Pressemitteilung

Wirtschaftsvereinigung der Grünen: LobbyControl fordert Trennlinien zwischen Partei und Lobbyorganisationen

Anlässlich der Gründung der „Wirtschaftsvereinigung der Grünen“ kritisiert LobbyControl die zu große Nähe der Partei der Grünen zu der neu gegründeten Wirtschaftslobbyorganisation. Die Transparenzinitiative fordert klare Trennlinien zwischen Partei und Wirtschaftslobbyverbänden. 

von 25. April 2023

Christina Deckwirth, Sprecherin von LobbyControl, kommentiert:

„Es ist richtig und wichtig, dass Parteien sich auch mit Unternehmen austauschen – das gilt für die Grünen genauso wie für alle anderen Parteien. Es ist aber hoch problematisch, wenn die Grünen nun einen eigenen Lobbykanal zu ihren Spitzenpolitiker:innen in Form eines parteinahen Wirtschaftslobbyverbands einrichten. Damit ermöglichen sie einer ohnehin finanzstarken Gruppe privilegierte Zugänge. Diese stehen anderen gesellschaftlichen Gruppen so nicht gleichermaßen offen. Dies steht auch im Konflikt mit dem Anspruch der Partei, verschiedene gesellschaftliche Gruppen gleichermaßen zu vertreten.

Problematisch ist außerdem, dass solche Quasi-Parteiorganisationen, die aber formal unabhängig sind, nicht den Transparenzvorschriften des Parteiengesetzes unterliegen. Dieses sieht u.a. besonders strenge Offenlegungspflichten für die Finanzierung der Partei und der ihr untergeordneten Organisationen vor. Die neue  „Wirtschaftsvereinigung der Grünen“ kann dies umgehen. Dass sie sich im Lobbyregister eingetragen hat, kann dieses Transparenzdefizit nicht voll ausgleichen. Formal parteiexterne Vereine können ein Einfallstor für intransparente Geldflüsse in das jeweilige Parteiumfeld bilden – etwa durch Sponsorenzahlungen.

Wir fordern von der Partei Die Grünen, klare Trennlinien zwischen Partei und Vorfeldorganisationen zu ziehen. Spitzenvertreter:innen der Grünen sollten keine Führungsfunktionen in dem Verein übernehmen – auch eine Mitgliedschaft in einem Beirat kann zu Interessenkonflikten führen, privilegierte Zugänge erleichtern und daher problematisch sein. Bundestagsabgeordnete, die Funktionen in dem Verein übernehmen, müssen diese als Nebentätigkeiten angeben.

Die Parteinähe des Lobbyverbands erfordert aus unserer Sicht auch besondere Vorsicht von Seiten der Partei: Vertreter:innen der „Wirtschaftsvereinigung der Grünen“ dürfen keine privilegierten Zugänge zu grünen Spitzenpolitiker:innen wie etwa Minister:innen, Staatssekretär:innen oder Bundestagsabgeordneten erhalten, die anderen gesellschaftlichen Gruppen nicht ebenso gewährt werden. Außerdem muss der Verein seine Finanzierung offenlegen – auch über die Vorschriften des Lobbyregisters hinaus. Es muss sichtbar sein, welche Unternehmen den Verein mit welchen Beiträgen und Sponsorenzahlungen unterstützen.“

Hintergrund

Die Grünen gründen morgen eine zweite parteinahe Wirtschaftslobbyorganisation, die Unternehmen stärker an die Partei binden soll. Seit 2018 gibt es bereits den Grünen Wirtschaftsdialog. Als Begründung für die Gründung einer zweiten Vorfeldorganisation hieß es aus Parteikreisen LobbyControl gegenüber, dass der Grüne Wirtschaftsdialog nicht eng genug an die Partei angebunden sei und es deshalb einen neuen Verein mit engerer Anbindung brauche.

Die Partei war an der Gründung der Grünen Wirtschaftsvereinigung (*) selbst sehr aktiv beteiligt: Sie wurde aktiv aus der Partei unterstützt und vorangetrieben, der Verein bekam einen Kredit von der Partei, für den Beirat sind führende Grünen-Politiker:innen im Gespräch. 

Die Partei folgt damit dem Beispiel anderer Parteien, die in ihrem Umfeld ebenfalls mit Organisationen wie dem „Wirtschaftsrat der CDU“, dem Wirtschaftsforum der SPD, dem Liberalen Mittelstand und dem Wirtschaftsbeirat der CSU unternehmerische Lobbyverbände gegründet haben. Gemeinsam ist diesen Verbänden, dass sie organisatorisch außerhalb der jeweiligen Parteistrukturen organisiert sind, ansonsten aber im engen Austausch mit Parteivertreter:innen stehen.

LobbyControl hat die Nähe zwischen Parteien und parteinahen Wirtschaftslobbyorganisation schon zuvor wiederholt kritisiert.  Der Verein unterstützt aktuell eine Klage gegen den CDU-Vorstand, weil dieser einer Vertreterin des Wirtschaftsrats der CDU einen Dauergaststatus im Vorstand gewährt, was dem Parteiengesetz widerspricht. Die Verhandlung fand Anfang März statt, die Veröffentlichung des Urteils steht noch aus. 

Die FDP hatte im Mai letzten Jahres einen Vertreter vom Liberalen Mittelstand aus ihrem Vorstand entlassen, nachdem LobbyControl an dieser Konstruktion ebenfalls scharfe Kritik geäußert hatte.

(*) In einer ersten Version stand hier fälschlicherweise der Grüne Wirtschaftsdialog. Wir haben den Fehler korrigiert und bitte um Entschuldigung.

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