Die großen Ankündigungen von Parlament und Kommission für bessere Verhaltensregeln, stärkere Kontrollen und mehr Transparenz wurden bisher gar nicht oder nur sehr unzureichend in die Tat umgesetzt.
Nina Katzemich, EU-Campaignering bei LobbyControl erklärt:
„Der erschütternde ‚Katargate’-Skandal hat schonungslos die bestehenden Lücken bei den Lobby- und Transparenzregeln in den EU-Institutionen offenbart. Das Parlament hat zunächst zügig reagiert und versprochen, diese Lücken zu schließen. Doch die Bilanz nach einem halben Jahr ist ernüchternd: Reformen drohen in langwierigen Hinterzimmer-Verhandlungen totgeredet oder deutlich abgeschwächt zu werden. Aktiv beteiligt daran sind unter anderem EU-Abgeordnete der CDU/CSU, die den Skandal stattdessen für Stimmungsmache gegen Nichtregierungsorganisationen nutzen.“
Shari Hinds, Mitarbeiterin für den Bereich Integrität bei Transparency International EU erklärt:
"Das Europäische Parlament sollte aufhören, Däumchen zu drehen und auf ein Ethikgremium zu warten. Stattdessen sollte es vor der eigenen Haustür kehren und seine internen Regeln reformieren. Der Mangel an Aufsicht und Sanktionen hat der Glaubwürdigkeit des Parlaments bereits zu sehr geschadet. Strenge Reformen sind längst überfällig. Nur ein zügiger, öffentlicher und transparenter Reformprozess wird den Wählern bei den Europawahlen ein deutliches Signal geben."
Zum geplanten „defense of democracy package“ der EU-Kommission erklärt Katharine Ainger, Rechercheurin im Bereich Lobbyarbeit repressiver Regime bei CEO:
"Auch die EU-Kommission hat bisher die falschen Prioritäten gesetzt. Statt eines fehlgeleiteten Gesetzes über 'ausländische Einflussnahme', das sich negativ auf die organisierte Zivilgesellschaft auswirken könnte, ist die offensichtliche Antwort auf den Katargate-Skandal ein robustes und verpflichtendes EU-Transparenzregister, das alle verdeckten Lobbys erfasst, mit angemessenen Durchsetzungsmechanismen."
Bleiben Sie informiert über Lobbyismus und Korruption in Europa.
Alle drei Organisationen fordern:
Verdeckte oder manipulative Einflussnahme auf demokratische Prozesse ist immer problematisch, unabhängig davon, ob sie von innerhalb oder außerhalb der EU kommt. Nötig sind jetzt ein rechtlich verbindliches und kontrolliertes Lobbyregister, bessere Regeln gegen Interessenkonflikte für Abgeordnete und eine mit ausreichenden Ressourcen und Kompetenzen ausgestattete Behörde, die über die Einhaltung und Durchsetzung der Regeln wacht. Der heute vorgelegte Vorschlag der EU-Kommission für ein Ethikgremium ist dafür unzureichend.
Die EU-Institutionen müssen nun alles daran setzen, verlorenes Vertrauen in Integrität und Unabhängigkeit zurückzugewinnen und den nächsten Lobbyskandal durch entschiedene Reformen zu verhindern.