Mit Unterstützung der Transparenzinitiative LobbyControl hat heute das CDU-Parteimitglied Luke Neite Klage gegen den CDU-Parteivorstand eingereicht. Die Klage richtet sich gegen den ständigen Gaststatus des Lobbyverbands „Wirtschaftsrat der CDU“ im CDU-Bundesvorstand. Dieser Status ermöglicht dem Lobbyverband ein dauerhaftes Teilnahmerecht und Mitspracherechte im Parteivorstand. Dies widerspricht sowohl der CDU-Satzung als auch dem Parteiengesetz. Da die Partei diesen rechtswidrigen Zustand trotz öffentlicher Kritik nicht von selbst behoben hat, unterstützt LobbyControl nun den Klageweg.
Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl, kommentiert den Start der Klage:
„Ein rechtswidrig zusammengesetzter Parteivorstand ist ein großer Schaden für die Partei – und damit auch für die Demokratie insgesamt. Die CDU versucht offenbar, den Fall auszusitzen. Das ist ein leichtfertiger Umgang mit schwerwiegenden und gut belegten Vorwürfen. Das demokratische System – und dazu gehört das Parteienrecht – ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Deswegen werden wir die CDU nun auf dem rechtlichen Weg dazu drängen, dem Wirtschaftsrat seine rechtswidrigen Sonderzugangsrechte zum CDU-Vorstand zu entziehen.“
Klagen kann nur ein Parteimitglied der CDU
LobbyControl ist selbst nicht klagebefugt, unterstützt aber ein engagiertes CDU-Mitglied aus Leipzig bei seiner Klage vor dem CDU-Parteigericht. Christina Deckwirth: „Wir unterstützen die Klage von Herrn Neite, weil der Fall über die CDU hinausreicht. Es ist gut, dass sich auch innerhalb der Partei Protest regt. Die CDU hat wie jede Partei eine Basis mit unterschiedlichen Anliegen und Interessen. Gerade nach den Maskenskandalen muss die CDU ein klares Zeichen gegen fragwürdige Lobbyverflechtungen in ihren eigenen Reihen setzen. Lenkt die Partei vor Ende der Klage ein, indem sie den Wirtschaftsrat aus dem Vorstand entlässt, wäre dies ein wichtiges Signal an ihre Mitglieder und Wähler:innen.“
Signalwirkung auch für andere Parteien
Laut LobbyControl soll die Klage aber auch Wirkung über die CDU hinaus entfalten. Auch in anderen Parteien gibt es immer wieder fragwürdige Lobbyverflechtungen. In der FDP als Teil der Ampelregierung sitzt ebenfalls ein Lobbyverband im Parteivorstand. Auch Grüne, SPD und CSU bieten Unternehmen besondere Lobbykanäle über parteinahe Wirtschaftslobbyorganisationen. „Politik im Sinne des Gemeinwohls beruht darauf, dass Entscheidungsträger:innen immer wieder abwägen, wem sie wieviel Gehör schenken. Ziel muss es sein, im politischen Prozess ausgewogene Zugänge für verschiedene gesellschaftliche Anliegen zu schaffen. Doch noch allzu oft bekommen die ohnehin mächtigen und finanzstarken Akteure – etwa große Unternehmen und deren Wirtschaftsverbände – bessere Zugänge als andere. Das muss sich ändern,“ so Deckwirth.
Hintergrund
Im Januar hatte Lobbycontrol ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das klar belegt, dass weder das Parteiengesetz noch die CDU-Satzung einen dauerhaften Gaststatus für einen parteiexternen Lobbyverband vorsieht. Das Gutachten hatte die Kanzlei Günther aus Hamburg erstellt. Auch renommierte Parteienrechtler:innen wie Prof. Sophie Schönberger und Prof. Martin Morlok stützen die Rechtsauffassung des Gutachtens. Der Wirtschaftsrat der CDU ist – anders als sein Name irrtümlich vermuten lässt – kein CDU-Gremium, sondern ist ein formal parteiunabhängiger unternehmerischer Lobbyverband.
Die CDU ließ zahlreiche Bitten um Stellungnahme zu dem Gutachten LobbyControl gegenüber unbeantwortet. Ein CDU-Sprecher bestätigte dem Verein allerdings, dass die Präsidentin des Wirtschaftsrats, Astrid Hamker, auch im neu gewählten Parteivorstand unter dem Vorsitzenden Friedrich Merz vertreten ist. Damit setzt sie offenbar die rechtswidrige Zusammensetzung des Vorstands fort. Die CDU hatte LobbyControl gegenüber den ständigen Gaststatus von Frau Hamker noch im Dezember 2020 klar bestätigt. Der neue Parteichef Friedrich Merz hatte noch bis November 2021 selbst Spitzenfunktionen im Wirtschaftsrat und steht deshalb in einer besonderen Verantwortung, klare Grenzen zwischen Lobbyverband und Partei herzustellen.
Luke Neites Anwalt Gunther Freiherr von Mirbach hat die Klage zunächst beim CDU-Parteigericht eingereicht. Dort wird zunächst parteiintern entschieden. Bleibt diese Klage erfolglos, steht Neite der Gang vor ein öffentliches Gericht frei. Dazu ist er – mit Unterstützung von LobbyControl – bereit. LobbyControl wird die Klage weiter durch Öffentlichkeitsarbeit begleiten und drängt die CDU weiterhin dazu, ohne juristische Anweisung zu handeln.
Weitere Informationen zu der Klage finden Sie auf unserer Webseite.
Auch in der FDP ist mit dem „Liberalen Mittelstand“ ein ein Lobbyverband im Parteivorstand. vertreten. Auch diese Konstruktion ist rechtswidrig. Die eingereichte Klage bezieht sich aber aus formalen Gründen nur auf die CDU. Ein FDP-Mitglied könnte aber ebenfalls den Klageweg vor dem FDP-Parteigericht gehen. Bei Bedarf würde LobbyControl das ebenfalls unterstützen. Die parteinahen Vorfeldorganisationen von SPD, Grünen und CSU haben keinen Gaststatus in den jeweiligen Parteivorständen.
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