Dezember hausintern bereits überarbeitet habe und weitere Untersuchungen zur Fördermittelvergabe im Bereich Wasserstoff-Mobilität laufen. Das Ministerium betonte zudem, dass die kritisierten Vorgänge rund um die Geldervergabe noch unter der Amtszeit von Minister Andreas Scheuer (CSU) stattgefunden hätten.
Unsere ausführliche Recherche zu den Wasserstoff-Netzwerke rund um das Verkehrsministerium
Pressemitteilung zu dem vom Spiegel veröffentlichten Mailwechsel
LobbyControl-Eckpunkte für Compliance-Regen nach dem Fall Graichen