Pressemitteilung

Kraftstoff HVO100: LobbyControl kritisiert Beteiligung von Volker Wissing und Staatssekretär Oliver Luksic an Verbrenner-Kampagne

Laut Recherchen von ZDF frontal haben Verkehrsminister Volker Wissing und sein parlamentarischer Staatssekretär Oliver Luksic (beide FDP) eine Lobbykampagne zur Einführung des neuen Kraftstoffs HVO100 und gegen das Verbrenner-Verkaufsverbot unterstützt.

von 16. Juli 2024

Laut ZDF frontal-Recherche habe der Verband Mobil in Deutschland "seine Kontakte ins Verkehrsministerium genutzt, um Unternehmen und Verbänden gegen Zahlung 'exklusive VIP-Termine' und andere Leistungen mit Wissing und weiteren Entscheidern anzubieten." Das Verkehrsministerium streitet ab, vom "Verkauf" von Terminen gewusst zu haben. LobbyControl kritisiert die Vorgänge und das Verhalten der beiden FDP-Politiker scharf.

Organisiert wurde die Kampagne vom Automobilclub Mobil in Deutschland, finanziert wurde sie unter anderem von Tankstellen- und Mineralöl-Lobbyverbänden. Luksic übernahm für die Kampagne die Schirmherrschaft und drehte ein Werbevideo für den Kraftstoff HVO100 gemeinsam mit dem Lobbyverband Bundesverband Freier Tankstellen. Das zuständige Fachreferat des Verkehrsministeriums hatte nach Informationen von ZDF frontal gegen die Beteiligung an der Kampagne votiert.

Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl, kommentiert:

„Es ist nicht die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern, sich für irreführende Lobbykampagnen einspannen zu lassen. Sie machen damit gemeinsame Sache mit der Verbrenner- und Benzinlobby und bieten deren Anliegen einseitige privilegierte Zugänge. Ziel dahinter ist es, das in Brüssel beschlossene Verbrenner-Aus zu kippen. Das widerspricht laut Fachleuten sowohl dem Stand der Forschung als auch klimapolitischen Notwendigkeiten. FDP-Politiker erweisen sich zum wiederholten Male als Erfüllungsgehilfen der Interessen der Verbrenner-Lobby – und setzen sich damit sogar über die hausinterne Fachkenntnis hinweg. Das schadet dem Klima, führt Verbraucher:innen in die Irre und schafft Verunsicherung für den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Die FDP fiel bereits mehrmals durch enge Verbindungen zur Kraftstoff-Lobby auf– und zugleich durch massiven politischen Druck für alternative Kraftstoffe als vermeintliche Lösung zum Erhalt des Verbrennungsmotors. Vor kurzem erhielt die Partei eine Spende vom Mineralöllobbyverband UNITI, der kurz zuvor einen Auftritt auf dem FDP-Parteitag hatte. Dort ließen sich Wissing und Lindner mit Plakaten des Verbands gegen das Verbrenner-Aus ablichten. Und schon während der Koalitionsverhandlungen 2021 prahlte der Porsche-Chef Oliver Blume mit seinen engen Kontakten zu FDP-Chef Christian Lindner zum Thema E-Fuels.

Verkehrsministerium bereits in der Kritik

Das Verkehrsministerium stand bereits Anfang des Jahres wegen enger Verbindungen von Ministerialbeamten und Fördergeldempfängern für Wasserstoffprojekte in der Kritik. Expert:innen kritisieren den von FDP und Verbrenner-Lobby propagierten Einsatz von Wasserstoff, E-Fuels und HVO100 im Straßenverkehr als teuer und ineffizient. Umweltverbände wie der NABU, die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace bezeichnen den Einsatz von E-Fuels und HVO100 im Straßenverkehr als Scheinlösung. Die Kraftstoffe stünden nicht für ausreichend Kund:innen zur Verfügung, seien nicht vollständig klimaneutral und verzögerten ein Verbrenner-Aus. Die angeblich klimaneutralen alternativen Kraftstoffe für den breiten Einsatz im Straßenverkehr anzupreisen, dient den Interessen der Verbrenner-Lobby am Erhalt klimaschädlicher Geschäftsmodelle.

„Die FDP wird ihrem Image als Lobby-Partei gerecht, wenn sie sich wiederholt zum Sprachrohr der Verbrenner-Lobby macht – und Fachexpertise ganz offensichtlich Lobbyinteressen unterordnet. Es braucht nun Konsequenzen: Wissing, Luksic und andere beteiligte Politiker:innen müssen erklären, warum sie sich über das eigene Ministerium hinwegsetzten, welche Absprachen es gab und welche Gelder geflossen sind. Als Regierungsvertreter verbietet es sich, so einseitig gemeinsame Sache mit einzelnen Lobbyakteuren zu machen. Es braucht nun eine klare Abgrenzung gegenüber Mobil in Deutschland und dessen fragwürdigen Kampagnen- und Finanzierungsmodell. Die FDP sollte zudem auf deutlich ausgewogenere Kontakte achten und fundierte Kritik an ihren Positionen berücksichtigen. Der Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig eine Offenlegungspflicht für Lobbytreffen zwischen Politik und Lobbyakteuren ist. Diese würde einseitige Kontakte sichtbar machen“, so Deckwirth.

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