Pressemitteilung

Fusionskontrolle: EU-Kommission beauftragt Beratungsfirma mit Interessenkonflikt

Neue Recherchen von LobbyControl und der belgischen NGO Corporate Europe Observatory (CEO) zeigen, dass die EU-Kommission eine Beratungsfirma mit Interessenkonflikten beauftragt hat, die Fusionskontrollverfahren zu evaluieren. Die Kommission sollte die Zusammenarbeit beenden und die Regeln für Interessenkonflikte verschärfen, um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden.

von 26. April 2023

Für die Evaluierung wurde RBB Economics beauftragt, eine auf Wettbewerbsrecht spezialisierte Unternehmensberatung. Nach eigenen Angaben war die Firma an Hunderten der weltweit wichtigsten Wettbewerbsfälle beteiligt und hat in den Verfahren die Interessen von großen Konzernen wie Google vertreten. Nun soll das Beratungsunternehmen genau solcheVerfahren der EU-Kommission evaluieren, die ihre eigenen Kunden betreffen. Damit erhält das Unternehmen wertvolles Wissen über die internen Abläufe und Entscheidungsprozesse der Kommission.

„Für RBB Economics besteht ein klarer Interessenkonflikt, da von dem Beratungsunternehmen kaum erwartet werden kann, dass es der Kommission zu Maßnahmen rät, die sich negativ auf die eigenen Kunden auswirken würden“, sagt Felix Duffy von LobbyControl.

Fusionskontrolle soll Monopolmacht verhindern

Die Kommission hatte 2021 eine Evaluierung ihrer Fusionskontrollpolitik ausgeschrieben, die sich insbesondere mit der Frage befassen soll, wie die Kommission künftige Marktentwicklungen einschätzt. Diese Einschätzung ist wichtig, insbesondere in einer Zeit, in der Marktkonzentration und Monopolmacht von den Regulierungsbehörden zunehmend in Frage gestellt werden. „Es ist beunruhigend, dass dieser Aspekt nun an eine Beratungsfirma ausgelagert wird, die dafür bekannt ist, Unternehmen mit großer Marktmacht zu verteidigen“, so Duffy.

EU-Kommission hat seit 2020 nicht gehandelt

Die EU-Kommission hat in der Vergangenheit wiederholt Beratungsunternehmen mit ähnlichen Interessenkonflikten beauftragt. Größere Aufmerksamkeit erregte vor einigen Jahren die Entscheidung der Kommission, den Vermögensverwalter BlackRock mit einer Studie zu beauftragen, wie das Bankwesen nachhaltiger gestaltet werden kann.

Die Kritik führte dazu, dass die Europäische Bürgerbeauftragte die Kommission im Mai 2020 aufforderte, ihre internen Regeln für öffentliche Ausschreibungen zu korrigieren und die Regeln für Interessenkonflikte zu verschärfen. Unsere Recherchen zeigen jedoch, dass die Europäische Kommission ihre internen Verfahren nicht geändert und somit die Empfehlungen nicht berücksichtigt hat.

Der Fall der Beratungsfirma RBB Economics zeigt erneut den dringenden Handlungsbedarf: „Die Europäische Kommission muss sicherstellen, dass es bei öffentlichen Ausschreibungen nicht zu Interessenkonflikten kommt und entsprechend handeln. Die Europäische Kommission sollte die Empfehlungen des Europäischen Bürgerbeauftragten umsetzen und endlich die Regeln verschärfen. Die Zusammenarbeit mit RBB Economics sollte beendet werden“, fordert Felix Duffy.


Hintergrund:

Ausführliche Informationen zu der Recherche und der Aktivitäten von RBB Economics finden Sie auf der Webseite unsere Partnerorganisation CEO.

Bereits Ende Januar hatten wir über den verdeckten Einfluss von Beratungsfirmen auf EU-Wettbewerbspolitik berichtet.

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