„Wenn es stimmt, wie in Medien berichtet wird, dann wird erneut in einem Bundesministerium schlecht mit Interessenkonflikten umgegangen. Wieder offenbaren sich fragwürdige Vergabepraktiken. Das ist ein Symptom für ein System, in dem es an Transparenz und Kontrolle mangelt.
Es ist inakzeptabel, dass Ministerien ihre eigenen internen Compliance-Regeln erarbeiten und dann auch selbst kontrollieren. Wie auch schon bei Patrick Graichen im Wirtschaftsministerium und bei der Entsendung von Harald Christ in den Aufsichtsrat der Commerzbank zeigt sich hier, dass dieses System nicht funktioniert – besonders in den Leitungsebenen.
Es braucht endlich transparente Regeln für alle Ministerien, kontrolliert und durchgesetzt von einer unabhängigen Stelle. Die Bundesregierung muss dringend handeln, denn die Fälle erschüttern das Vertrauen in Regierungsinstitutionen.
Es ist nicht ersichtlich, warum das Verkehrsministerium mit Steuergeldern einen Branchenverband fördern sollte. Die Förderrichtlinien sehen dies auch nicht vor. Eine Förderung über 28 Millionen Euro für ein Vorhaben, das eigentlich nicht im Zuständigkeitsbereich des Verkehrsministerium liegt, ist ebenfalls ungewöhnlich. Wenn es aber noch dazu stimmt, dass die Empfänger enge Freunde des Abteilungsleiters sind, ist das hoch problematisch. Klaus Bonhoff ist als Beamter der Neutralitätspflicht unterworfen. Er muss Abstand zur Wasserstoffindustrie halten. Auch eine Mitgliedschaft im Beirat eines Lobbyverbands wie Zukunft Gas ist nicht angemessen. Das Verkehrsministerium muss jetzt Transparenz herstellen und restlos für Aufklärung sorgen.“
Hintergrund
Das Handelsblatt berichtete am 26.07.2023 über zweistellige Millionensummen, die als Fördergelder an einen Verband und ein Unternehmen der Wasserstoffwirtschaft vergeben wurden. Laut dem Bericht ist Bonhoff mit ihren Chefs befreundet. Die Zeitung beruft sich auf mehrere unabhängige Quellen innerhalb der Bundesregierung. An mindestens einer Vergabe war Bonhoff persönlich beteiligt. Besonders problematisch sehen wir die Förderung des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands mit 1,8 Millionen Euro.
Auch bei den 28 Millionen Euro Fördergeldern für die Entwicklung von Elektrolyseanlagen an einen bayrischen Unternehmer, der laut Medienberichterstattung mit Bonhoff befreundet ist, fördert das Verkehrsministerium ein Vorhaben, das eigentlich nicht in seinem Ressort, sondern beim Wirtschaftsministerium liegt. Bonhoff zeigt auch sonst eine problematische Nähe zur Wasserstoffindustrie: Er ist Mitglied im Beirat des Lobbyverbands Zukunft Gas. Als Beamter, der der Neutralitätspflicht unterliegt, ist hier dringend mehr Abstand geboten. Nach Kritik durch LobbyControl haben in den vergangenen Jahren alle weiteren Mitglieder aus der Politik den Beirat verlassen. Als einziger politischer Vertreter ist Klaus Bonhoff in dem Gremium verblieben, das laut dem Verband Aufsichtsrat und Vorstand berät.
In diesem Jahr gab es bereits mehrere Fälle, bei denen Lobbycontrol den Umgang mit Interessenkonflikten in Ministerien kritisiert hat, u.a. bei der Berufung von Michael Schäfer zum neuen Dena-Chef durch das Wirtschaftsministerium und der Entsendung von Harald Christ in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank durch das Finanzministerium. Eckpunkte für einen besseren Umgang mit Interessenskonflikten hatte LobbyControl im Mai vorgestellt.
(Anmerkung 6.9.23: Die vom Handelsblatt behauptete freundschaftliche Verbindung von Klaus Bonhoff zu dem hier erwähnten bayerischen Unternehmer hat sich nicht bestätigt. Sowohl der Unternehmer als auch Klaus Bonhoff und das Verkehrsministerium verneinen jegliche private Beziehung. Damit ist der Vorwurf einer unzulässigen Vermischung von Privatem und Dienstlichem in dieser Sache zunächst nicht mehr haltbar. Das gilt allerdings nicht für die Vorgänge rund um den Brennstoffzellen- und Wasserstoff-Verband, wie wir hier ausführen.)