Der ehemalige Staatssekretär und Zentralbanker Jörg Asmussen machte als politischer Beamter so richtig Karriere. Nach rund 15 Jahren Finanzpolitik will Asmussen laut Spiegel nun bei der amerikanischen Investmentbank Lazard als Hauptstadtlobbyist anfangen. Das ist ein problematischer Seitenwechsel, der erneut ein fahles Licht auf politische Kultur in der Hauptstadt wirft. Die Bundesregierung wird voraussichtlich keinen Widerspruch gegen den Wechsel eines hochrangigen ehemaligen Beamten in einen Lobbyjob einlegen.
Asmussens Weg an die Spitze
Asmussen galt lange als eine der zentralen Figuren in der deutschen Finanzpolitik. Er arbeitete als wichtiger Beamter im Finanzministerium für die Regierungen Schröder und Merkel. Damit war er sowohl an der Deregulierung der Finanzmärkte während der ersten rot-grünen Koalition unter Finanzminister Eichel als auch an der Bearbeitung der Folgen der Krise unter Peer Steinbrück und Wolfgang Schäuble beteiligt. Zu Asmussens Aufgabe gehörte infolge der Krise unter anderem die Rettung der Hypo Real Estate (HRE).
Asmussen holte Banker ins BMF
Als Staatssekretär im Finanzministerium sorgte Asmussen dafür, dass seine Abteilung eng mit der Finanzindustrie zusammenarbeitete. Er lieh Praktiker aus der Finanzbranche für befristete Zeit für die Arbeit im Ministerium aus. So arbeiteten in seinem Team etwa ein Angesteller der Deutschen Bank und einer des Bankenverbands. Asmussen begründete die Nähe seiner Mitarbeiter zur Branche, die er selbst zu regulieren hatte, mit deren Expertise.
In der Schaltstelle der Eurokrisenpolitik
Nach seiner Zeit im Finanzministerium wechselte Asmussen 2012 ins Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) und damit in die Schaltstelle der Eurokrisenpolitik. Wer im EZB-Direktorium sitzt, hat gerade während der Eurokrise regelmäßigen Kontakt zu wichtigen Entscheidungsträgern der Geldpolitik der Eurozone. Kontakte, die auch für die Finanzindustrie von zentraler Bedeutung sind.
Überraschender Wechsel ins Arbeitsministerium
Umso überraschender wirkte sein Wechsel ins Bundesarbeitsministerium von Andrea Nahles Ende 2013. Der Wechsel markierte erstmals einen Bruch in der Karriere von Asmussen. Er selbst gab familiäre Gründe dafür an.
Asmussens Lebensgefährtin Henriette Peucker war übrigens jahrelang Lobbyistin für die Deutsche Börse AG in Berlin und ist mittlerweile bei der Agentur Hering Schuppener beschäftigt, wo sie Unternehmen "insbesondere bei der Positionierung und Interessenvertretung im politischen Raum in Deutschland und der EU" berät.
Vom Arbeitsministerium zum Ausstieg aus der Politik
Die Zusammenarbeit mit Nahles im Arbeitsministerium lief offensichtlich nicht besonders gut. Denn bereits kurz nachdem Asmussen dort angefangen hatte, kursierten Gerüchte, dass er in den Vorstand der staatlichen Förderbank KfW wechseln würde. Dieser Wechsel platzte jedoch laut Spiegel erneut aus privaten Gründen, und Asmussen war ab Anfang 2016 weder Staatssekretär noch Vorstand der KfW.
Stattdessen begann sein Engagement außerhalb der politischen Institutionen. Er begann am Jacques Delors Institut unentgeltlich an einem Bericht zur Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion zu arbeiten und ging in den Aufsichtsrat der deutsch-britischen Online-Kreditplattform Funding Circle, die derzeit eine interne Krise durchmacht. Asmussen bekommt bei Funding Circle keine regelmäßige Vergütung, sondern einmalig Unternehmensanteile. Ende März kündigte der Versicherungsriese Generali Investments die Berufung von Asmussen in den Verwaltungsrat an. Und seit vergangener Woche kursiert nun die Nachricht über Asmussens Wechsel als Lobbyist zu Lazard.
Seitenwechsel ist problematisch
Für Ministerialbeamte gilt eine Phase von fünf Jahren, während der Tätigkeiten untersagt werden können, wenn diese im Konflikt mit öffentlichen Interessen stehen. Die Bundesregierung sollte die Möglichkeit dieser Karenzzeit nutzen. Asmussen hatte über mehr als ein Jahrzehnt und insbesondere in Zeiten der Finanzkrise engste Kontakte zu den wichtigsten politischen Entscheidungsträgern in Europa. Gute Kontakte in die Politik sind von zentraler Bedeutung als Lobbyist und wären von großem Wert für seinen künftigen Arbeitgeber Lazard.
Auch an anderer Stelle steht die Bundesregierung weiterhin in der Bringschuld. Für Mitglieder der Bundesregierung gilt seit letztem Jahr ebenfalls eine Karenzzeit. Laut Ministergesetz soll ein neues Gremium Seitenwechsel prüfen und eine Empfehlung aussprechen, ob eine Abkühlphase ausgesprochen werden soll. Doch dieses Gremium scheint es immer noch nicht zu geben. Auch in bewegten Zeiten ist die Untätigkeit der Bundesregierung an dieser Stelle inakzeptabel.
Bildquelle: Martin Jost ; Foto: Jörg Asmussen (SPD). Seit 1. Januar 2012 Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank (EZB). Fotografiert in Freiburg am 15. März 2012; Lizenz: CC BY-SA 3.0.
Bleiben Sie informiert über Lobbyismus.
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter.
Datenschutzhinweis: Wir verarbeiten Ihre Daten auf der Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (Art. 6 Abs. 1). Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Zur Datenschutzerklärung.