Berlin, 24. November 2021 – Die Ampelkoalition hat sich auf weitergehende Schritte zu mehr Regeln und Transparenz beim Lobbyismus geeinigt. Mit einer Lobby-Fußspur für Gesetze kommt die neue Koalition einer zentralen Forderung von LobbyControl nach. Die Fußspur soll das zum Jahresbeginn startende Lobbyregister ergänzen und Einflüsse auf die Gesetzgebung damit künftig deutlich transparenter machen. Nicht zufrieden zeigt sich LobbyControl jedoch bei den Plänen der Ampelparteien bei der Parteienfinanzierung.
Imke Dierßen, politische Geschäftsführerin von LobbyControl:
„Wir begrüßen es sehr, dass die Ampelparteien nach den Skandalen in der letzten Wahlperiode Transparenz und Integrität in der Politik weiter stärken wollen. Im Wahlkampf hatten wir gemeinsam mit über 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert, den mit den schärferen Regeln für Abgeordnete und dem Lobbyregister eingeschlagenen Weg nun konsequent weiterzugehen. Dass das Lobbyregister nun durch eine Fußspur ergänzt wird, ist dabei zentral. So wird künftig nicht nur sichtbar, wer Lobbyarbeit macht, sondern auch in welcher Weise Gesetze davon beeinflusst werden.“
Laut dem seit heute vorliegenden Koalitionsvertrag will die Koalition zudem auch das Lobbyregister nachbessern, das im Januar 2022 in Kraft treten wird. Darüber hinaus soll der seit langem in der Kritik stehende Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit „wirksam ausgestaltet werden“. Erst vor wenigen Tagen hatte das Oberlandesgericht München Beschwerden der in die dubiosen Maskendeals verwickelten Geschäftspartner Nüßlein/Sauter gegen die Ermittlungen gegen sie stattgegeben, da dieser Straftatbestand so eng ausgestaltet ist.
Fortschritte, aber auch Defizite bei der Parteienfinanzierung
Bei der Parteienfinanzierung soll endlich das Sponsoring transparent geregelt und verdeckter Wahlkampffinanzierung durch Kampagnen Dritter ein Riegel vorgeschoben werden. Parteispenden sollen statt ab 50.000 Euro künftig ab 35.000 Euro unmittelbar der Bundestagspräsidentin angezeigt und veröffentlicht werden. In ihren Rechenschaftsberichten sollen die Parteien Spenden hingegen ab 7.500 Euro statt bisher 10.000 Euro offenlegen.
„Im Vergleich mit den letzten Wahlperioden handelt es sich um den ambitioniertesten Koalitionsvertrag im Hinblick auf Transparenz und strengere Lobbyregeln. Die Ampel-Parteien kommen damit vielen unserer Forderungen nach. Darüber freuen wir uns“, sagt Dierßen.
„Nun kommt es ganz zentral auf die Ausgestaltung im Detail und die konsequente Anwendung der neuen Regeln an. In dieser Hinsicht ist es gut, dass der Koalitionsvertrag eine finanzielle und personelle Aufstockung der Bundestagsverwaltung vorsieht. Sie wird schließlich auch das neue Lobbyregister führen und muss die wesentlich strengeren Regeln für Abgeordnete überwachen. Wir erwarten, dass die neue Lobby-Fußspur auch die Lobbykontakte der Regierungsmitglieder und der Spitzen der Ministerien offenlegt. Kritisch sehen wir allerdings, dass die Transparenz bei Parteispenden nur marginal verbessert wird und ein Deckel für die Höhe von Zuwendungen an Parteien nicht vorgesehen ist“, ergänzt Timo Lange von LobbyControl.
In der letzten Wahlperiode hatten wir exklusive Lobbyveranstaltungen wie den sogenannten Autogipfel der Bundesregierung kritisiert. Statt weiteren Autogipfeln sieht der Koalitionsvertrag nun eine Strategieplattform „Transformation Automobilwirtschaft“ mit Beteilung auch von Umwelt- und Verkehrsverbänden sowie Wissenschaft vor.
„Für uns heißt das, dass einseitige Klüngelrunden mit der Autolobby damit ein Ende haben. Das begrüßen wir und werden weiterhin eine ausgewogene Beteiligung verschiedener Akteure bei wichtigen Zukunftsfragen anmahnen. Die neue Koalition wird auch in der Praxis zeigen müssen, dass sie zu ausgewogener und breiter Beteiligung bereit ist“, sagt Imke Dierßen.
Hintergrund
Zur Bundestagswahl hatten wir in einem von über 50 Organisationen unterzeichneten Appell drei zentrale Forderungen an die nächste Regierungskoalition gestellt:
→ Eine Lobby-Fußspur für Gesetze als Ergänzung zum Lobbyregister
→ Maßnahmen zur ausgewogenen Einbindung von Interessengruppen und Wissenschaft, dazu gehört die Offenlegung von Lobbykontakten von Mitgliedern der Bundesregierung und Staatssekretär:innen
→ Eine grundlegende Reform der privaten Parteien- und Wahlkampffinanzierung. Insbesondere Spenden und Sponsoring müssen deutlich transparenter und in der Höhe gedeckelt werden
Werden die Vorhaben des Koalitionsvertrag konsequent umgesetzt, wären diese Forderungen mit einigen Abstrichen erfüllt.
Online Appell: Die ganze Lobby-Fußspur offenlegen!
Gemeinsamer Aufruf von über 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen
Fotos der Aktion zur Lobby-Fußspur für Gesetze im Oktober 2021 hier (flickr)
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Telefon: +49 (0)30/ 4 67 26 72 11
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