Dazu kommentiert Aurel Eschmann, Campaigner für Lobbyregulierung:
„Diese Textnachrichten wecken den schwerwiegenden Verdacht, dass hier Handlungen oder Äußerungen eines EU-Abgeordneten gekauft wurden. Hinzu kommt, dass in dem Chat von regelmäßigen Zahlungen die Rede ist. Das deutet auf eine andauernde Geschäftsbeziehung hin. Insbesondere nach dem Korruptionsskandal rund um die ehemalige EU-Parlamentspräsidentin Eva Kaili, in dem es ebenfalls um Einflussoperationen autoritärer Regierungen geht, muss der Sachverhalt nun schnellstmöglichst und mit großem Nachdruck aufgeklärt werden.
Sollte sich der Verdacht erhärten, dass Krah Geld aus regierungsnahen Kreisen aus Russland erhalten hat, würde das auch bedeuten, dass er öffentlich die Unwahrheit gesagt hat. In diesem Fall müsste er Konsequenzen ziehen und sein Mandat nach der Europawahl nicht antreten. Allein der Anschein, dass die Positionen von Abgeordneten und Spitzenkandidaten durch einen Drittstaat gekauft werden könnten, fügt dem Vertrauen in die Demokratie schweren Schaden zu. Gerade nach Katargate müssen die EU-Institutionen und insbesondere das Europäische Parlament beweisen, dass sie aus den Skandalen gelernt haben. Sie sollten zeigen, dass es keine Toleranz gegenüber Korruption und illegitimer Einflussnahme gibt.
Die bisherigen Konsequenzen reichen nicht aus. Das EU-Parlament hat es versäumt, umfassende Offenlegungspflichten für Abgeordnete einzuführen, das EU-Transparenzregister ist weiterhin deutlich zu schwach und der neuen Ethik-Behörde der EU-Institutionen fehlen ausreichende Befugnisse. Damit bestehen weiterhin Lücken, die ein Einfallstor für illegitime Einflussnahme in demokratische Prozesse durch autoritäre Staaten bieten.
Die EU und Deutschland müssen strategischer Korruption entschieden entgegentreten. Dazu würde es sich anbieten, bestehende Strukturen wie die EU-Antibetrugsbehörde OLAF zu stärken und mit mehr Mitteln und Kompetenzen auszustatten.
Es ist in diesem Zusammenhang gut, dass der Bundestag aktuell über einen neuen Straftatbestand der unzulässigen Interessenwahrnehmung durch Abgeordnete im Bund, den Ländern, den parlamentarischen Vertretungen internationaler Organisationen sowie dem EU-Parlament berät. Deutschland sollte zudem die Pläne für eine EU-Antikorruptionsrichtlinie unterstützen, da einheitliche Regeln und mehr Ressourcen für die Durchsetzung der Gesetze entscheidend im Kampf gegen Korruption sind.“
Hintergrund
- Zum aktuellen Fall um Maximilian Krah
- Zu Katargate und den unzureichenden Antworten auf den Korruptionsskandal