Der Vertrag trägt nicht dazu bei, Transparenz und Lobbykontrolle in Deutschland voranzubringen – ein enttäuschendes Ergebnis und ein falsches Signal.
Anja Nordmann, politische Geschäftsführerin von LobbyControl, erklärt:
„Unsere Demokratie steht derzeit von außen wie von innen stark unter Druck. Union und SPD setzen völlig falsche Prioritäten, wenn Themen wie illegitime Einflussnahme, Integrität und Transparenz in ihrem Koalitionsvertrag nicht vorkommen.
In diesem Wahlkampf war Einmischung von außen deutlich sichtbar – etwa durch Tech-Milliardär Elon Musk. Außerdem gab es mehrere fragwürdige Parteispenden in Millionenhöhe. Das zeigt deutlich: Es braucht dringend eine Reform der Parteien- und Wahlkampffinanzierung. Wir hatten uns für einen Parteispendendeckel als wichtigste Maßnahme starkgemacht. Gerade mit Blick auf die nächsten Wahlkämpfe ist es fatal, dass dieses Instrument zum Schutz der Demokratie weiter fehlt.
Wir fordern Schwarz-Rot auf, diese Missstände dringend anzugehen, um den Angriffen antidemokatischer Kräfte standzuhalten.“
Angriffe auf zivilgesellschaftliche Instrumente
In den letzten Monaten haben CDU und CSU immer wieder zivilgesellschaftliche Organisationen diffamiert. Dies gipfelte darin, dass die Unionsparteien während der Koalitionsverhandlungen Einschränkungen für das Informationsfreiheitsgesetz und Klagerechte im Umwelt- und Verbraucherschutz forderten – wesentliche Instrumente einer kritischen Zivilgesellschaft. Der Koalitionsvertrag sieht nun vor, dass Informationsfreiheitsgesetz zu „reformieren“, Verbandsklagerechte sollen eingeschränkt werden.
Anja Nordmann: „Starke Proteste haben immerhin erreicht, dass das Informationsfreiheitsgesetz nicht abgeschafft, sondern reformiert werden soll. Nun kommt es darauf an, wie eine solche Reform aussieht. Die Koalition sollte das Gesetz zu einem umfassenden Transparenzgesetz weiterentwickeln statt es einzuschränken. Es ist gut, wenn der Koalitionsvertrag die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft für eine wehrhafte Demokratie betont. Zugleich ihre Handlungsspielräume zu beschneiden ist widersprüchlich und falsch."
Weiter kommentiert Anja Nordmann: „EU-Plattformregeln, die die Macht von Big Tech beschränken, sollen laut Koalitionsvertrag konsequent durchgesetzt werden. Das ist gut. Doch der Vertrag enthält auch zahlreiche Lobbygeschenke für Konzerne. Insgesamt ist der Koalitionsvertrag ein herber Rückschlag für eine starke, transparente und gerechte Demokratie."
Hintergrund
- Über 190.000 Menschen haben einen gemeinsamen Appell von LobbyControl und WeAct! für die Einführung eines Parteispendendeckels unterzeichnet.
- In einem gemeinsamen Brief der drei deutschen Transparenzorganisationen abgeordnetenwatch.de, Transparency Deutschland und LobbyControl hatten wir an Union und SPD appelliert, eine solche Obergrenze für Parteispenden einzuführen sowie gemeinsam vor dem Bundestag dafür protestiert.
- Pressemitteilung vom 27. März 2025: LobbyControl warnt vor Transparenz-Rückschritt bei den Koalitionsverhandlungen